„United Health“-Mord: Wieso das US-Gesundheitssystem viele Amerikaner verzweifeln lässt
Dec 11, 2024
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In diesem Gespräch mit Susanne Bickel, Wirtschaftsredakteurin bei "Die Presse" und Expertin für das US-Gesundheitssystem, wird der Mord an einem Versicherungs-Chef als Ausgangspunkt für eine tiefere Analyse der gesellschaftlichen Frustration über das US-Gesundheitssystem genutzt. Bickel beleuchtet die problematische Struktur, die hohen Gesundheitskosten und die Unzufriedenheit vieler Amerikaner. Zudem wird die umstrittene Rolle der großen Versicherer und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei der Ablehnung von Behandlungsanträgen kritisch hinterfragt.
Der Mord an Brian Thompson offenbart die extreme Unzufriedenheit vieler Amerikaner mit dem komplexen und teuren US-Gesundheitssystem.
Die Reaktionen in sozialen Medien auf den Mord zeugen von der tiefen Frustration gegenüber privaten Krankenversicherungen und deren Ablehnungspraktiken.
Deep dives
Der Mordfall und seine Auswirkungen
Ein brutaler Mord vor einem Hotel in Manhattan hat die Gesellschaft erschüttert, wobei das Opfer, Brian Thompson, CEO von United Health Care, war. Der mutmaßliche Täter, Luigi Mangione, wurde kurz nach dem Vorfall gefasst, wobei Ermittler eine teilweise mit einem 3D-Drucker hergestellte Waffe und ein Pamphlet fanden, das seine Motivation für die Tat erklärte. Diese Entwicklung hat eine breite Diskussion über das US-Gesundheitssystem ausgelöst, insbesondere angesichts der zahlreichen Befürwortungen des Täters in sozialen Medien, wo er teilweise als Held gefeiert wurde. Die fatalen Reaktionen der Nutzer werfen Fragen zur zivilisatorischen Integrität der Gesellschaft auf und verdeutlichen die extreme Unzufriedenheit mit dem Gesundheitssystem in den USA, das als das teuerste der Welt gilt.
Kritik am US-Gesundheitssystem
Das US-Gesundheitssystem ist stark umstritten, da fast 8 Prozent der Bevölkerung nicht krankenversichert sind, während der Großteil über Arbeitgeber abgesichert ist. Der Mangel an gesetzlicher Krankenversicherung führt dazu, dass viele Amerikaner Angst vor hohen medizinischen Kosten haben, was die allgemeine Unzufriedenheit verstärkt. Insbesondere wird die Ablehnungsquote von United Health, der Firma, bei der das Mordopfer beschäftigt war, als zu hoch kritisiert, was Patienten unter Druck setzt, sich gegen systematische Ablehnungen von Ansprüchen zu wehren. Diese Kämpfe um Kostenübernahmen und die Komplexität des Systems tragen zur tiefen Wut vieler Amerikaner bei.
Finanzielle Dimensionen und öffentliche Reaktionen
Die finanziellen Zahlen des US-Gesundheitssystems sind alarmierend, mit durchschnittlichen Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben von rund 12.500 US-Dollar, was mehr als doppelt so hoch ist wie in den meisten OECD-Ländern. United Health, als einer der größten Anbieter, hat seit der Einführung von Obamacare stark an Umsatz und Gewinn gewonnen, was den Eindruck verstärkt, dass das System vor allem zu Gunsten der Konzerne gestaltet ist. Gleichzeitig zeigen Berichte, dass die Verwendung von künstlicher Intelligenz zur Ablehnung von Behandlungsgenehmigungen die Misstrauen gegenüber Versicherungen noch verstärkt. Diese Zusammenhänge machen deutlich, warum der Fall von Brian Thompson zu einer leidenschaftlichen Debatte über notwendig gewordene Reformen im Gesundheitswesen geführt hat.
Im Mordfall des Chefs des US-Versicherers United Healthcare ist am Montag der mutmaßliche Mörder festgenommen worden. Die Polizei habe den Verdächtigen nach Hinweisen aus der Bevölkerung in Pennsylvania gefasst, sagte New Yorks Polizeichefin Jessica Tisch. Der 26-Jährige habe eine Schusswaffe mit Schalldämpfer bei sich getragen, deren Typ mit dem Mordwerkzeug übereinstimme. Er wurde in Manhattan u.a. wegen Mordes angeklagt, berichteten US-Medien.
Die tödlichen Schüsse auf den Versicherungs-CEO Brian Thompson wirft auch ein Schlaglicht auf die Branche bzw. die Situation im US-Gesundheitssystem. Viele Menschen kommentieren den Tod Thompsons in sozialen Medien hämisch. Manche erklären den Mörder gar zum Helden. Was ist da los im US-Gesundheitssystem, dass so viele Menschen auf den Tod eines Versicherungsmanagers mit Lach-Smileys und virtuellem Applaus reagieren? Wirtschaftsredakteurin Susanne Bickel erklärt im Podcast das US-Gesundheitssystem, die Rolle der Versicherer und warum der Frust über private Gesundheitsversicherer in den USA gar so groß ist.