Florian Klenk, Chefredakteur des Falter, beleuchtet die tiefen Wurzeln des Dschihadismus in Europa. Die Diskussion deckt den terroristischen Anschlag in Wien und dessen europäische Verbindungen auf. Spannend wird die irreführende Wahrnehmung von Integration und Terrorismus, besonders am Beispiel eines Londoner Anschlags. Außerdem wird die Vernetzung junger Extremisten in sozialen Netzwerken thematisiert und die Herausforderungen in der Terrorbekämpfung diskutiert. Klenk bietet eine kritische Analyse des neuen Antiterrorsicherheitspakets der Regierung.
Die militärische Niederlage des IS hat möglicherweise zu einer Zunahme dschihadistischer Anschläge in Europa und einer neuen Generation von Terroristen geführt.
Die Radikalisierung junger Menschen wird durch soziale Isolation und Diskriminierung gefördert, was auf Integrationsprobleme in bestimmten Communities hinweist.
Deep dives
Die neue Welle des Dschihadismus
Nach der militärischen Niederlage des IS in Syrien und Irak erwarten die Sicherheitsbehörden möglicherweise eine Zunahme an dschihadistischen Anschlägen in Europa. Dies zeigt sich besonders in der Diskussion um die Mohammed-Karikaturen in Frankreich, die als Auslöser für neue gewalttätige Übergriffe gelten. Ein plötzlicher Anstieg an Kontakten zwischen potenziellen Terroristen in verschiedenen europäischen Ländern wird ebenfalls beobachtet. Solche Verbindungen werfen Fragen darüber auf, ob sich eine neue Generation von Terroristen formiert, was die Sicherheitslage in vielen Städten besorgniserregend erscheinen lässt.
Herausforderungen der Sicherheitsbehörden
In mehreren europäischen Ländern gibt es Anzeichen, dass die Sicherheitsbehörden mit der aktuellen Bedrohungssituation überfordert sind. Insbesondere das Fehlen eines polizeilichen Geheimdienstes in Österreich wird als problematisch angesehen, da der Strukturen für die Gefahrenbewertung fehlen. In Belgien wurde erkannt, dass die radikalisierten Täter oft schon lange im Land leben und nicht erst durch äußere Einflüsse wie die IS-Propaganda aktiv werden. Dies deutet auf ein tieferliegendes Problem hin: Die mangelnde Beobachtung und das Unterschätzen der bestehenden Gefahren.
Radikalisierung und soziale Ausgrenzung
Die Radikalisierung junger Menschen wird oft mit einem Gefühl der Ausgrenzung und der Islamfeindlichkeit in Verbindung gebracht. Viele der betroffenen Jugendlichen besitzen oft europäische Staatsbürgerrechte, fühlen sich jedoch trotzdem diskriminiert und marginalisiert. Diese soziale Isolation kann von Extremisten ausgenutzt werden, um eine eigene Narrative zu verbreiten, die die Ausgrenzung legitimiert. Ein besonderes Augenmerk liegt darauf, dass die Integration bestimmter Communities nicht so gelungen ist, wie es zunächst angenommen wurde, und dass dies zu einer potentiellen Radikalisierung führen kann.
Der europäische Kenntnisstand zum Hintergrund des Wiener Terrors. Eine Runde von Journalistinnen und Journalisten sind zu dem Thema zu Gast bei Raimund Löw. Zu hören: Cathrin Kahlweit (Wien-London, Süddeutsche Zeitung), Ulrich Ladurner (Brüssel-Paris, Die Zeit), Florian Flade (Berlin, Westdeutscher Rundfunk) und FALTER-Chefredakteur Florian Klenk
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