Klaus Ferdinand Gärditz ist Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bonn und Experte für Wissenschaftsfreiheit, während Jürgen Neffe, promovierter Biochemiker, für seine Biografie über Charles Darwin bekannt ist. Sie diskutieren die Ursprünge und den aktuellen Zustand der Wissenschaftsfreiheit in Deutschland, beleuchten die Herausforderungen, die durch politische Einflüsse entstehen und ziehen Vergleiche zu autoritären Regimes. Zudem wird Darwins Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion lebhaft beschrieben und die Bedeutung des kritischen Hinterfragens in der Forschung hervorgehoben.
Die Wissenschaftsfreiheit, geschützt durch das Grundgesetz, ist entscheidend für unabhängige Forschung und gesellschaftliche Problemlösungen.
Aktuelle Diskussionen über Themen wie Corona und Klimawandel zeigen, dass lautstarke Meinungen oft den wissenschaftlichen Diskurs gefährden.
Deep dives
Die Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit
Wissenschaftsfreiheit ist ein grundrechtlich geschütztes Prinzip, das im Grundgesetz verankert ist und eine unabhängige und kritische Forschung ermöglicht. Diese Freiheit ist essentiell, um der Wissenschaft zu ermöglichen, ihren Funktionen nachzukommen und gesellschaftliche Herausforderungen zu bewerten. Aktuelle Themen wie Corona, Klimawandel und geopolitische Konflikte verdeutlichen die Relevanz einer freien Wissenschaft, da ihre Erkenntnisse entscheidend für politische Entscheidungen sind. Die Herausforderung besteht darin, dass die Diskussion oft nicht vom besten Argument, sondern von Lautstärke und Meinung dominiert wird.
Historische Entwicklung der Wissenschaftsfreiheit
Die Wissenschaftsfreiheit hat eine lange Geschichte, die bis in die Zeiten der großen Revolutionen im 18. Jahrhundert zurückreicht. Während der deutschen Revolution 1848 begann die Idee, neben der Meinungsfreiheit auch die Forschungsfreiheit zu schützen, populär zu werden. Der Ursprung dieses Grundrechts liegt in der Erfahrung von Konflikten, die von den Wissenschaftlern und Studierenden während der Restauration und der Kontrolle durch monarchische Systeme geprägt waren. Trotz dieser Fortschritte blieb es eine Herausforderung, die Wissenschaftsfreiheit als eigenständiges Recht dauerhaft zu verankern.
Wissenschaftliche Entdeckungen und deren Widerstand
Wissenschaftliche Entdeckungen, wie die von Charles Darwin zur Evolutionstheorie, haben oft auf den Widerstand religiöser und politischer Institutionen gestoßen. Darwins Theorie stellte die gängigen Überzeugungen infrage und zeigte, dass natürliche Auslese und Anpassung die Entwicklung von Lebensformen erklären kann, ohne dass eine göttliche Intervention notwendig ist. Diese Erkenntnis wurde nicht nur kritisiert, sondern auch für lange Zeit als gefährlich empfunden, was Darwin nachvollziehbarerweise dazu veranlasste, seine Ergebnisse vorsichtig zu veröffentlichen. Die ruhige Auseinandersetzung mit solch revolutionären Ideen ist ein Zeichen einer funktionierenden Wissenschaftsfreiheit.
Die Herausforderungen der heutigen Wissenschaftsfreiheit
Aktuelle gesellschaftliche und politische Spannungen haben das Potenzial, die Wissenschaftsfreiheit zu gefährden, insbesondere während Krisen wie der Corona-Pandemie. Viele Menschen neigen dazu, sich in wissenschaftliche Diskussionen einzumischen, ohne über die notwendige Expertise zu verfügen, was die Verbreitung von Missinformationen begünstigt. Dies führt dazu, dass lautstarke Minderheiten den Raum dominieren und den echten wissenschaftlichen Diskurs erschweren können. Die Verantwortung der Zivilgesellschaft liegt darin, die Bedingungen für eine ungehinderte und kritische wissenschaftliche Auseinandersetzung zu schaffen und zu schützen.
In Deutschland steht die Wissenschaftsfreiheit im Grundgesetz - das verdanken wir auch den Revolutionären von 1848. Heute sehen manche dieses Grundrecht in Gefahr: Sie meinen, dass bei Themen wie Corona, Gender oder Klima nicht frei geforscht wird.
Das erwartet Euch in dieser Folge:
(03:08) Wissenschaftsfreiheit - kein Thema der französischen oder amerikanischen Revolution im 18. Jahrhundert (04:34) Wissenschaftsfreiheit versus Meinungsfreiheit (06:22) 1848 und Wissenschaftsfreiheit in der Paulskirchenverfassung (11:50) Wissenschaftliche Revolution: Charles Darwin und die Evolutionstheorie (22:29) Weimarer Republik: Wissenschaftsfreiheit als spezifisch deutsches Grundrecht (25:28) Unfreie Forschung in Diktaturen: Nationalsozialismus, DDR, China (36:21) Evolutionsleugner und Kreationisten
Unsere Gäste in dieser Folge:
Klaus Ferdinand Gärditz ist Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bonn, zu seinen Schwerpunkten gehört die Wissenschaftsfreiheit. Autor von: "Hoflieferanten. Wie sich Politik der Wissenschaft bedient und selbst daran zerbricht", Verlag Hirzel 2023
Jürgen Neffe ist promovierter Biochemiker und Autor. Für seine Biografie über Charles Darwin ("Das Abenteuer des Lebens", Bertelsmann 2008) ist er der Route der "Beagle" nachgereist.
Die Macherinnen und Macher dieser Folge:
Host: Anh Tran Regie und Produktion: Thomas Ibrahim Recherche und Redaktion: Monika Dittrich
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