

Warum ist die HannoverMesse mehr als nur Maschinen, Rapha Gielgen? - Folge 226
Willkommen zu einer neuen Folge Rocketfuel mit Vitra Trendscout Raphael Gielgen und Oliver Kemmann – diesmal direkt aus dem Herz der industriellen Zukunft: von der Hannover Messe 2025. Maschinen, Roboter, Sensoren, Software – klar, all das gibt’s hier. Aber diese Messe zeigt vor allem eines: Industrie ist nicht nur Technik. Industrie ist Gesellschaft.
Denn das, was hier entwickelt, vorgestellt und diskutiert wird, prägt nicht nur unsere Wirtschaft – es verändert unser Arbeiten, unser Leben, unser Denken. In dieser Folge sprechen wir über die Technologien, die gerade die Fabriken transformieren – von KI über Wasserstoff bis Mixed Reality.
Aber wir sprechen auch darüber, was das mit uns allen zu tun hat: mit Menschen in Werkshallen, mit jungen Ingenieurinnen, mit politischen Entscheidungen und mit der Frage, wie wir als Gesellschaft die nächste industrielle Revolution gestalten wollen. Bleibt dran – es lohnt sich.
Was ist die HANNOVER MESSE
Die Hannover Messe ist seit ihrer Gründung im Jahr 1947 ein Schaufenster für den industriellen Fortschritt – von der Nachkriegszeit bis zur Industrie 4.0. Ursprünglich als Exportmesse für deutsche Industriegüter gestartet, hat sie sich zur weltweit wichtigsten Industriemesse entwickelt. Jahr für Jahr wird Hannover für eine Woche zum Treffpunkt von Visionären, Ingenieuren, Unternehmern und politischen Entscheidern.
Die Messe ist nicht nur ein Ort, an dem neue Technologien präsentiert werden, sondern auch ein Spiegel für den Zustand der Industrie – wirtschaftlich, technologisch und zunehmend auch gesellschaftlich. Themen wie Automatisierung, Energie, Digitalisierung und nun auch Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit prägen das Bild. Die Messe erreichte mit über 6.400 Ausstellern aus mehr als 60 Ländern und rund 240.000 Besuchern (2024 130.00 Besucher) einen historischen Höchststand. Dennoch bleibt sie eine richtungsweisende Plattform für industrielle Innovation – vor allem, wenn es um politisch-strategische Themen wie Wasserstoff, Energiewende oder KI im industriellen Kontext geht. Wer die Hannover Messe verstehen will, versteht ein Stück weit, wohin sich die industrielle Welt bewegt.
Technologie als Treiber Künstliche Intelligenz in der Industrie
KI ist nicht mehr Vision, sondern Werkzeug – von Predictive Maintenance über autonome Fertigungsprozesse bis zur Echtzeit-Optimierung von Produktionslinien. Zitat von Roland Busch :KI kennt keine Silos
Besonders spannend: Edge AI, also KI direkt an der Maschine statt in der Cloud – schneller, sicherer, lokaler.
Beispiel: AWS präsentierte, innovative Lösungen, die generative KI, Machine Learning, IoT und Datenanalytik kombinieren, um die industrielle Transformation zu beschleunigen. Ein Schwerpunkt lag auf der Demonstration, wie Edge AI die Effizienz in der Fertigung steigern kann, indem Daten direkt vor Ort verarbeitet werden, was zu schnelleren und sichereren Entscheidungen führt. Industrielle Automation & Robotik
Die nächste Generation von kollaborativen Robotern (Cobots): flexibler, intuitiver programmierbar, oft mit integriertem maschinellen Sehen.
Automatisierung trifft Ergonomie – Maschinen, die lernen, sich an den Menschen anzupassen.
Beispiel: Schaeffler präsentierte gemeinsam mit Accenture, NVIDIA und Microsoft innovative Lösungen im Bereich der industriellen Automatisierung und Robotik. Ein zentrales Thema war die Integration von Physical AI und Echtzeitsimulationen, die durch beschleunigtes Computing vom Cloud- bis zum Edge-Bereich ermöglicht werden.
Industrial IoT & Datenräume
Alles ist vernetzt: Maschinen, Lieferketten, Produkte. Große Plattformen (z. B. Siemens Xcelerator, Catena-X) zeigen, wie vertrauenswürdige Datenräume entlang der Wertschöpfungskette entstehen.
Beispiel: Siemens und Accenture haben auf der Messe die Gründung der Accenture Siemens Business Group bekannt gegeben. Dieses dedizierte Geschäftsfeld, bestehend aus 7.000 Fachleuten, kombiniert die Automatisierungs-, Industrie-KI- und Softwarelösungen aus dem Siemens Xcelerator-Portfolio mit den Daten- und KI-Kompetenzen von Accenture. Ziel ist es, softwaredefinierte Produkte und Fabriken in großem Maßstab zu entwickeln und umzusetzen, wodurch Unternehmen ihre digitale Transformation beschleunigen können. Diese Zusammenarbeit demonstriert, wie durch die Integration von Technologien und Expertise vertrauenswürdige Datenräume entlang der gesamten Wertschöpfungskette geschaffen werden können. Energie- und Ressourceneffizienz
Der Fokus lag auf Energieintelligenz: Wie kann Industrie effizienter, dezentraler und nachhaltiger mit Energie umgehen?
Wasserstoff bleibt einThema, aber konkreter und realistischer als in den Vorjahren – eher als Baustein in spezifischen Nischen.
Beispiel: Ein weiteres zentrales Thema war der Einsatz von Wasserstoffinder Industrie. Mehr als 500 Aussteller präsentierten die vielseitige Anwendbarkeit und den Mehrwert von Wasserstoff und Brennstoffzellen in der industriellen Produktion. Ein konkretes Beispiel liefert Bosch, das auf der Messe seinen
Eintritt in den Markt für Wasserstofferzeugung bekannt gab. In Zusammenarbeit mit der FEST Group präsentierte Bosch einen Elektrolyseur, der mit den sogenannten Hybrion Stacks ausgestattet ist. Der erzeugte Wasserstoff wird nicht einfach eingespeist, sondern zirkulär verwendet – in der Produktion, für Logistikfahrzeuge oder Heizprozesse.
Das Ganze passiert nicht irgendwo, sondern im Werk Bamberg – einem der Schlüsselstandorte von Bosch. Dort wird ein Elektrolyseur betrieben, der mit Energie aus einer Photovoltaikanlage jährlich rund 20 Tonnen grünen Wasserstoff produziert.
Additive Fertigung & neue Materialien
3D-Druck ist da, wo es weh tut: Ersatzteile, Werkzeuge, personalisierte Produktion.
Spannend: Kombination von additiver Fertigung mit KI zur automatisierten Teileoptimierung.
Beispiel: Siemens Der 3D-Druck von Medikamenten ermöglicht die Herstellung individuell angepasster Arzneimittel, die auf die spezifischen Bedürfnisse einzelner Patienten zugeschnitten sind. Obwohl Siemens selbst keine Medikamente mittels 3D-Druck herstellt, engagiert sich das Unternehmen in verwandten Bereichen der additiven Fertigung im Gesundheitswesen.
Mensch-Maschine-Interaktion
Mixed Reality, visuelle Assistenzsysteme, intuitive Interfaces – immer mit dem Ziel, komplexe Systeme einfacher steuerbar zu machen.
Der Mensch bleibt im Loop – aber auf einem neuen Level. Beispiel: Tulip Interfaces stellt komponierbare Frontline Operations Plattform vor. Diese Plattform ermöglicht es, individuelle Anwendungen für die Produktionslinie ohne Programmierkenntnisse zu erstellen. Besonders hervorzuheben sind die benutzerzentrierten Human-Machine-Interfaces (HMIs), die eine nahtlose Integration von Maschinenprozessen und anpassbaren Bedienerabläufen ermöglichen. Durch diese intuitiven Interfaces wird die Effizienz gesteigert und die Fehlerquote reduziert.
Buch Traumfabriken
Das Buch "Traumfabriken" feierte seine Premiere auf der HANNOVER MESSE 2025. Der Bildband »Traumfabriken«, herausgegeben von Olaf Salié und Hartmut Rauen, zeigt beeindruckende Produktionsstätten in der DACH-Region. Industriebauten sind mehr als nur Orte der Produktion – sie prägen das Arbeitsumfeld, treiben Innovation voran und spiegeln Nachhaltigkeitsstrategien wider. Der Bildband »Traumfabriken« stellt rund 25 herausragende Beispiele aus Deutschland, Österreich und der Schweiz vor. Zu den bekanntesten zählen das BMW-Werk in Leipzig, die Mercedes-Benz «Factory 56» in Sindelfingen, der Leica Campus in Wetzlar – bekannt für Fotoausstellungen von Lenny Kravitz und Bryan Adams – sowie die Wilo Factory in Dortmund, ein Vorreiter im Klimaschutz. Ein interdisziplinärer Beirat aus Experten der Architektur, Wirtschaft und Wissenschaft hat die Projektauswahl begleitet. Essays beleuchten die Herausforderungen und Chancen moderner Produktionsarchitektur – von der digitalen Transformation bis zur Nachhaltigkeit.
Fazit: Hannover Messe 2025 – Industrie im Wandel, Gesellschaft im Aufbruch
Die Hannover Messe 2025 zeigt eindrucksvoll: Die industrielle Welt steht nicht mehr nur am Beginn einerTransformation – sie ist mittendrin. KI ist kein Buzzword mehr, sondern Werkzeug. Roboter arbeiten mit dem Menschen, nicht gegen ihn. Daten sind nicht nur Zahlen, sondern Brücken – zwischen Maschinen, Unternehmen und ganzen Wertschöpfungsketten. Und Energie ist nicht länger bloß ein Kostenfaktor, sondern ein ethischer Imperativ. Doch was diese Messe besonders macht, ist der Blick über die Hallen hinaus: Industrie ist nicht nurTechnik. Industrie ist Gesellschaft. Wenn Produktionsprozesse intelligenter, nachhaltiger und vernetzter werden, dann verändert sich auch unser Leben: Wie wir arbeiten. Wie wir konsumieren. Wie wir Verantwortung teilen. In dieser neuen Welt zählen nicht nur Effizienz und Skalierung, sondern auch Sinn,Transparenz und Zusammenarbeit. Die Fabriken der Zukunft sind nicht mehr nur Orte der Herstellung – sie sind Orte der Identifikation, der Kreativität, der Lösung. Die Hannover Messe war – und bleibt – ein Spiegel für das, was möglich ist. Und wenn wir es richtig anstellen, wird aus industrieller Transformation gesellschaftlicher Fortschritt.
Und hier noch der Link zum Video der Festo Maschine: https://www.festo.com/de/de/e/ueber-festo/incredible-machine-id_2073685/
Und zum Buch Traumfabriken https://www.penguin.de/buecher/traumfabriken/buch/9783791380155