Josef Brainin, Autor des Romans "Aus dem Schatten gemalt", beleuchtet das inspirierende Leben der Malerin Olga Wisinger-Florian und deren Kampf für die Sichtbarkeit von Künstlerinnen im Wien des 19. Jahrhunderts. Er spricht über seinen kreativen Prozess und die Herausforderung, historische Fakten mit fiktionalen Elementen zu verweben. Literaturkritiker Klaus Nüchtern empfiehlt zudem Jean Amérys Werk über Antisemitismus und Didier Eribons Auseinandersetzung mit familiären Beziehungen, wodurch ein tiefer Einblick in literarische Reflexionen geboten wird.
Josef Brainins Roman 'Aus dem Schatten gemalt' beleuchtet das Leben der Malerin Olga Wiesinger-Florian als Kämpferin für weibliche Sichtbarkeit in der Kunst.
Die künstlerische Entwicklung von Wiesinger-Florian durch Reisen und das Malen in der Natur stellte eine Herausforderung gegenüber den gesellschaftlichen Normen des 19. Jahrhunderts dar.
Deep dives
Das Leben und Werk von Olga Wiesinger-Florian
Olga Wiesinger-Florian war eine bedeutende impressionistische Malerin des 19. Jahrhunderts, die in der künstlerischen Szene der untergehenden Habsburger Monarchie aktiv war. Sie lebte von 1844 bis 1926 und hatte eine bürgerliche Erziehung, die ihr eine Klavierausbildung und Zugang zur Kunstwelt ermöglichte. Während ihrer Zeit war es für Frauen im Kunstbereich schwierig, Anerkennung zu finden, da sie oft im Schatten ihrer männlichen Kollegen standen. Die Entdeckung und Wiederentdeckung von Künstlerinnen wie Wiesinger-Florian hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, wobei ihre Werke zunehmend in Museen ausgestellt werden und finanziellen Wert gewinnen, wie zum Beispiel im Dorotheum, wo ihre Bilder hohe Preise erzielen können.
Der Einfluss von Mary Cassatt
Die fiktive Beziehung zwischen Olga Wiesinger-Florian und der amerikanischen Malerin Mary Cassatt wird als inspirierend für die Entwicklung von Wiesinger-Florian dargestellt. Obwohl sie sich nie tatsächlich begegnet sind, wird Cassatt als eine Art Vorbild eingeführt, das Wiesinger-Florian politisch und künstlerisch beeinflusste. Durch die Herausforderungen, die sie als Malerin erlebte, entwickelte Olga eine starke kreative Identität, die auch politische Dimensionen annahm. Diese Entwicklung spiegelt den Kampf von Künstlerinnen wider, die trotz gesellschaftlicher Einschränkungen ihre Kunst und Stimme finden mussten.
Kunstreisen und professioneller Austausch
Olga Wiesinger-Florian nahm an einer Studienreise nach Dalmatien teil, die von Emil Jakob Schindler organisiert wurde und der künstlerischen Entwicklung diente. Diese Reise bot den teilnehmenden Künstlern die Möglichkeit, die Landschaft zu malen und sich kreativ auszutauschen. Der Aspekt des Reisens und Malens in der Natur war für Women in der damaligen Zeit revolutionär, da sie oft in Ateliers arbeiteten. Solche Reisen waren nicht nur eine Form des Lernens, sondern auch eine Geschäftsidee, die viele Amateure und Profis anlockte, um die Küstenlandschaft zu erkunden und ihre Werke zu präsentieren.
Herausforderungen für Künstlerinnen im 19. Jahrhundert
Die gesellschaftlichen Normen des 19. Jahrhunderts schränkten die Themen und Möglichkeiten für Frauen in der Kunst stark ein, was dazu führte, dass sie oft nur bestimmte, als akzeptabel angesehene Motive wie Stillleben oder Kinder malten. Olga Wiesinger-Florian hingegen wagte es, über die traditionellen Grenzen hinauszugehen und sich mit ihren Werken im Freien und der Natur auseinanderzusetzen. Ihre Fähigkeit, Themen wie Landschaft und Emotionen aufzugreifen, stellte eine Herausforderung an die damaligen Konventionen dar und unterstützte den Fortschritt weiblicher Künstler im Allgemeinen. Ihr Erfolg und der Wert ihrer Kunst waren nicht nur ein Zeichen ihres Talents, sondern auch ein Schritt in Richtung Gleichheit und Anerkennung in der Kunstwelt.
Joseph Brainin stellt in dieser Folge seinen neuen Roman "Aus dem Schatten gemalt" vor. Die Biofiktion behandelt das Leben und Schaffen der Malerin Olga Wisinger-Florian, die im männerdominierten Kunstbetrieb des Wiener Fin de Siècle zu einer Kämpferin für die Sichtbarkeit und Anerkennung weiblicher Kunst wurde. Wie Joseph Brainin erstmals auf die Malerin gestoßen ist und warum ihre Person ihn derart gefesselt hat, erklärt der Autor im Gespräch mit Petra Hartlieb.
Außerdem empfiehlt FALTER-Literaturkritiker Klaus Nüchtern in dieser Folge zwei Bücher:
Zu den Büchern:
"Aus dem Schatten gemalt" von Josef Brainin: https://shop.falter.at/detail/9783992003587/aus-dem-schatten-gemalt
"Der neue Antisemitismus" von Jean Améry: https://shop.falter.at/detail/9783768198288/der-neue-antisemitismus
"Eine Arbeiterin" von Didier Eribon: https://shop.falter.at/detail/9783518431757/eine-arbeiterin