Thomas Fromm, SZ-Wirtschaftsreporter, spricht über die Herausforderungen der Bayer AG, die von einer drastischen Wertminderung betroffen ist. Die verheerenden Folgen der Monsanto-Übernahme stehen im Mittelpunkt, einschließlich der Klagen gegen Glyphosat, die Bayer belasten. Der neue CEO Bill Anderson versucht, Strukturen zu reformieren und Verantwortung zu verteilen. Doch wird er den Traditionskonzern retten können? Die aktuelle Situation wird mit historischen Entwicklungen und geopolitischen Unsicherheiten verknüpft.
Die missratene Übernahme von Monsanto hat Bayer mit erheblichen finanziellen Risiken und zehntausenden Klagen konfrontiert, die den Unternehmenswert stark verringerten.
Der neue CEO Bill Anderson verfolgt eine Strategie zur Umstrukturierung des Unternehmens, indem er Hierarchieebenen abbaut und mehr Eigenverantwortung der Mitarbeitenden fördert, um die Krise zu bewältigen.
Deep dives
Die Auswirkungen der Monsanto-Übernahme
Die Übernahme von Monsanto im Jahr 2018 durch Bayer galt als einer der größten Fehltritte in der deutschen Unternehmensgeschichte, da sie mit einer Welle von Klagen und hohen finanziellen Risiken verbunden war. Der Kauf von Monsanto für 63 Milliarden US-Dollar brachte zehntausende Klagen mit sich, bei denen Kläger ihre Krebserkrankungen mit dem Glyphosat-haltigen Produkt Roundup in Verbindung bringen. Während verschiedene Institutionen unterschiedliche Einschätzungen zur Schädlichkeit von Glyphosat abgeben, hält Bayer daran fest, dass das Produkt sicher ist und weiterhin weltweit verkauft wird. Diese Situation hat dazu geführt, dass Bayer vor enormen finanziellen Herausforderungen steht, die letztlich ihren Unternehmenswert erheblich geschmälert haben und die Zukunft des Unternehmens in Frage stellen könnten.
Bayers wirtschaftliche Krise und Management-Strategie
Bayer befindet sich in einer tiefen wirtschaftlichen Krise, die durch einen drastischen Rückgang des Börsenwertes und hohe Schulden gekennzeichnet ist. Der Aktienkurs fiel von fast 140 Euro im Jahr 2015 auf unter 20 Euro, was den Druck auf das Management erhöht hat, drastische Veränderungen herbeizuführen. Der neue CEO Bill Anderson hat bereits über 3000 Stellen gestrichen und versucht, die Unternehmensstruktur zu ändern, um hierarchische Ebenen abzubauen und mehr Eigenverantwortung in den Mitarbeitern zu fördern. Diese Strategie kann jedoch riskant sein, da sie sowohl Chance als auch Möglichkeit zu interner Anarchie bietet und die Unsicherheiten rund um Glyphosat weiterhin die Prognosen für die Zukunft des Unternehmens belasten.
Kritik und Herausforderungen für Bayer in Deutschland
Bayer steht vor enormen Herausforderungen, die nicht nur auf die unternehmensinternen Entscheidungen, sondern auch auf die allgemeine wirtschaftliche Lage in Deutschland zurückzuführen sind. Hohe Energiepreise, Bürokratie und geopolitische Unsicherheiten tragen zur allgemeinen Standortkrise bei, die sich auch in der Industriestruktur widerspiegelt. Trotz dieser externen Faktoren sind viele der finanziellen Probleme von Bayer selbstverschuldet, insbesondere die undurchdachte Übernahme von Monsanto. Experten sind sich uneins, ob Bayer ein Beispiel für die Krise des Standorts Deutschland ist, da die Ursachen tief in der Unternehmensstrategie verwurzelt sind und nicht ausschließlich auf die gegenwärtigen wirtschaftlichen Bedingungen zurückgeführt werden können.
Die Bayer AG: Das ist ein 1863 gegründetes deutsches Unternehmen aus Leverkusen mit noch immer etwa 100 000 Beschäftigten. Heute ist Bayer ein global tätiger Medikamentenhersteller und zugleich der weltweit größte Anbieter von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln. Noch vor zehn Jahren lag Bayers Börsenwert bei 120 Milliarden Euro, doch inzwischen ist der Aktienkurs am Boden: Die Bayer AG ist aktuell keine 20 Milliarden Euro mehr wert. Hinzu kommen Schulden in Höhe von 35 Milliarden Euro.
Die Schwierigkeiten des Traditionsunternehmens resultieren vor allem aus dem 2018 vollzogenen Kauf des US-Agrochemiekonzerns Monsanto für 63 Milliarden Dollar. Das war einer der größten Fehlgriffe in der gesamten Geschichte deutscher Unternehmen. “Wäre Bayer ein Mensch, läge er vermutlich längst auf der Intensivstation”, schreiben die SZ-Wirtschaftsredakteure Elisabeth Dostert, Björn Finke und Thomas Fromm in einer großen Reportage in der Süddeutschen Zeitung.
Denn mit Monsanto übernahm Bayer Gerichtsprozesse und Zehntausende Klagen von Menschen, die dem Monsanto-Produkt Round-up mit seinem Wirkstoff Glyphosat ihre Krebserkrankung zuschreiben. Jetzt soll der Texaner Bill Anderson den Konzern retten. Der neue Bayer-Chef versucht, den Konzern umzubauen, indem er Hierarchieebenen auflöst und mehr Eigenverantwortung der Mitarbeitenden fördert. Doch reicht das? Darüber spricht SZ-Wirtschaftsreporter Thomas Fromm bei “Das Thema” - dem Recherchepodcast der Süddeutschen Zeitung.