Proteste mit blutigen Händen: Serbiens Hütchenspiel mit den Großmächten
Mar 29, 2025
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Michael Martens, FAZ-Korrespondent für Südosteuropa, spricht über die massiven Proteste in Serbien gegen Präsident Vučić. Er thematisiert die wachsende Unzufriedenheit der Bürger und historische Parallelen zu früheren Regierungen. Ein tragisches Bauunglück hat die Korruption und politischen Missstände ans Licht gebracht. Martens beleuchtet auch die geopolitischen Spannungen zwischen Serbien, der EU und China sowie deren Auswirkungen auf die serbische Gesellschaft. Die Protestbewegung zeigt, wie stark die Bevölkerung für Veränderung kämpft.
Die massiven Proteste in Serbien sind eine Reaktion auf die autoritäre Herrschaft von Präsident Vučić und fordern grundlegende Reformen.
Die geopolitische Rivalität zwischen Großmächten wie China, Russland und den USA beeinflusst Serbiens politische Entwicklungen und wirtschaftliche Entscheidungen.
Der stark polarisierte gesellschaftliche Diskurs zwischen Unterstützern und Kritikern Vučićs zeigt die Komplexität der politischen Landschaft in Serbien.
Deep dives
Proteste gegen Korruption und Staatsversagen
In Serbien finden seit Monaten Massenproteste gegen die autoritäre Regierung von Präsident Aleksandar Vučić statt. Ausgelöst wurden die Proteste durch den Einsturz des Bahnhofsvordachs in Novi Sad, bei dem 16 Menschen starben. Die Demonstranten kritisieren ein korruptes System, das ausländische Investoren bevorzugt und Sicherheitsstandards missachtet. Mit roten Handinnenflächen zeigen sie, dass sie die Verantwortung für die Todesfälle der Regierung anlasten und fordern grundlegende Veränderungen.
Historische Wurzeln und politische Situation
Die politischen Spannungen in Serbien sind das Ergebnis einer langen, komplexen Geschichte, die bis zu den Jugoslawienkriegen zurückreicht. Vučić, der seit 2012 an der Macht ist, nutzt eine Mischung aus nationalistischer Rhetorik und pragmatischer Außenpolitik, um seine Kontrolle zu festigen. Er geht hart gegen politische Gegner vor und hat die Opposition zersplittert, was die Wahlen unfair und von internationaler Kritik begleitet macht. Experten vergleichen Vučić mit anderen Autokraten wie Orbán und Erdoğan, die durch ähnliche Methoden an der Macht bleiben.
Die Rolle internationaler Akteure
Serbien wird von verschiedenen internationalen Akteuren umkämpft, darunter China, Russland und die USA, die jeweils eigene Interessen verfolgen. China investiert massiv in Serbien und hat eine strategische Partnerschaft aufgebaut, die teilweise auf Korruption und ineffizienten Bauprojekten basiert. Die EU hingegen verfolgt eine stabilitätsorientierte Politik, hat jedoch Schwierigkeiten, klare Positionen zu den Menschenrechtsverletzungen in Serbien zu beziehen. Die geopolitischen Spannungen in der Region könnten dazu führen, dass der Balkan erneut zum Spielbrett der Großmächte wird.
Eine zersplitterte Gesellschaft
Die serbische Gesellschaft ist stark polarisiert, wobei sowohl Unterstützer als auch Gegner von Vučić vorhanden sind. Während jüngste Umfragen zeigen, dass ältere Generationen oft hinter dem Präsidenten stehen, äußern viele Junge ihren Unmut lautstark durch die Proteste. Besonders zum Ausdruck kommen diese Spannungen in den sozialen Medien und durch das tägliche Pfeifkonzert gegen die Berichterstattung des staatlichen Rundfunks. Diese gespaltene Öffentlichkeit zeigt, wie breit und komplex die Meinungen über Vučić und seine Regierung sind.
Zukunft der Protestbewegung
Die Demonstranten fordern grundlegende Reformen der politischen und bürokratischen Institutionen in Serbien, um die Korruption zu bekämpfen und die Rechtsstaatlichkeit zu stärken. Die Proteste haben sich von einer studentischen Bewegung zu einer breiten Bürgerbewegung entwickelt, in der viele gesellschaftliche Gruppen vertreten sind. Trotz der Herausforderungen, die durch die Sommerpause oder eine eventuelle sechswöchige Schließung der Schulen entstehen können, scheinen die Proteste widerstandsfähig zu sein. Die nächsten Monate könnten entscheidend dafür sein, ob die Bürger weiterhin gegen die autoritären Strukturen der Regierung aufbegehren.
Seit Monaten lehnen sich die Serben lautstark gegen den Autokraten Vučić auf. Der Vorwurf: Tödliche Deals mit chinesischen Investoren. Wird Serbien zum Schachbrett für ausländische Mächte oder trickst Vučić alle aus? Wir sprechen mit Südost-Europa-Experten und unserem Korrespondenten vor Ort.
Host: Marie Löwenstein
Mitarbeit: Felix Hoffmann, Michael Martens, Anne Hartmann, Kevin Gremmel, Sandra Klüber, Michael Götz und Kathrin Becker
Die Karte der "Neuen Seidenstraße" in der Balkanregion finden Sie hier.
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