Stefan Götz, ein ehemaliger Wirecard-Mitarbeiter, teilt seine Erfahrungen aus der Kultur und Arbeitsatmosphäre des Unternehmens. Er beschreibt, wie die interne Kritik und persönliche Ängste während der Unternehmenskrise im Sommer 2020 wahrgenommen wurden. Simone Menne, Aufsichtsrätin bei renommierten Unternehmen, beleuchtet die Verantwortung und das Versagen des Aufsichtsrats im Kontext des Wirecard-Skandals. Maike Schreiber, Wirtschaftsjournalistin, diskutiert die Recherchen und die strukturellen Mängel, die zur Ignoranz gegenüber kritischen Fragen führten.
Mitarbeiter wie Stefan Götz erlebten eine optimistische Unternehmenskultur bei Wirecard, wodurch interne Zweifel und Warnzeichen oft ignoriert wurden.
Der Aufsichtsrat war über lange Zeit zu klein besetzt und versäumte es, kritische Rückfragen zu stellen, was zur mangelnden Unternehmensführung beitrug.
Deep dives
Die Überwachung von Journalisten
Die Besorgnis um die Artikel von Dan McCrum führte dazu, dass Wirecard vermeintlich Maßnahmen ergriff, um ihn zu schikanieren. Jan Marsalek, der frühere Vorstand von Wirecard, soll McCrum weniger als Journalist wahrgenommen haben, sondern als Bedrohung für das Unternehmen. Diese Überwachung vom Unternehmen wurde nicht nur digital, sondern auch physisch durchgeführt, was zeigt, wie ernst die Unternehmensführung die Recherchen nahm. Das verdeutlicht die angespannte und besorgte Atmosphäre innerhalb von Wirecard angesichts grundlegender Zweifel an der Unternehmensberichterstattung.
Die Wahrnehmung der Mitarbeiter
Mitarbeiter bei Wirecard, wie Stefan Götz, erlebten eine aufregende, jedoch ungewisse Zeit im Unternehmen und waren geblendet von der nach außen hin positiven Darstellungen. Trotz der kritischen Medienberichterstattung waren viele Mitarbeiter überzeugt, dass Wirecard ein innovativer Arbeitgeber sei, der die Zukunft des Bezahlens gestaltete. Die internen Zweifel wurden häufig nicht diskutiert, da das Unternehmen eine Kultur des Optimismus und des Fortschritts propagierte. Dies führte dazu, dass viele Mitarbeiter die offensichtlichen Warnzeichen ignorierten und letztendlich von der Realität des Unternehmens überrascht wurden.
Fehlende Kontrolle im Aufsichtsrat
Der Aufsichtsrat von Wirecard war lange Zeit zu klein besetzt und bestand hauptsächlich aus Mitgliedern, die nicht zu kritischen Rückfragen geneigt waren. Wichtige Kontrollinstanzen wie Prüfungsausschüsse fehlten über Jahre hinweg, was die interne Aufsicht schwächte und verdächtige Praktiken begünstigte. Erst durch äußeren Druck wurden Maßnahmen ergriffen, um die Kontrolle zu verbessern, jedoch geschah dies immer zu spät. Kritikierbare Entscheidungen und fehlende Kontrolle innerhalb des Gremiums trugen entscheidend zur misslungenen Unternehmensführung bei.
Die Rolle der Wirtschaftsprüfer
Die Wirtschaftsprüfer waren für ihre umfassende Kompetenz verantwortlich, jedoch schien es ihnen in der Vergangenheit an der nötigen Sorgfalt in ihrer Prüfung zu mangeln. Trotz der offensichtlichen Unstimmigkeiten in den Bilanzen hatte EY keine kritischen Anmerkungen zu den Finanzdaten von Wirecard gemacht. Diese Fehlurteile zogen ernsthafte Konsequenzen nach sich, da sich das Unternehmen schwerwiegenden Vorwürfen gegenüber sah. Die Unfähigkeit der Wirtschaftsprüfer, die tatsächlichen finanziellen Bedingungen von Wirecard zu erkennen, stellt die Frage nach der Verlässlichkeit solcher Prüfungen in Zukunft.
Staffel 1, Folge 5 - Wirecard muss ein spannender Arbeitgeber gewesen sein: international, modern, mit großer Vision und vielen Freiheiten für die Mitarbeiter*innen. So erzählt es zumindest Stefan Götz, der beim ehemaligen Dax-Konzern gearbeitet hat. Aber wie haben Mitarbeiter*innen wie er eigentlich die Kritik von außen wahrgenommen? Und viel wichtiger: Wie haben die Aufsichtsrät*innen, also Personen, die die Arbeit des Wirecard-Vorstands rund um Markus Braun kontrollieren sollten, reagiert?