Sophie Gmeiner, angehende Ärztin, YouTuberin und Künstlerin, teilt ihre Erfahrungen mit Autismus. Sie schildert, wie das Nervensystem von Autisten funktioniert und wie intensivere Wahrnehmungen zu Überforderung führen können. Die Kommunikation kostet viel Energie, da viele versuchen, sich anzupassen. Außerdem diskutiert sie die Relativität von 'Normalität' und hebt hervor, dass mehr Akzeptanz für neurodivergente Personen nötig ist. Sophies Einblicke helfen, Vorurteile abzubauen und das Verständnis für Autismus zu fördern.
Das Nervensystem von Autisten verarbeitet Reize anders und intensiver, was häufig zu Überforderung und der Notwendigkeit von Pausen führt.
Die Kommunikation ist für Autisten energieraubend, da sie soziale Signale anders interpretieren und sich oft verstellen müssen, um anzupassen.
Das Verständnis von Autismus als Spektrum ist entscheidend, da jeder Autist unterschiedliche Erfahrungen hat und Empathie vielfältig ausgeprägt sein kann.
Deep dives
Das Nervensystem von Autisten
Autisten haben ein anders funktionierendes Nervensystem, das dazu führt, dass sie Reize wie Licht, Geräusche und Berührungen intensiver wahrnehmen als neurotypische Menschen. Diese Überempfindlichkeit kann schnell zu Überforderung führen, was bedeutet, dass Autisten häufig das Bedürfnis haben, sich zurückzuziehen oder Pausen einzulegen, um sich zu erholen. Zum Beispiel kann der Aufenthalt in überfüllten Supermärkten für Autisten extrem stressig sein, weil sie mit einer Flut von Sinneseindrücken konfrontiert sind. Solche Situationen können zu emotionalen Ausbrüchen, sogenannten Meltdowns, führen, wenn die Reizüberflutung nicht bewältigt werden kann.
Energieverbrauch in der Kommunikation
Die Kommunikation kostet Autisten viel Energie, da sie soziale Signale anders interpretieren und oft Schwierigkeiten haben, entsprechende Verhaltensweisen zu imitieren. Sophie erklärte, dass für sie das Sprechen wie das Halten eines Referats ist, da sie ständig darüber nachdenken muss, was sie sagen und wie sie sich verhalten sollte. Diese Anspannung kann zu einer enormen Erschöpfung führen, insbesondere wenn sie versuchen, nicht aufzufallen und sich anzupassen. Solche Herausforderungen sind besonders präsent, wenn Autisten mit Gruppen von neurotypischen Menschen interagieren müssen und dabei oft das Gefühl haben, sich verstellen zu müssen.
Das Konzept des Spektrums
Sophie betont, dass das Verständnis von Autismus als Spektrum entscheidend ist, da jeder Autist unterschiedliche Erfahrungen und Herausforderungen hat. Sie erklärt, dass diese Vielfalt zu falschen Annahmen über Autisten führen kann, wie etwa die Idee, dass sie immer wenig Empathie haben oder nicht gut in der Kommunikation sind. Tatsächlich können viele Autisten extrem empathisch sein und schnell Stimmungen oder Emotionen anderer wahrnehmen. Diese Punkte verdeutlichen, wie wichtig es ist, anerkennen, dass Autismus viele Facetten hat und nicht in starren Kategorien gefasst werden sollte.
Hilfreiche Unterstützung und Therapien
Sophie beschreibt, dass die Unterstützung durch einen Assistenzhund eine wertvolle Hilfe im Alltag eines Autisten sein kann. Ihr Hund Hazel hilft ihr, in stressreichen Situationen ruhig zu bleiben und gibt ihr ein Gefühl der Sicherheit. Zusätzlich wird in der Diskussion deutlich, dass viele traditionelle Therapiemethoden für Autisten nicht immer effektiv sind und dass ein individueller Ansatz notwendig ist. Autisten benötigen häufig alternative therapeutische Ansätze, die ihren Bedürfnissen gerecht werden und ihnen helfen, sich in der Welt leichter zurechtzufinden.
Gesellschaftliches Bewusstsein und Normalisierung
Ein zentrales Thema des Gesprächs ist das steigende gesellschaftliche Bewusstsein für Neurodivergenz und die Wichtigkeit, offene Gespräche über Autismus zu führen. Sophie ermutigt dazu, Fragen direkt zu stellen, anstatt Annahmen zu treffen, um Missverständnisse und Vorurteile abzubauen. Sie erklärt, dass Kinder oftmals viel direkter fragen und dadurch eine Offenheit zeigen, die bei Erwachsenen oft fehlt. Je mehr Menschen über die Erfahrungen von Autisten lernen, desto einfacher wird es, eine inklusive und akzeptierende Gesellschaft zu schaffen, in der Autisten nicht mehr das Gefühl haben, sich verstecken zu müssen.
Wie lebt es sich eigentlich mit Autismus? Das hat mir Sophie Gmeiner erklärt. Sie ist angehende Ärztin, YouTuberin, Künstlerin und am Spektrum. Wie sie die Welt erlebt, die Herausforderungen, Stärken, Vorurteile – und was wir alle darüber wissen sollten. Jetzt in Folge 332 von Erklär mir die Welt.
🙆 Sophie Gmeiner studiert Medizin in Wien, malt und betreibt den YouTube-Kanal The Artistic Autist.
Was nehme ich mir mit?
1. Das Nervensystem von Autisten funktioniert anders. Sie nehmen Reize anders, intensiver, wahr, ob jetzt Töne, Licht oder Berührungen. Das führt oft schnell dazu, dass man überfordert ist, Pausen braucht oder sich öfter zurückziehen möchte.
2. Kommunikation kostet viel Energie. Autisten sind direkter, ehrlicher, reagieren anders auf bestimmte soziale Signale. Damit sie nicht auffallen, verstellen sich viele, was extrem anstrengend ist. Sophie hat es damit verglichen, ständig ein Referat zu halten.
3. Was normal ist ist relativ. Sophie hat das super auf den Punkt gebracht: Würde es mehr neurodivergente Personen geben als neurotypische, man könnte sagen: Wie komisch, dass die sich immer in die Augen schauen, sie schaffen es nicht, sich auf ein Thema komplett zu fokussieren und denen fallen viele kleine Dinge überhaupt nicht auf.
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