Karl-Theodor zu Guttenberg über das Scheitern: „Ich habe immer meine Konsequenzen daraus gezogen“
Jan 14, 2024
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Karl-Theodor zu Guttenberg, ehemaliger Bundesverteidigungsminister und jetzt Unternehmer, spricht über Intrigen und Machtspiele in der Politik. Er reflektiert über persönliche und politische Rückschläge und seine Zeit in den USA, die ihm beim Umgang mit seinem Scheitern half. Guttenberg analysiert die aktuelle politische Landschaft, beschreibt die Herausforderungen der Ampelkoalition und gibt Einblicke in sein neues Buch. Er teilt auch bewegende Geschichten über seine Kindheit in einer Künstlerfamilie und den Druck, in der Politik erfolgreich zu sein.
Karl-Theodor zu Guttenberg reflektiert über die Lehren aus seinem persönlichen Scheitern und den Wert von Misserfolg für das persönliche Wachstum.
In seiner neuen Rolle legt Guttenberg großen Wert auf Freude und Erfüllung in der Arbeit, die er in der Politik vermisste.
Er betont die Notwendigkeit einer stärkeren politischen Identität Europas und das gemeinsame Handeln der europäischen Länder in herausfordernden Zeiten.
Deep dives
Die Rückkehr nach Deutschland und neue Projekte
Karl-Theodor zu Guttenberg beschreibt seine Rückkehr nach Deutschland und die anfänglichen Bemühungen, sich wieder zu integrieren. Nach seiner politischen Karriere hat er sich verstärkt auf die Unterstützung von Startups und Unternehmen konzentriert, indem er seine Erfahrung und sein Netzwerk einbringt. Dabei betont er, wie wichtig es ihm ist, einen positiven Beitrag zu leisten und gesellschaftliche Herausforderungen anzugehen, ohne jedoch politische Ambitionen zu hegen. Diese Phase seiner Karriere ist geprägt von einem starken Lernwillen und dem Wunsch, konstruktiv an der Gesellschaft mitzuarbeiten.
Der Umgang mit Scheitern
In einem Gespräch wird das Thema Scheitern behandelt, wobei zu Guttenberg seine eigenen Erfahrungen teilt. Besonders prägend war für ihn der Verlust seines Doktortitels aufgrund einer Plagiatsaffäre, der ihn dazu brachte, sein Leben und seine Prioritäten zu überdenken. Er spricht darüber, wie wichtig es ist, aus Misserfolgen zu lernen und diese als Teil des persönlichen Wachstums zu akzeptieren. Zu Guttenberg sieht Scheitern nicht als endgültiges Ende, sondern als notwendige Lektion auf dem Weg zu einer erfüllteren Existenz.
Schreiben und Reflexion
Zu Guttenberg erklärt seine Leidenschaft für das Schreiben und wie es ihm hilft, seine Gedanken zu klären. Er beschreibt, dass er bereits in der Vergangenheit Notizen gemacht hat, die jedoch nie veröffentlicht wurden, bis er durch LinkedIn einen ersten Schritt wagte. Diese Plattform ermöglichte es ihm, seine Beobachtungen und Erlebnisse mit anderen zu teilen und diese reflektierten Momente zur Grundlage seines Buches zu machen. Durch das Schreiben findet er nicht nur einen kreativen Ausdruck, sondern eine Möglichkeit zur Selbstreflexion und persönlichen Weiterentwicklung.
Energie und Freude an der Arbeit
Zu Guttenberg betont die Wichtigkeit von Freude und Erfüllung in der Arbeit, ein Aspekt, den er in seiner bisherigen politischen Karriere vermisste. Nachdem er zahlreiche herausfordernde und stressige Phasen durchlebt hat, fühlt er sich jetzt in seiner neuen Rolle kreativer und lebendiger. Diese Freude an seiner jetzigen Tätigkeit motiviert ihn, Geschichte und Zukunft in der Arbeitswelt aktiv zu gestalten. Er ist überzeugt, dass ein gesunder Adrenalinspiegel zwar aufregend ist, der wahre Antrieb jedoch aus einer inneren Überzeugung und Begeisterung kommen sollte.
Die Rolle der sozialen Netzwerke
Der Umgang mit sozialen Medien ist ein weiteres Thema, das zu Guttenberg adressiert. Besonders LinkedIn hat ihm dabei geholfen, in den sozialen Medien Fuß zu fassen, nachdem er viele Jahre Abstand davon genommen hatte. Er beschreibt, wie er einige seiner Gedanken und Geschichten erstmals in einem geschäftlichen Rahmen teilen konnte und überrascht über die positive Resonanz ist. Dies hat seine Sicht auf soziale Netzwerke verändert und ihm ermöglicht, sich wieder aktiv in die Gesellschaft einzubringen, ohne den Eindruck von Eitelkeit oder Oberflächlichkeit zu erwecken.
Blick auf die europäische und globale politische Landschaft
Zu Guttenberg äußert sich kritisch zu den aktuellen politischen Verhältnissen in Deutschland und Europa und sieht viele Herausforderungen. Er beobachtet, dass die Parteien in Deutschland oft nur mit sich selbst beschäftigt sind und dass das Vertrauen der Bürger schwindet. Die Notwendigkeit, die europäischen und transatlantischen Beziehungen zu stärken und eine klare Haltung gegenüber den sich verändernden globalen Machtverhältnissen einzunehmen, wird betont. Um diesen Veränderungen zu begegnen, plädiert er für ein gemeinschaftliches Handeln der europäischen Länder und eine stärkere politische Identität auf dem Kontinent.
In der aktuellen Folge „Rethink Work“ ist der Podcast „Disrupt“ von Handelsblatt-Chefredakteur Sebastian Matthes zu Gast. In der Folge spricht Matthes mit Karl-Theodor zu Guttenberg, dem einst jüngsten Wirtschafts- und Verteidigungsminister der Bundesrepublik. Nun ist der Unternehmer zurück in Deutschland und tritt als Fernsehmoderator auf, investiert in Start-ups, hat einen gemeinsamen Podcast mit Gregor Gysi, ist Buchautor und Dokumentarfilmer.
Guttenberg spricht über Intrigen und Winkelzüge in der Politik, Europas Rolle im Technologiewettstreit und über den Umgang mit dem Scheitern. Guttenberg spricht auch über seinen Blick auf die Ampelkoalition. „Man sieht eine mühseligst mit sich selbst ringende Koalition. Man sieht aber auch eine ebenso mühseligst mit sich selbst ringende Opposition“ beschreibt er. Die Koalition sei im Wesentlichen nur in Selbsttherapie.
Das Gespräch geht weit über Politik hinaus. Guttenberg berichtet auch persönlich, warum er keine Flasche Champagner geöffnet hat, als Angela Merkel ihn 2009 als Wirtschaftsminister in ihr Kabinett berufen hat, inwiefern seine Zeit in den USA bei der Aufarbeitung seines größten Fehlers half und wie Henry Kissinger zu seinem Mentor wurde. Außerdem gibt Guttenberg eine Kostprobe aus seinem neuen Buch „3 Sekunden – Notizen aus der Gegenwart“.