"Don't freak out about Kickl": Wie Alexander Schallenberg die EU-Spitzen beruhigt
Jan 13, 2025
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Oliver Grimm, EU-Korrespondent der 'Die Presse', gibt spannende Einblicke in die aktuelle politische Lage in Österreich. Er erklärt, wie die EU auf die Regierungsverhandlungen von ÖVP und FPÖ reagiert hat und warum Übergangskanzler Schallenberg in Brüssel für Beruhigung sorgt. Grimm beleuchtet die Herausforderungen des EU-Budgets und die mögliche Politik unter einem rechtspopulistischen Kanzler. Zudem diskutiert er die unterschiedlichen Positionen zur Atomkraft und die begrenzten Einflussmöglichkeiten von Herbert Kickl im EU-Rat.
Die österreichische Regierung plant, das Budgetdefizit unter 3 % zu halten, während sie gleichzeitig kurzfristige Einsparungen von 6 Milliarden Euro umsetzt.
Die Ernennung von Herbert Kickl könnte den Einfluss und die Dynamik Österreichs in der EU verändern und Herausforderungen für integrative Politiken verstärken.
Deep dives
Schnelle Regierungsbildung und Budgetpfad
Nach nur zwei Verhandlungstagen präsentierten die neuen Koalitionspartner FPÖ und ÖVP einen effizient erarbeiteten Budgetpfad, der den EU-Kriterien entsprechen soll. Die Geschwindigkeit der Einigung wurde durch bereits geleistete Vorarbeiten für eine gescheiterte Dreierkoalition begünstigt, was bedeutete, dass viele grundlegende Zahlen und Sparideen bereits zuvor vorhanden waren. Dies stellt einen bemerkenswerten Richtungswechsel in der österreichischen Politik dar, nachdem die FPÖ in der vorherigen Koalition an Ansehen verloren hatte. Unter großem Zeitdruck wird der Finanzminister nun den Plan in Brüssel zur EU-Kommission bringen, um die Einhaltung der Haushaltsregeln zu sichern.
EU-Kommission und Sparmaßnahmen
Die österreichische Regierung sieht sich mit der Herausforderung konfrontiert, das Budgetdefizit unter der kritischen 3%-Marke zu halten, während gleichzeitig ein strukturelles Einsparvolumen von 6 Milliarden Euro beschlossen wurde. Die geplanten Einsparungen sollen ohne Steuererhöhungen durch Streichungen von Förderungen, insbesondere ökologischen, erreicht werden. Diese kurzzeitigen Einsparungsmaßnahmen könnten jedoch nicht ausreichen, um langfristige fiskalische Probleme zu lösen, da sie in den kommenden Jahren nicht wiederholbar sind. Wenn Österreich weiterhin die Defizitobergrenze überschreitet, könnte dies zu einem Verfahren der EU wegen übermäßiger Verschuldung führen, das möglicherweise auch Sanktionen nach sich zieht.
Österreichs Rolle in der EU und Populismus
Die mögliche Ernennung von Herbert Kickl zum Bundeskanzler könnte die голос und die Dynamik innerhalb der EU verändern, da er nicht der erste rechtspopulistische Führer in einem Mitgliedstaat wäre. Es wird spekuliert, dass sein Einfluss im Europäischen Rat begrenzt sein könnte, obwohl er mit seiner Partei möglicherweise mehr Veto-Optionen einbringen würde. Taktisch könnte er dem Populismus in Europa eine stärkere Stimme verleihen, insbesondere im Hinblick auf Versuche, die EU-Politik zu destabilisieren. Dies könnte die Herausforderungen für die EU bei der Koordination und Durchsetzung gemeinsamer Politiken, insbesondere in Krisenzeiten, erheblich erhöhen.
Zukünftige Herausforderungen für die Koalition
Die neue Koalition zwischen der FPÖ und der ÖVP steht vor mehreren Herausforderungen, besonders in der Haushalts- und Asylpolitik. Die schnellen Einsparmaßnahmen und Budgetbeschlüsse könnten nur kurzfristige Lösungen bieten, während die tief verwurzelten strukturellen Probleme des österreichischen Sozialsystems ungelöst bleiben. Besondere Schwierigkeiten könnten in Bezug auf die Rückführung von Flüchtlingen auftreten, die durch europäische Rechtsvorschriften und Gerichtsurteile eingeschränkt ist. Darüber hinaus könnte das Bestreben der FPÖ, die EU-Mitgliedschaft Österreichs in Frage zu stellen, zu ernsthaften Spannungen innerhalb der bestehenden politischen Strukturen führen.
Drei Dinge, die Sie aus dem Gespräch mitnehmen können:
Die EU hat "mit großer Überraschung" auf die Kehrtwende der ÖVP und den Eintritt in Regierungsverhandlungen mit der FPÖ reagiert, erzählt Oliver Grimm. Darum ist Übergangskanzler Alexander Schallenberg auch seit dem Wochenende damit beschäftigt, die EU-Spitze zu beruhigen. Im "Brussels Playbook" von "Politico" hieß es dazu: "Austrian Leader’S Damage Control Trip: Austria’s interim leader Alexander Schallenberg is in town today to reassure top EU officials that his country isn’t headed down a dark path as the hardline right-winger Herbert Kickl prepares to become chancellor. Schallenberg’s message: ,Austria is and will remain a reliable, constructive and strong partner in the European Union and around the world,' according to comments shared with Playbook. In other words: Don’t freak out about Kickl. We’ve got this under control."
Das EU-Defizitverfahren war von Anfang an unwahrscheinlich, das Budgetproblem ist mit dem ersten groben Entwurf eines Budgetpfades für 2025 und 2026 noch nicht gelöst, sagt Oliver Grimm. Im Podcast erklärt er warum.
Sollte Kickl Kanzler werden, dann wird sein Einfluss im EU-Rat "begrenzt" sein, glaubt Oliver Grimm. Es sei auch nicht gesagt, dass er in allen Fragestellungen einer Meinung mit Viktor Orbán oder Robert Fico sein werde, in punkto Atomenergie liegen Kickl und Orbán zum Beispiel weit auseinander.
Gast: Oliver Grimm, EU-Korrespondent "Die Presse"
Moderation: Anna Wallner, Leitung Audio
Schnitt: Audiofunnel/Dominik Lanterdinger