Thomas Wallnig, Historiker an der Universität Wien, nimmt uns mit auf eine spannende Reise durch die verworrene Geschichtsschreibung Österreichs. Er diskutiert, wie das Maria-Theresia-Denkmal unsere Sicht auf weibliche Herrschaft prägt und hinterfragt, was Fakt und was Legende ist. Wallnig beleuchtet die Ursprünge populärer Mythen wie der Schleierlegende und klärt über die historische Bedeutung der Osterichie-Urkunde auf. Was bleibt ist die Frage, wie stark Geschichte und Identität miteinander verwoben sind.
Maria Theresia wird oft als Gründungsfigur inszeniert, wobei ihre Herrschaft romantisiert und die negativen Aspekte ihrer Politik vernachlässigt werden.
Historische Mythen wie das Privilegium Minus und Maius formen die nationale Identität Österreichs und reflektieren komplexe politische Strukturen der Zeit.
Deep dives
Die Rolle von Maria Theresia in der österreichischen Geschichte
Maria Theresia wird oft als zentrale Gründungsfigur in der österreichischen Geschichte betrachtet, was durch ihre Inszenierung im späten 19. Jahrhundert verstärkt wurde. Historische Narrativen und Denkmäler, die sich um sie ranken, zeigen, wie männlich dominierte Strukturen weibliche Herrschaft darstellen und aufwerten können. Die Forschung hat jedoch deutlich gemacht, dass das Bild von Maria Theresia auch eine mediale Strategie ist, die dazu dient, ein positives Licht auf ihre Herrschaft zu werfen. Gleichzeitig werden die dunklen Seiten ihrer Herrschaft, wie die Verfolgung von Protestanten und Juden, häufig ausgeblendet, was zu einer verzerrten Sicht der Geschichte führt.
Konstruktion und Bedeutung von Gründungsmythen
Gründungsmythen in der österreichischen Geschichte sind oft konstruierte Erzählungen, die nicht die tatsächlichen historischen Verhältnisse widerspiegeln. Viele dieser Mythen stammen aus späteren Zeiten und sind eng mit der kulturellen und politischen Identität verbunden, die sie repräsentieren. Beispiele wie die Schleierlegende und das Privilegium Minus zeigen, wie Erzählungen verwendet werden, um eine nationale Identität und rechtliche Grundlagen zu schaffen. Diese Mythen schaffen einen Rahmen, innerhalb dessen sich Menschen mit ihrer Geschichte verbinden können, auch wenn die tatsächliche Geschichte komplexer ist und oft andere gesellschaftliche Realitäten beinhaltet.
Rechtliche Grundlagen und historische Dokumente
Wichtige Urkunden wie das Privilegium Minus und das Privilegium Maius haben eine grundlegende Bedeutung für die rechtliche Definition und Etablierung von Österreich. Diese Dokumente werfen ein Licht auf die politischen Strukturen und Machtverhältnisse, die zur Bildung Österreichs führten, indem sie beispielsweise Rechte und Pflichten für die Babenberger festlegten. Im Gegensatz zu den populären Mythen sind diese rechtlichen Dokumente konkret und spekulieren nicht über eine glorreiche Vergangenheit, sondern definieren die politischen Realitäten der Zeit. Solche rechtlichen Grundlagen zeigen, dass Österreich nicht einfach aus dem Nichts entstand, sondern in einen komplexen historischen Kontext eingebettet war, der verschiedene Institutionen und Interessen vereinte.
„Es war um 1780 und es war in Wien …“ – nicht nur Falco schrieb im „Amadeus“ an der Geschichte Österreichs weiter. Auch zum Beispiel das Maria-Theresien-Denkmal an der Wiener Ringstraße prägt unseren Blick auf die Vergangenheit – zwei Dutzend Männer heben die prominente Habsburgerin auf ihren Schild, eine Frau, die als große Sympathieträgerin ihrer Dynastie alles, was vor ihr war, in ihren Schatten stellt. Ist das, was wir heute unter Historie verstehen, am Ende nur ein Konstrukt? Was ist faktisch, was nur Legende? Im Gespräch mit Mariella Gittler führt der Historiker Thomas Wallnig durch die verschlungenen Wege unserer Geschichtsschreibung.
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