

Gorbatschow: Vom Westen verehrt, von vielen Russen gehasst
Politiker aus aller Welt verneigen sich vor dem am Dienstagabend im Alter von 91 Jahren in Moskau verstorbenen Michail Gorbatschow. “Gorbatschow hat Weltgeschichte geschrieben. Er hat vorgelebt, wie ein einzelner Staatsmann die Welt zum Guten verändern kann“, erinnert Angela Merkel an ihn. Allerdings liegt Gorbatschows Traum von einem "gemeinsamen und friedlichen Haus Europas” in Trümmern. Durch Putins Angriffskrieg auf die Ukraine.
Gorbatschow sei nicht als Revolutionär, sondern als strammer Kommunist ins Politbüro gekommen, sagt SZ-Redakteurin Sonja Zekri, ehemalige Russland-Korrespondentin. Die damalige Sowjetunion habe wirtschaftlich am Boden gelegen, das Wettrüsten hatte sie ausgeblutet. Eigentlich habe Gorbatschow diesen Staat mit seinem Kampf gegen Korruption und Misswirtschaft wieder in Form bringen wollen. "Daran ist er gescheitert", sagt Zekri. Neben der deutschen Wiedervereinigung bleibe, wohl oder übel, dass er den Lauf der Weltgeschichte verändert habe. "Er hat den Rüstungswettlauf eingestellt, den die Sowjetunion auch gar nicht mehr hätte weiter fortführen können." Er habe ein Mehrparteiensystem erlaubt, überhaupt Dissens, einen neuen Blick auf die Geschichte und Medienfreiheit. Vielleicht sei seine größte politische Leistung, "dass er in dem Moment, an dem er spürte, dass er im großen Stil nicht mehr gewinnen kann, eben nicht im großen Stil zu Gewalt gegriffen hat". Dass er keinen Bürgerkrieg riskiert habe, sondern friedlich abgetreten sei.
Zum Tod von Michail Gorbatschow finden Sie hier einen Nachruf, eine Würdigung, einen Kommentar, Reaktionen und eine Chronologie in Bildern.
Wir freuen uns, wenn Sie an unserer Podcast-Umfrage teilnehmen unter diesem Link.
Weitere Nachrichten: Nachfolger für Neun-Euro-Ticket, weitere Entlastungen für Bürger, Grünen-Politiker Ströbele ist tot.
Moderation, Redaktion: Lars Langenau
Redaktion: Franziska von Malsen
Produktion: Imanuel Pedersen
_Zusätzliches Audiomaterial über BBC _