#29 2021 Über Kirche, Politik, Homosexualität und Frauenrechte - mit Bischof Hermann Glettler
Sep 14, 2021
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Hermann Glettler, Bischof der Diözese Innsbruck, ist bekannt für seine kritische Haltung zu politischen Entscheidungen. Er teilt seine Ansichten über die drängenden Fragen von Flüchtlingen und macht deutlich, dass Politik nicht nur um Umfragewerte kreisen sollte. Glettler befürwortet die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare und kritisiert die Ungleichheit der Frauen in der Kirche. Hoffnung und Optimismus verleihen ihm die Stärke, für soziale Gerechtigkeit und einen offenen Dialog zu plädieren – auch in turbulenten Zeiten.
Bischof Hermann Glettler kritisiert, dass politische Entscheidungen oft aus Umfragewerten resultieren, anstatt auf den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen zu basieren.
Glettler befürwortet die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare und sieht darin eine Möglichkeit, Vielfalt und Akzeptanz innerhalb der Kirche zu fördern.
Die unzureichende Gleichstellung der Frauen in der Kirche wird als offene Wunde bezeichnet, die dringende Aufmerksamkeit erfordert, um echte Veränderung zu bewirken.
Deep dives
Politik und Umfragewerte
Eine kritische Sicht auf die Einflussnahme von Umfragewerten auf die Politik wird thematisiert. Es wird eingehend argumentiert, dass politische Entscheidungen nicht nach kurzfristigen Trends, sondern nach den wahren Bedürfnissen der Menschen getroffen werden sollten. Die Reflexion darüber, ob Ängste geschürt werden, um scheinbar gute Lösungen anzubieten, hebt die Schwächen solcher Politiken hervor. Der Gast betont, dass Politik dazu da sein sollte, auf tatsächliche gesellschaftliche Herausforderungen zu reagieren, unabhängig von ihrer Popularität.
Christsein und politische Verantwortung
Die Diskussion über die politische Dimension des Christseins ist zentral, wobei betont wird, dass Christsein über persönliche Frömmigkeit hinausgeht. Der Gast argumentiert, dass es keine Trennung zwischen Glauben und gesellschaftlicher Verantwortung geben kann, und dass Christen aktiv gesellschaftliche Veränderungen mitgestalten sollten. Die Auffassung, dass eine ehrliche Auseinandersetzung mit sozialen Themen Teil des Glaubens ist, wird unterstrichen. Dies weist auf die Notwendigkeit hin, konkrete Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen zu finden.
Engagement für Flüchtlinge
Die persönliche Geschichte des Gastes zeigt sein Engagement für Flüchtlinge, insbesondere während seiner Zeit in Graz und seinen Besuchen in Flüchtlingslagern. Er schildert die bedrückenden Bedingungen in diesen Lagern, wie beispielsweise in Moria, und vermeldet seine Forderung, Familien nach Österreich zu bringen. Die Enttäuschung über mangelnde Resonanz von politischen Entscheidungsträgern wird klar und zeigt den Konflikt zwischen humanitärem Handeln und politischer Diskretion. Das Ziel ist es, eine humanitäre Verantwortung wahrzunehmen und sich für die Schwächsten in der Gesellschaft einzusetzen.
Gleichstellung der Frau in der Kirche
Die Gleichstellung der Frau in der Kirche ist ein bedeutendes Thema, und es zeigt sich, dass die aktuelle Praxis nicht ausreichend ist. Der Gast nennt die nicht ausreichende Berücksichtigung von Frauen im Kirchenamt und betont die Notwendigkeit, diese Ungleichheit zu adres-sieren. Gleichzeitig weist er auf die vielen Verantwortungsträgerinnen hin, die bereits in Führungspositionen der Kirche tätig sind. Diese Diskussion soll nicht nur auf die Weiheämter beschränkt werden, sondern sich auch mit der breiteren gesellschaftlichen Anerkennung von Frauen in unterschiedlichen Rollen befassen.
Die Herausforderung der modernen Kommunikation
Die Problematik der modernen Kommunikation wird angesprochen, insbesondere im Hinblick auf das Phänomen der sozialen Medien und der Echokammern. Der Gast betont, dass eine offene und respektvolle Kommunikation essenziell ist, um den Dialog zwischen unterschiedlichen Meinungen und Positionen zu fördern. Diese Kommunikationsschwierigkeiten führen häufig zu Missverständnissen und einem Mangel an echtem Dialog. Der Appell ist, die Vielfalt der Perspektiven zu respektieren und die Diskussionskultur zu stärken, um Lösungen zu finden, die das Gemeinwohl fördern.
Hermann Glettler ist Bischof der Diözese Innsbruck und hat sich im letzten Jahr mehrmals kritisch zu politischen Entscheidungen der Bundesregierung geäussert, insbesondere zum Umgang mit Flüchtlingen. In dieser Episode erklärt Glettler seine Beweggründe, wie er seine teilweise harte Kritik auch direkt beim Bundeskanzler vorgetragen hat und warum er es für bedenklich hält, seine Identität nur über Abgrenzung und das Hervorheben von Differenzen zu wahren. Glettler kritisiert, dass seinem Eindruck nach derzeit vor allem Politik nach Umfragewerten gemacht werde, Politik aber aus seiner Sicht eine Frage der Haltung sei. Beim Thema Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren macht Glettler deutlich, dass er diese befürworten würde und spricht von einer "bunten Karawane". Auch für die fehlende Gleichstellung der Frau in der Amtskirche findet Glettler klare Worte und bezeichnet sie als "offene Wunde, die ich nicht wegreden will". Und dennoch schöpft er aus seinem Glauben großen Optimismus: "Wir müssen beinhart zuversichtlich bleiben. In jedem Moment steckt die Chance auf einen neuen Anfang."