Thomas Wallnig, Historiker an der Universität Wien, beleuchtet die Reformen von Kaiser Joseph II. und dessen Leitspruch "Alles für das Volk, nichts durch das Volk". Er diskutiert die Widersprüche seines Josefinismus und versucht, den Einfluss dieser Änderungen auf Bildung, Religion und Rechtssystem zu verstehen. Wallnig erklärt auch, wie Josef II. inkognito durchs Land reiste und sich mit den Menschen auseinandersetzte, sowie die Auswirkungen seiner Politik auf die heutige Gesellschaft und die ambivalente Rolle des Adels.
Josef II. implementierte weitreichende Reformen, die die gesellschaftliche Struktur stärkten, aber dabei auch seine Macht sicherten.
Seine inkognito Reisen als Graf von Falkenstein Symbolisierten einen neuen Zugang zur Herrschaft, der auf Bürgernähe abzielte.
Deep dives
Die Reformen des Josefinismus
Josef II., regierend im späten 18. Jahrhundert, führte ein umfassendes Reformprogramm ein, das als Josefinismus bekannt wurde. Diese Reformen betrafen Bildung, Verwaltung, Religionspolitik und soziale Wohlfahrt, und umfassten Maßnahmen wie Klosteraufhebungen, das Toleranzpatent und Pressefreiheit. Diese Veränderungen wurden oft als progressiv angesehen und brachten frischen Wind in die Habsburger Monarchie. Dennoch waren viele dieser Reformen umstritten und einige wurden von Josef II.s Nachfolger, Leopold II., wieder zurückgenommen.
Josef II. und die politische Inszenierung
Josef II. inszenierte sich als volksnaher Herrscher, indem er inkognito in seinen Herrschaftsgebieten reiste, um die Bedürfnisse der Bevölkerung aus erster Hand zu erfahren. Diese Reisen fanden oft im kleineren Rahmen statt, wodurch er höfische Zeremonien umging und eine Verbindung zu seinem Volk herstellte. Diese Inszenierung wurde als Teil einer neuen politischen Persona betrachtet, die im 18. Jahrhundert entstand und die Idee eines zugänglichen Politikers förderte. Die positive Wahrnehmung dieser Strategie wurde durch die sich entwickelnde öffentliche Meinung und die Verbreitung von Informationen in Broschüren und Flugblättern unterstützt.
Winners and Losers des Josefinismus
Vom Josefinismus profitierten insbesondere die einfache Bevölkerung und der aufstrebende Beamtenstand, während die katholische Kirche erhebliche Machtverluste hinnehmen musste. Mit der Abschaffung der Leibeigenschaft und dem Toleranzpatent erlangten viele Bürger rechtliche Annehmlichkeiten, die zuvor nicht zugänglich waren. Der Adel fand sich in einer ambivalenten Lage, da einige Trost schöpfen konnten, während die Traditionen und Strukturen der alten Eliten nach und nach erodierten. Diese Entwicklungen führten zu einem neuen soziale Denken, das in Teilen bis in die heutige Zeit fortwirkend ist.
Mit Joseph II. verbindet man gemeinhin ein aufgeklärtes und umfassendes Reformprogramm, viele Veränderungen in Bereichen der Bildung, der Kirche bis hin zum Beamtentum gehen auf ihn zurück. Doch war der bis heute beliebte Habsburger als Vertreter des aufgeklärten Absolutismus zu seiner Zeit und danach nicht ganz unumstritten. Sein Leitspruch „Alles für das Volk, nichts durch das Volk“ verdeutlicht bereits, dass seine Fortschrittlichkeit auch ihre Grenzen hatte und wesentlich auch ein Instrument der eigenen Machtabsicherung war. In dieser Folge des Podcasts redet Mariella Gittler mit dem Historiker Thomas Wallnig über den Josephinismus, seine Auswirkungen auf die Gesellschaft und warum der Kaiser unter dem Pseudonym Graf von Falkenstein inkognito durch sein Land reiste.
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