#04 Russisches Roulette für die Glaubwürdigkeit der Kultur - mit Axel Brüggemann
Aug 9, 2024
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Axel Brüggemann, Klassikexperte, Journalist und Gründer des investigativen Portals Backstage Classical, beleuchtet die gefährlichen Verstrickungen zwischen Kultur und Politik im Kontext des Ukraine-Kriegs. Er diskutiert die Rolle von Künstlern wie Theodor Kurenzis und Anna Netrebko, die von russischen Geldgebern beeinflusst sind. Zudem wird die Entscheidung von Justus Franz thematisiert, in politisch heiklen Kreisen verkehren zu wollen. Brüggemann warnt vor den Herausforderungen des Kulturjournalismus in Zeiten sinkender Aufmerksamkeit.
Die Verbindungen russischer Kulturakteure zur Politik müssen genau untersucht werden, um die Rolle von Kunst als Propaganda zu verstehen.
Investigativer Journalismus im Kulturbereich wird als entscheidend angesehen, um Finanzierungsquellen und deren Einfluss auf die Kultur zu analysieren.
Deep dives
Kulturelle Verstrickungen mit Russland
Die Diskussion über die Verbindungen russischer Kulturakteure zur Politik entsteht in einem Kontext, der oft vernachlässigt wird. Es wird betont, dass diese Verbindungen in der Klassikszene, ähnlich wie im Sport, ernsthaft untersucht werden müssen, da Russland Kultur als ein Werkzeug der Propaganda nutzt. Dabei wird konkret auf den Dirigenten Theodor Kurenzis eingegangen, dessen Einfluss und Verbindungen nach der Annexion der Krim besonders problematisch sind. Sein Zugang zu russischen Geldern, insbesondere durch die VTB-Bank, führt zu Fragen über die Verantwortung von Künstlern in der politischen Landschaft und zur Verbindung zwischen Kunst und politischen Interessen.
Investigativer Kulturjournalismus als Weg zur Klarheit
Axel Brüggemann plädiert für den Ansatz des investigativen Journalismus im Kulturbereich, um die oft im Dunkeln bleibenden finanziellen und politischen Verstrickungen ans Licht zu bringen. Ein Beispiel wird angeführt, um zu verdeutlichen, dass der Kulturjournalismus nicht ein Ort der Unschuld ist, sondern mit denselben Problematiken wie der Politik und Wirtschaft konfrontiert ist. Die Notwendigkeit, die Herkunft von Geldern und Sponsoren zu analysieren, wird als entscheidend angesehen, um die Integrität der Kultur zu wahren. Zentrale Themen sind die Schweigespiralen in der Kultur und die verhängnisvolle Naivität, die dazu führt, dass viele diese Verknüpfungen als irrelevant abtun.
Mangelnde Verantwortung in der Kulturszene
Die Kultur wird oft als unpolitisch angesehen, was es schwierig macht, ethische Dilemmata zu adressieren, die mit der Finanzierung und den Verbindungen zu kriegsfördernden Branchen einhergehen. Künstler und Institutionen werden aufgrund ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeiten zu potenziellen Komplizen von politischen Agenden und Kriegspropaganda gemacht. Brüggemann betont, dass gerade in der Kultur eine besondere Verantwortung besteht, sich zu positionieren und kritisch zu reflektieren, welche Werte man vertritt. Es wird argumentiert, dass das Ignorieren dieser Verhältnisse nicht nur künstlerisch, sondern auch moralisch problematisch ist.
Die Notwendigkeit eines Veränderungen im Journalismus
Brüggemann hebt hervor, dass sich der Kulturschaffende Journalismus in einer Krise befindet, da viele wichtige Stimmen und Strukturen verloren gehen. Es wird ein Bedarf an transparenterem, frei finanziertem Journalismus in der Kultur erkannt, um kritische Themen wie die Verbindung von Kultur und Politik durchleuchten zu können. Dabei werden eigene Plattformen und Netzwerke als Lösungsansatz vorgestellt, um unabhängig arbeiten und robusten, investigativen Journalismus betrieben zu können. Der Aufruf zur Selbstermächtigung im Journalismus wird als eine notwendige Antwort auf die Herausforderung angesehen, die sich aus den aktuellen politischen Verhältnissen ergibt.
Ob des russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine spricht Europa längst von einem neuen "Kalten Krieg" inklusive Sanktionen gegen das Regime in Moskau. Derweil kämpft Österreich mit einem Spionageskandal mitten im Geheimdienstmilieu - und mit Verstrickungen, die weit in den Kulturbetrieb hinreichen. Episodengast Axel Brüggemann, sachkundiger Aufdecker der ersten Stunde, gibt einen Überblick.
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