Die lange Geschichte des Rassismus in Europa - #1276
Dec 8, 2024
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Gilda Sahebi, eine deutsch-iranische Buchautorin, bekannt für ihr Werk "Wie wir uns Rassismus beibringen", und die Journalistin Tessa Szyszkowitz diskutieren die lange Geschichte des Rassismus in Europa. Sie beleuchten die rassistischen Denkmuster vom Deutschen Kaiserreich bis zur Gegenwart. Sahebi thematisiert die Kontinuität rassistischer Stereotype und die Herausforderungen der Integration. Auch die dunkle koloniale Vergangenheit Deutschlands kommt zur Sprache und deren Einfluss auf gegenwärtige gesellschaftliche Spannungen.
Gilda Sahebi verknüpft die historischen Wurzeln des Rassismus im Deutschen Kaiserreich mit den gegenwärtigen Vorurteilen gegenüber Einwanderern aus islamischen Ländern.
Die Vorstellung von ethnischer Homogenität in Deutschland ist historisch falsch und verstellt den Blick auf die tatsächliche Diversität der Gesellschaft.
Deep dives
Rassismus im deutschen Kaiserreich und seine Kontinuitäten
Die Autorin Gilda Sahebi untersucht die Wurzeln rassistischen Denkens im Deutschen Kaiserreich und stellt fest, dass damals Italiener und Polen als 'Untermenschen' betrachtet wurden. Diese hierarchischen Stereotypen sind auffallend ähnlich zu den Vorurteilen, die heute gegen Einwanderer aus islamischen Ländern bestehen. Sahebi erkennt, dass diese rassistischen Narrative über die Jahre hinweg nicht nur überlebt, sondern sich auch weiter verfestigt haben, wobei das Dritte Reich oft als isolierter Fall betrachtet wird. Ihrer Meinung nach ist es jedoch entscheidend, die lange kontinuierliche Entwicklung des Rassismus in der deutschen Gesellschaft zu begreifen, um die gegenwärtigen Probleme zu verstehen.
Die Illusion ethnischer Homogenität
Sahebi thematisiert die weit verbreitete Vorstellung von ethnischer Homogenität in Deutschland, die historisch nie existiert hat. Im Gegensatz zu der verbreiteten Ansicht war Deutschland im Kaiserreich bereits nach den USA ein großes Einwanderungsland und hatte nie eine tatsächlich ethnisch reine Bevölkerung. Die Rassismusdebatten, die in der Zeit der Staatsgründung im Jahr 1871 aufkamen, verdeutlichen die Angst vor Diversität und die Bestrebungen, eine vermeintlich homogene Nation zu wahren. Diese Ideologien führten unter anderem zur Einführung des Blutsrechts im Staatsbürgerschaftsrecht von 1913, das nur Menschen mit 'deutschem Blut' die Staatsbürgerschaft gewährte und bis heute Auswirkungen hat.
Die Konstruktion von Integration und deren Missverständnisse
Sahebi kritisiert den Integrationsbegriff, der oft als Maßstab dient, um zu bewerten, ob Einwanderer sich in die Gesellschaft einfügen. Die Erwartung, dass sich Menschen sofort und problemlos integrieren müssen, führt zu einer ständigen Verschiebung der Kriterien und zu einem Gefühl des Nichthierkommens. Wenn die Integration am Verhalten der Nachkommen gemessen wird, zeigt sich die Widersinnigkeit dieser Annahmen; selbst wenn die Eltern eine erfolgreich realisierte Integration vorweisen können, wird die Leistung der Kinder oft infrage gestellt. Diese Dynamik offenbart die tief verwurzelten Vorurteile in der Gesellschaft gegenüber bestimmten Gruppen und verhindert eine ehrliche Auseinandersetzung mit Rassismus.
Die deutsch-iranische Buchautorin Gilda Sahebi (“Wie wir uns Rassismus beibringen”) blickt zurück ins Deutsche Kaiserreich und verfolgt die roten Fäden rassistischen Denkens bis in die Gegenwart. Ein Gespräch mit der Journalistin Tessa Szyszkowitz im Bruno Kreisky Forum.
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