Der Kardinal sagt mit 80 Adieu: Was bleibt von der Ära Schönborn?
Jan 17, 2025
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Dietmar Neuwirth, langjähriger Ressortleiter des Wien-Ressorts der "Die Presse" und Experte für die katholische Kirche, spricht über den bevorstehenden Abschied von Kardinal Christoph Schönborn. Er beleuchtet die wichtigsten Ereignisse seiner fast 30-jährigen Amtszeit im Stephansdom und diskutiert deren Einfluss auf die katholische Kirche in Österreich. Themen wie interreligiöser Dialog, Herausforderungen durch Missbrauchsskandale und der Rückgang der Mitgliederzahlen werden angesprochen. Neuwirth reflektiert über Schönborns Erbe und die Unsicherheiten hinsichtlich seines Nachfolgers.
Kardinal Schönborn hat sich über fast 30 Jahre hinweg als Brückenbauer zwischen verschiedenen Strömungen der Kirche und anderen Religionsgemeinschaften etabliert.
Der bevorstehende Gottesdienst im Stephansdom verdeutlicht die besondere kulturelle und politische Bedeutung seiner Amtszeit und ökumenischen Bemühungen.
Deep dives
Die Ära von Kardinal Christoph Schönborn
Kardinal Christoph Schönborn hat fast 30 Jahre lang als Erzbischof von Wien gedient, eine bemerkenswerte Amtszeit, die als lang angesehen wird, im Vergleich zu seinen Vorgängern. Während seiner Amtszeit hat er sich mit verschiedenen Herausforderungen auseinandergesetzt, einschließlich der Affäre Grohe, die seine Anfänge prägte und eine Herausforderung für ihn darstellte, da er wenig Erfahrung in der Seelsorge hatte. Trotz der Schwierigkeiten entwickelte er sich vom akademischen Theologen zu einem Bischof, der zwischen verschiedenen Strömungen innerhalb der Kirche vermittelte und versuchte, ökumenische Beziehungen zu stärken. Schönborn's Amtszeit wird als vielfältig und schwierig beschrieben, geprägt von einem kontinuierlichen Dialog innerhalb der katholischen Kirche und mit anderen Religionsgemeinschaften.
Der Abschied im Stephansdom
Der bevorstehende Dank- und Segensgottesdienst im Wiener Stephansdom, der als Staatsakt und Rendezvous zwischen Kirche und Staat angesehen wird, zieht viel Aufmerksamkeit auf sich. Es wird erwartet, dass hochrangige politische Gäste, darunter der Bundespräsident und der Wiener Bürgermeister, anwesend sind, was die besondere Bedeutung dieser Zeremonie unterstreicht. Dieser Gottesdienst wird als einzigartig in Europa beschrieben, da vergleichbare Verabschiedungen von Bischöfen in anderen Ländern nicht mehr üblich sind. Der Gottesdienst symbolisiert nicht nur den Abschied von Schönborn, sondern auch seine ökumenischen Bestrebungen, die durch eine gemeinsame Tauferneuerung mit Vertretern anderer christlicher Kirchen hervorgehoben werden.
Die Herausforderungen der katholischen Kirche in Österreich
Unter der Leitung von Kardinal Schönborn hat die katholische Kirche in Österreich bedeutende Herausforderungen hinsichtlich der Säkularisierung und des Rückgangs der Kirchenmitglieder erlebt. Während er die Verantwortung für die Diözese Wien übernahm, sank der Anteil der Katholiken von 75 % auf etwa 30 %, was auf gesellschaftliche Veränderungen und eine verstärkte Individualisierung hinweist. Trotz dieser Rückgänge wird die österreichische Kirche international als Vorreiter im Umgang mit dem Missbrauchsskandal wahrgenommen, vor allem durch die Einrichtung der Klassnik-Kommission zur Aufarbeitung der Vorwürfe. Schönborns Wirken wird teils als diplomatisch und versöhnlich kritisiert, da er oft versucht hat, Konflikte innerhalb der Kirche zu entschärfen und den Dialog mit anderen Religionsgemeinschaften zu fördern.