

Welttag Physiotherapie - Special: Osteoarthrose - mit Franziska Weber
Shownotes Podcast Klinisch Relevant: Arthrose
Christian Grüneberg und Franziska Weber
Keywords: Arthrose, World Physiotherapy Day, Innovationsfonds, GBA, Physiotherapie, Konservative Therapie, Digitalisierung, eHealth
Einführung Am 08.09.2022 findet der Welt-Physiotherapie-Tag statt. Dieses Jahr steht der Tag unter dem Motto „Arthrose“. Anlässlich des Mottos für den diesjährigen Welt-Physiotherapie-Tag hat sich Prof. Dr. Christian Grüneberg, Leiter des Studienbereichs der Hochschule für Gesundheit in Bochum (HS Gesundheit) mit Franziska Weber, Promovierende und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Studienbereich Physiotherapie der HS Gesundheit unterhalten. Weitere Informationen zum Welt-Physiotherapie-Tag finden Sie auch hier: https://world.physio/wptday
Was ist Arthrose? Arthrose ist die häufigste Gelenkerkrankung weltweit mit steigender Prävalenz. Diese steigt aufgrund des demografischen Wandels und der Häufung von Lebensstilfaktoren wie körperlicher Inaktivität sowie Übergewicht und Adipositas (Cross et al., 2014; Guthold, Stevens, Riley, & Bull, 2018; Schienkiewitz, Mensink, Kuhnert, & Lange, 2017; Vina & Kwoh, 2018). Am häufigsten tritt Arthrose im Knie- und Hüftgelenk auf. Knie- und Hüftarthrose sind oft mit Funktionseinschränkungen, Schmerzen, Einschränkungen in Teilhabe, Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit verbunden. Wie gestaltet sich die evidenzbasierte Versorgung von Menschen mit Arthrose? Nationale und internationale Leitlinien empfehlen für die Versorgung von Menschen mit Knie- und Hüftarthrose Bewegungstherapie und Edukation (Bannuru et al., 2019; Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), 2020; Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU), 2021; Fernandes et al., 2013). Regelmäßiges und langfristig betriebenes körperliches Training ist vielfach die einzige Maßnahme, die dabei als starke Empfehlung herausgestellt wird. Werden dabei Präferenzen der Patientinnen berücksichtigt, die Therapie individualisiert und der Zugang zu den Trainingsprogrammen vereinfacht, steigert dies nachweislich die Effektivität (Skou & Roos, 2019). In der Versorgungspraxis wird deren Potenzial jedoch häufig nicht ausgeschöpft. Es fehlen flächendeckend verfügbare Angebote, und die Qualität aktueller Programme könnte weiter verbessert werden, insbesondere für ältere Menschen mit Arthrose und weiteren Begleiterkrankungen sowie mit Blick auf die häusliche Trainingsadhärenz und Sicherung der dauerhaften Verhaltensumstellung. Welche Rolle spielt die Physiotherapie bei der Versorgung von Menschen mit Arthrose? Physiotherapie umfasst u.a. Bewegungstherapie, Edukation, sowie die Verbesserung des Selbstmanagements. Daher kommt der Profession Physiotherapie große Bedeutung zu, da durch Physiotherapeutinnen die „die Behandlung erster Wahl“ zur Versorgung von Menschen mit Hüft- und Kniearthrose durchgeführt werden kann.
Welche neuen Programme und Konzepte gibt es bei der Versorgung von Menschen mit Arthrose? National und international wurden bereits einige Programme und Konzepte entwickelt und in Teilen evaluiert. Kernkomponenten dieser Programme sind immer die Bewegungstherapie und die Edukation der Patient*innen. Weiterhin wurden teilweise auch digitale Komponenten (z.B. in Form einer App) integriert. Vorstellung des SmArt-E-Projektes Es handelt sich um ein Innovationsfondsprojekt, welches durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) gefördert wird. Das Ziel von SmArt-E besteht in der Evaluation der (Kosten-) Effektivität und Umsetzbarkeit eines digital begleiteten Trainings- und Edukationsprogramms im Vergleich zur Regelversorgung. Die zwölfmonatige Intervention gliedert sich in eine Präsenz- und eine Distanzphase. Die Teilnehmenden trainieren und lernen zunächst physiotherapeutisch angeleitet in einer Kleingruppe oder in Einzelterminen und führen dies später mit Hilfe einer App und ausschleichender physiotherapeutischer Begleitung selbständig fort. Methodisch wird SmArt-E als multizentrische, zweiarmige, randomisierte, kontrollierte Studie (RCT) mit einer angestrebten Anzahl von 330 Teilnehmenden durchgeführt. Um Erkenntnisse zur Umsetzbarkeit im Versorgungsalltag zu erhalten, werden begleitend die mit der Einführung und Umsetzung verbundenen Prozesse evaluiert. Konsortium und Kooperationspartner Konsortialführung • Hochschule für Gesundheit Bochum, Department für Angewandte Gesundheitswissenschaften, Studienbereich Physiotherapie. Prof. Dr. Dirk Peschke, Prof. Dr. Christian Grüneberg, Prof. Dr. Christian Thiel, Dr. Carsten Müller, Franziska Weber (1. Studienzentrum) Konsortial- und Kooperationspartner • Brandenburgische Technische Universität Cottbus – Senftenberg, Fakultät 4 – Institut für Gesundheit, Fachgebiet Therapiewissenschaft I. Prof. Dr. Christian Kopkow, Carolin Bahns (2. Studienzentrum) • Universitätsklinikum Tübingen: Medizinische Klinik, Abteilung Sportmedizin, AG Trainingswissenschaft und Biomechanik. Prof. Dr. Inga Krauß, Valerie Dieter (3. Studienzentrum) • IFK e.V. - Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten. Sandra Collisi, Dr. Björn Pfadenhauer • Charité – Universitätsmedizin Berlin: Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, Bereich Alternsforschung. Prof. Dr. Paul Gellert, Francesca Färber • Universität Bremen: Kompetenzzentrum für Klinische Studien, KKSB. Prof. Dr. Werner Brannath, Dr. Stephan Kloep • Universität Bremen: SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik, Abteilung Gesundheit, Pflege, Alterssicherung. Prof. Dr. Heinz Rothgang, Dr. Freya Diederich • Ruhr Universität Bochum: Abteilung für Allgemeinmedizin. Prof. Dr. Horst Christian Vollmar, Prof. Dr. Ina Otte, Prof. Dr. Peter Rasche, Jennifer Bosompem • Techniker Krankenkasse: Anja Wadeck, Hannes Böbinger • University Medical Center Utrecht, Brain Center Rudolf Magnus, Department of Rehabilitation, Physiotherapy Sciences and Sports; University of Applied Sciences Utrecht, Expertise Center Innovation of Care, Research Group Innovation of Mobility Care. Prof. Dr. Cindy Veenhof und Dr. Corelien Kloek • Health Train (Niederlande). Jelle Jouwsma, Marijn Scholtus
Intervention Die Interventionsgruppe erhält ein Trainings- und Edukationsprogramm über zwölf Monate basierend auf der evaluierten e-Exercise Intervention aus den Niederlanden, die Kontrollgruppe die Regelversorgung. Die Intervention umfasst eine sechswöchige physiotherapeutische Gruppen- oder Einzelbehandlung bestehend aus Training (orientiert an NEMEX) und Edukation. Bereits während dieser Präsenzphase wird in ein Smartphone-assistiertes Programm eingeführt, welches über den gesamten Zeitraum fortgeführt wird, ergänzt durch 2-3 physiotherapeutische Behandlungen nach 25 Wochen (Refresher). An der Studie teilnehmende Physiotherapeutinnen werden standardisiert geschult und erhalten manualisierte Materialien zur Nutzung für die Therapie. Eine nachhaltige Verhaltensänderung der Teilnehmenden fördert die App, indem Zielsetzung, Handlungsplanung und Monitoring des Verhaltens unterstützt und audiovisuelle Kontakte mit Physiotherapeutinnen ermöglicht werden. App und Refresher sollen damit in besonderem Maße die regelmäßige Umsetzung des Trainings und die Steigerung der Alltagsaktivität erleichtern. Primäre Zielmessgrößen sind Schmerz (numerische Ratingskala) und körperliche Funktionsfähigkeit (Hip Disability and Osteoarthritis Outcome Score, Knee Injury and Osteoarthritis Outcome Score), die zu drei Messzeitpunkten erfasst werden. Ausblick: Nach positiver Evaluation kann SmArt-E in der Regelversorgung angeboten werden. Die Nachhaltigkeit soll insbesondere durch die Unterstützung von Verhaltensänderungen auch app-basiert über audiovisuellen Kontakt mit den Physiotherapeut*innen erreicht werden. Zudem unterstützt die App dabei, erlernte Trainings- und Edukationsinhalte zu wiederholen und zu vertiefen.
Die SmArt-E-Studie startet im Oktober 2022. Dafür suchen wir noch interessierte Patient*innen mit Hüft- oder Kniearthrose, die bereit wären, daran teilzunehmen. Weitere Informationen finden Sie über folgende Seite https://www.hs-gesundheit.de/forschung/aktuelle-projekte/smart-e Eine Kontaktaufnahme ist auch via E-Mail über franziska.weber@hs-gesundheit.de oder carsten.mueller@hs-gesundheit.de möglich. Weitere Informationen finden Sie auch auf der Projektseite des GBA: https://innovationsfonds.g-ba.de/projekte/neue-versorgungsformen/smart-e-smartphone-assistiertes-arthrosetraining-mit-edukation.423
Literatur Bannuru, R. R., Osani, M. C., Vaysbrot, E. E., Arden, N. K., Bennell, K., Bierma-Zeinstra, S. M. A., . . . McAlindon, T. E. (2019). OARSI guidelines for the non-surgical management of knee, hip, and polyarticular osteoarthritis. Osteoarthritis Cartilage, 27(11), 1578-1589. doi:10.1016/j.joca.2019.06.011 Cross, M., Smith, E., Hoy, D., Nolte, S., Ackerman, I., Fransen, M., . . . March, L. (2014). The global burden of hip and knee osteoarthritis: estimates from the Global Burden of Disease 2010 study. Annals of the Rheumatic Diseases, 73(7), 1323-1330. doi:10.1136/annrheumdis-2013-204763 Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC). (2020). AWMF Leitlinie Gonarthrose. Retrieved from https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/033-004l_S2k_Gonarthrose_2018-01_1-verlaengert.pdf Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU). (2021). Evidenz- und konsensbasierte Indikationskriterien zur Hüfttotalendoprothese bei Coxarthrose (EKIT-Hüfte). Version 1.0 (24.03.2021). Retrieved from https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/187-001.html Fernandes, L., Hagen, K. B., Bijlsma, J. W., Andreassen, O., Christensen, P., Conaghan, P. G., . . . Vliet Vlieland, T. P. (2013). EULAR recommendations for the non-pharmacological core management of hip and knee osteoarthritis. Ann Rheum Dis, 72(7), 1125-1135. doi:10.1136/annrheumdis-2012-202745 Guthold, R., Stevens, G. A., Riley, L. M., & Bull, F. C. (2018). Worldwide trends in insufficient physical activity from 2001 to 2016: a pooled analysis of 358 population-based surveys with 1.9 million participants. Lancet Glob Health, 6(10), e1077-e1086. doi:10.1016/S2214-109X(18)30357-7 Schienkiewitz, A., Mensink, G. B. M., Kuhnert, R., & Lange, C. (2017). Overweight and obesity among adults in Germany. Journal of Health Monitoring, 2(2), 8. doi:10.17886/RKI-GBE-2017-038 Skou, S. T., & Roos, E. M. (2019). Physical therapy for patients with knee and hip osteoarthritis: supervised, active treatment is current best practice. Clinical and Experimental Rheumatology, 37(5), 112-117. Retrieved from ://WOS:000490155700015 Vina, E. R., & Kwoh, C. K. (2018). Epidemiology of osteoarthritis: literature update. Current Opinion in Rheumatology, 30(2), 160-167. doi:10.1097/BOR.0000000000000479