»Eine Option für die Ukraine ist, sich eine Atombombe zuzulegen«
Feb 21, 2025
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Florence Gaub, Militärstrategin und Forschungsdirektorin am NATO Defense College, spricht über die brisante Sicherheitslage der Ukraine. Sie analysiert, wie das Land trotz des Verzichts auf Atomwaffen nach dem Kalten Krieg, in Anbetracht fehlender Garantien, in die Überlegung gedrängt werden könnte, eigene Nuklearwaffen zu entwickeln. Gaub warnt vor einem Dominoeffekt in der internationalen Gemeinschaft, falls die Ukraine diesen Weg einschlägt. Zudem beleuchtet sie die geopolitischen Veränderungen der Sicherheit in Europa und die Rolle der USA.
Die Ukraine könnte in Erwägung ziehen, eigene nukleare Fähigkeiten zu entwickeln, um unzureichende Sicherheitsgarantien der USA zu kompensieren.
Der Ukraine-Konflikt verdeutlicht die Notwendigkeit für europäische Staaten, mehr in ihre Verteidigung zu investieren, um langfristig stabil zu bleiben.
Deep dives
Die Rolle der NATO und der Konferenz in München
Die NATO wird als eine Organisation beschrieben, die sich darauf konzentriert, Krieg zu verhindern und, falls er dennoch auftritt, diesen zu gewinnen. Bei der Sicherheitskonferenz in München wurde die Rede des US-Präsidenten G.D. Vance hinterfragt, wobei Florence Gaub eine differenzierte Sichtweise bietet. Sie betont, dass die NATO nicht in Frage gestellt wurde, was für die Anwesenden eine Erleichterung darstellte. Allerdings wird auch darauf hingewiesen, dass die Bemerkungen über europäische Werte und die politische Einmischung in Deutschland kritisiert werden, da dies als unangemessene Einmischung in nationale Angelegenheiten angesehen wird.
Aktueller Stand des Ukraine-Konflikts
Die Situation im Ukraine-Konflikt wird als komplex dargestellt, da Verhandlungen zwar im Gange sind, der Krieg selbst jedoch keineswegs beendet ist. Florence Gaub erklärt, dass sowohl die Ukraine als auch Russland nicht wirklich bereit sind, zugeständnisse zu machen, was die Lage verzögert. Während die Ukraine mit einem Mangel an Ressourcen zu kämpfen hat, wird der Konflikt nicht einfach durch Verhandlungen gelöst, sondern könnte sich in einen Asymmetrischen Krieg verwandeln, in dem sich kleinere Akteure auch mit minimalen Mitteln wehren können. Das Verständnis, dass Frieden letztlich am Verhandlungstisch erreicht wird, wird durch die Realität der vorherrschenden politischen und militärischen Spannungen kompliziert.
Nukleare Optionen für die Ukraine
Ein zentrales Thema sind die Überlegungen zur nuklearen Proliferation, wobei Gaub anspricht, dass die Ukraine möglicherweise in Erwägung ziehen könnte, eigene nukleare Fähigkeiten zu entwickeln. Diese Diskussion wird durch die historische Grundlage gestützt, dass die Ukraine am Ende des Kalten Krieges über solche Fähigkeiten verfügte und diese im Austausch für Garantien abgab, die jedoch nicht eingehalten wurden. Die Möglichkeit, schnell erneute nukleare Kapazitäten zu erwerben, könnte als Antwort auf die unzureichenden Sicherheitsgarantien durch die USA betrachtet werden. Während diese Idee sowohl Unterstützung als auch Widerstand hervorrufen könnte, stellt sie dennoch eine signifikante Überlegung für die Zukunft der Ukraine dar.
Lehren aus dem Ukraine-Krieg und europäische Sicherheit
Der Ukraine-Krieg hat wesentliche Lektionen für die Sicherheit in Europa verdeutlicht, insbesondere in Bezug auf die Notwendigkeit einer soliden Verteidigungsstrategie. Es wird betont, dass alle europäischen Staaten, insbesondere Deutschland, mehr in ihre Verteidigung investieren müssen, um langfristig stabil und bereit zu sein. Auch wenn der Frieden möglicherweise naheliegend ist, bleibt die Bedrohung durch Russland bestehen, was kontinuierliche Vorbereitung und Anpassungen erfordert. Die Situation zeigt, dass trotz einiger positiver Entwicklungen in der ukrainischen Verteidigungsfähigkeit die Herausforderungen weiterhin groß sind und eine klare Strategie benötigt wird, um zukünftigen Konflikten zu begegnen.
Erste Gespräche zwischen den USA und Russland über ein Kriegsende in der Ukraine. Nicht dabei: die Ukraine. Sicherheitsforscherin Florence Gaub analysiert, wie das Land seine Sicherheit gewährleisten könnte.
Nach dem Ende des Kalten Krieges gab die Ukraine ihre nuklearen Waffen ab, im Vertrauen auf Schutzversprechen der USA und Russlands. Fast auf den Tag genau vor drei Jahren überfiel Russland die Ukraine. Nun verhandeln Russland und die USA über ein mögliches Kriegsende in der Ukraine – ohne die Ukraine. Einen Beitritt der Ukraine zur NATO bezeichneten die Amerikaner im Zuge dessen bereits als unrealistisch.
In der aktuellen Folge von »8 Milliarden« spricht Host Juan Moreno mit der Militärstrategin Florence Gaub über die brisante Option, dass die Ukraine angesichts fehlender Sicherheitsgarantien durch die USA eine Atombombe entwickeln könnte. Gaub erläutert: »Eine Option für die Ukraine ist, sich eine Atombombe zuzulegen. Sie haben die Ressourcen und die Leute, die recht schnell eine Atombombe bauen könnten.« Das könnte wiederum zu nuklearer Aufrüstung führen. Gaub warnt: »Wenn die Ukraine diesen Weg geht, könnte das einen Dominoeffekt auslösen, bei dem andere Staaten ebenfalls über die Entwicklung eigener Atomwaffen nachdenken.«
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