Julian Nebel, Experte für Adele Spitzeder und Autor, erzählt die packende Geschichte einer arbeitslosen Schauspielerin, die im 19. Jahrhundert eine betrügerische Bank aufbaute. Sie schaffte es, ein Schneeballsystem in München zu etablieren, das als einer der größten Betrugsfälle Bayerns gilt. Nebel beleuchtet Adele Spitzeders Aufstieg und den dramatischen Fall ihrer Bank sowie die gesellschaftlichen Umbrüche ihrer Zeit. Zudem thematisiert er die Gefahren von Schneeballsystemen und deren anhaltende Anziehungskraft auf Menschen in finanzieller Not.
Adele Spitzeder nutzte ihre Fähigkeiten als Schauspielerin, um Vertrauen bei Anlegern zu gewinnen und ein betrügerisches Schneeballsystem aufzubauen.
Der Fall von Adele Spitzeder verdeutlicht die gesellschaftlichen Probleme des 19. Jahrhunderts, in denen Menschen aufgrund von Hoffnung in finanzielle Nöte gerieten.
Deep dives
Die Geschichte von Adele Spitzeder
Adele Spitzeder war eine faszinierende Figur, die im 19. Jahrhundert in München lebte und eine Rolle in einem der größten Betrugsfälle dieser Zeit spielte. Geboren 1832, erlebte sie finanzielle Rückschläge in ihrer Schauspielkarriere, was sie dazu brachte, Geld von Freunden und Bekannten zu leihen, um ihre Schulden zu begleichen. Als sie keine Theaterarbeit fand und in finanzielle Schwierigkeiten geriet, entwickelte sich aus ihrer Verzweiflung ein betrügerisches System, in dem sie versuchte, ihr eigenes Glück und das anderer durch Geldanlagen zu verbessern. Ihre ersten Kunden gewann sie durch Mundpropaganda und angebliche großartige Renditen, die sie versprach, was den Stein ins Rollen brachte und das Schneeballsystem in Gang setzte.
Der Betrug und das Schneeballsystem
Adele Spitzeder nahm das Geld von neuen Anlegern und verwendete es, um die versprochenen Zinsen an frühere Anleger auszuzahlen, was den Anschein eines legitimen Geschäfts erweckte. Schnell gewann sie durch diese Praxis das Vertrauen zahlreicher Investoren und die Zahl ihrer Kunden wuchs rasant, was zu einer enormen Bereicherung führte. Durch strategisches Marketing, soziale Veranstaltungen und die einmalige Gründung der Münchner Volksküche genoss sie wachsende Popularität, während sie im Hintergrund weiterhin Gelder einsammelte. Sie schuf damit nicht nur eine Bank, sondern auch eine Art Gemeinschaftsgefühl unter den Menschen, die ihr vertrauten, und verstärkte ihren finanziellen Einfluss in der Stadt.
Der Untergang der Spitzederschen Bank
Mit der rasanten Expansion der Bank begannen bald auch erste Gerüchte über die Echtheit des Geschäftsmodells zu kursieren, was die Skepsis und das Misstrauen der Öffentlichkeit schürte. Trotz ihrer Bemühungen, sich durch Einflussnahme in der Presse und durch Bestechung einen positiven Ruf zu bewahren, blieben die negative Berichterstattung und die Bedenken nicht aus. Als im Jahr 1872 erste Kundinnen und Kunden versuchten, ihre Ersparnisse zurückzuziehen, kam es zu einem massiven Rückzug von Geldern, was die Bank in die Krise stürzte. Schließlich wurde die Dachauer Privatbank von Adele Spitzeder im November 1872 geschlossen, und viele ihrer Gläubiger, darunter arme und verzweifelte Familien, verloren ihr gesamtes Erspartes.
Das Vermächtnis von Adele Spitzeder
Nachdem der Betrug aufgeflogen war, flog Adele Spitzeder vor Gericht und erhielt eine Haftstrafe von drei Jahren, was zu einem großen öffentlichen Spektakel führte, das die Stadt München in Atem hielt. Ihr Fall zog weite Kreise und zeigte auf eindringliche Weise die gesellschaftlichen Probleme der Zeit, in der Menschen aufgrund ihrer Hoffnungen auf finanziellen Aufstieg und Wohlstand in gefährliche Fallen tappten. Trotz ihrer Verurteilung und dem nachfolgenden Leben in Dunkelheit und Anonymität hinterließ sie eine bleibende Erinnerung an die Vulnerabilität der Arbeiterklasse in der aufkommenden Industrialisierung und das Potenzial für solche Betrügereien in Zeiten des Wandels. Ihr Vermächtnis lebt in der Erinnerung an die Opfer des Betrugs weiter, während sie selbst in der städtischen Geschichte kaum Spuren hinterließ.
Eine Geschichte über ein Schneeballsystem im Bayern des 19. Jahrhunderts
Wir springen diesmal zurück ins 19. Jahrhundert, der Ort des Verbrechens ist München. Und ja, es geht tatsächlich um ein Verbrechen. Denn um 1870 herum baut die arbeitslose Schauspielerin Adele Spitzeder eine Privatbank auf, die als einer der größten Betrugsfälle Bayerns des 19. Jahrhunderts in die Geschichte eingehen wird.
Vielen Dank an Julian Nebel, der für diese Episode als Experte zur Verfügung stand.
Sein vor einigen Tagen veröffentlichtes Buch über Adele Spitzeder gibt’s entweder über den Verlag direkt, oder über Amazon zu kaufen.
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