#78 Das Jahrhundertverbrechen: Wie eine Familie die USA in die Opioid-Krise stürzte
Oct 30, 2024
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Steffen Bosse, Wirtschaftsredakteur und Host des YouTube-Formats "Scoops", beleuchtet die verheerenden Auswirkungen der Opioid-Krise in den USA, die maßgeblich durch Purdue Pharma und die Sackler-Familie verursacht wurde. Er erklärt die aggressiven Marketingstrategien, die zur massiven Abhängigkeit führten, und kritisiert das Versagen der Aufsichtsbehörden. Zudem wird die zögerliche Reaktion der Justiz auf die Krise thematisiert und Einblicke in die Rolle der Sackler bei rechtlichen Auseinandersetzungen gegeben. Ein Blick auf die Opioid-Krise in Deutschland rundet die Diskussion ab.
Das Pharmaunternehmen Purdue Pharma und die Sackler-Familie sind verantwortlich für die flächendeckende Verbreitung des stark süchtig machenden Schmerzmittels OxyContin in den USA.
Die aggressive und irreführende Marketingstrategie von Purdue führte dazu, dass Ärzte OxyContin auch für weniger schwere Schmerzen verschrieben, was massive Abhängigkeiten zur Folge hatte.
Trotz der enormen Gewinne und zahlreichen Klagen haben die Sackler-Familie und Purdue Pharma weitgehend der persönlichen Verantwortung für die Opioid-Krise entkommen.
Deep dives
Die Opioid-Krise und Purdue Pharma
Die Opioid-Krise in den USA wird maßgeblich durch das Schmerzmittel OxyContin verursacht, das von Purdue Pharma in den 1990er Jahren auf den Markt gebracht wurde. Dieses Medikament, das einen hohen Süchtigkeitsfaktor hat, wurde durch aggressive und irreführende Marketingstrategien beworben, die den Eindruck erweckten, dass es sicher sei. Die Sackler-Familie, hinter Purdue, erzielte durch den Verkauf von OxyContin einen Umsatz von bis zu 35 Milliarden Dollar. Trotz dieser enormen Profite und der verheerenden Auswirkungen auf die Gesellschaft entgingen die Sacklers weitgehend der persönlichen Verantwortung für die durch ihre Praktiken verursachten Schäden.
Aggressives Marketing und Ärztemanagement
Purdue setzte eine massive Marketingkampagne ein, die Ärzte direkt ansprach und sie davon überzeugte, OxyContin sogar für nicht unbedingt schwere Schmerzfälle zu verschreiben. Das Unternehmen verbreitete die irreführende Botschaft, dass weniger als ein Prozent der Patienten süchtig würden, und stellte falsche Sicherheitshinweise bereit. Pharmavertreter wurden eingesetzt, um Ärzte zu umwerben, während Berichte über die Missbrauchsmöglichkeiten und die tatsächliche Abhängigkeitsrate ignoriert wurden. Dieser strategische Aufbau von Vertrauen führte dazu, dass viele Ärzte OxyContin bereitwillig verschrieben, ohne sich der Gefahren bewusst zu sein.
Die Rolle der FDA und regulatorische Mängel
Die Genehmigung von OxyContin durch die FDA hing stark von Curtis Wright ab, einem Beamten, der die Zulassung des Medikaments im Wesentlichen beeinflusste. Trotz erheblicher Bedenken über die Sicherheit und die langfristigen Auswirkungen des Medikaments befürwortete Wright die Zulassung und schreitet letztendlich in die Dienste von Purdue Pharma ein. Es wurde offenkundig, dass die regulatorischen Rahmenbedingungen der 90er Jahre es der Pharmaindustrie ermöglichten, risikobehaftete Produkte auf den Markt zu bringen. Die FDA wurde kritisiert, nicht ausreichend gegen die problematischen Marketingstrategien und die Gefahren des Medikaments vorgegangen zu sein.
Gesellschaftliche Auswirkungen und Überdosen
Die Einführung von OxyContin führte zu einem dramatischen Anstieg an Opioidabhängigkeiten und Überdosierungen, die sich durch alle sozialen Schichten zogen, auch in ländlichen und vorher krisenfreien Gemeinden. Die steigende Zahl von Überdosierungen und die damit verbundene Kriminalität, wie etwa Apothekeneinbrüche zur Beschaffung von Medikamenten, prägten gelebte Realitäten in vielen Gemeinschaften. Eltern berichteten, dass ihre Kinder, die anfangs das Medikament aus dem Haus fanden, zur Abhängigkeit führten, was nicht nur lokale Gemeinschaften, sondern auch die nationalen Statistiken erheblich belastete. Dennoch wurde von Purdue ein defensiver Kurs gefahren, der die Opfer der Krise als die eigentlichen Täter darstellte.
Rechtsstreitigkeiten und die Sackler-Familie
Die Sackler-Familie versuchte sich durch strategische rechtliche Abkommen zu schützen, während die death toll und neue Klagen gegen Purdue und die Familiendynastie im Steigen begriffen waren. In verschiedenen Gerichtsverfahren bekannte sich die Firma nur in minimalen Punkten schuldig, was die öffentliche Wut und das Interesse an wahrheitsgetreuen Verantwortlichkeiten verstärkte. Aktivisten und Opioid-Überlebende begannen, Druck auf die Sacklers auszuüben, insbesondere in der kulturellen Szene, wo viele Einrichtungen Spenden von ihnen zurückwiesen. 2019 vereinbarte Purdue schließlich, sich in eine gemeinnützige Organisation umzuwandeln, um Klagen gegen die Familie selbst abzuwehren, was den rechtlichen Druck erhöhte, aber auch Fragen zur moralischen Verantwortlichkeit aufwarf.
In dieser Folge geht es um ein Jahrhundertverbrechen: Das US-amerikanische Pharmaunternehmen Purdue Pharma hat jahrelang mit seinem Schmerzmittel OxyContin den Markt geflutet. Das Unternehmen der Familie Sackler wird heute für die Opioidkrise in den USA maßgeblich mitverantwortlich gemacht. Eine Krise, die in den vergangenen Jahren zu Hunderttausenden Toten durch Überdosierung geführt hat.
Die einst angesehene Dynastie, berühmt für großzügige Spenden an renommierte Museen und Universitäten, ist durch den Verkauf und Missbrauch von Opioiden zu Multimilliardären geworden. 35 Milliarden Dollar Umsatz sollen sie durch das Blockbuster-Medikament OxyContin gemacht haben. Und trotz zahlreicher Klagen und Millionen-Dollar-Strafen haben die Sacklers einen Großteil ihres Vermögens behalten und entgehen bislang größtenteils der persönlichen Verantwortung für die Krise. Zu Gast bei Kayhan im Studio ist Steffen Bosse. Wirtschaftsredakteur und Host des Business-Insider-YouTube-Formats “Scoops”. (https://www.youtube.com/@Scoops-BI)
Mehr Infos und Fotos findet ihr hier: www.instagram.com/machtundmillionen
Macht & Millionen - eine Produktion von Business Insider
Redaktion: Kayhan Özgenç, Christine van den Berg Produktion und Sound: Peer Semrau Titelmusik: Afonelli
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