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VERSCHWÖRUNG? – Die Tempelritter

Nov 17, 2023
22:00

Eigentlich wollten die Tempelritter nur das Grab Christi in Jerusalem und die Pilger schützen. Doch bald wurden die Templer Polit-Strategen und Bankiers. Ihr dramatisches Ende machte sie zu Stars in Mystery-Romanen. Wer hatte ein Interesse an ihrer Ausrottung? Haben sie in Form von Geheimgesellschaften überlebt? Und was haben die Templer mit dem heiligen Gral zu tun? Autor: Christian Feldmann (BR 2010)

Credits
Autor/in dieser Folge: Christian Feldmann
Regie: Sabine Kienhöfer
Es sprachen: Hemma Michel, Andreas Neumann, Stefan Wilkening, Detlef Kügow
Technik: Cordula Wanschura
Redaktion: Brigitte Reimer

Linktipp:

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Weitere Folgen zur Staffel:

VERSCHWÖRUNG? - Die Illuminaten

VERSCHWÖRUNG? - Das Haberfeldtreiben

Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.

Alles Geschichte finden Sie auch in der ARD Audiothek:
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Timecodes (TC) zu dieser Folge:

TC 00:00 – Intro

TC 02:10 – Die Tempelritter – der Beginn

TC 04:27 – Zwischen Tapferkeit und Frömmigkeit

TC 07:23 – Die Macht der Tempelritter

TC 09:00 – Der König und die Scheiterhaufen

TC 15:10 – Justizskandal

TC 16:52 – Legenden und Verschwörungen

TC 18:51 – Outro 

Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:

TC 00:00 – Intro 

ATMO nächtliche Verhaftung: Pferdetrippeln und –wiehern, Kommandos, eingeschlagene Türen, Schreie (?)

Erzählerin:

An einem Freitag, dem Dreizehnten, brach die Katastrophe über die Tempelritter herein. Im Morgengrauen des 13. Oktober 1307 schwärmten in ganz Frankreich Verhaftungstrupps aus. In zahlreichen Burgen dasselbe Spiel: Man überrumpelte die Wachen, holte die schlaftrunkenen Ritter aus den Betten, legte sie in Ketten und führte sie ab. Genauso hatte es der König in versiegelten Briefen an die Justizbeamten befohlen, die bei Todesstrafe erst am Morgen dieses Tages geöffnet werden durften.

ATMO kurz hoch

Erzählerin:

Wie viele Tempelritter an diesem schwarzen Freitag in die Kerker des Königs geworfen wurden, lässt sich nicht mehr genau feststellen. Verhört hat man in den folgenden Monaten jedenfalls an die neunhundert. Aber was heißt da verhört; die Krone hatte angeordnet:

Erster Zitator:

Die Wahrheit ist genau und nötigenfalls mit der Folter zu erforschen.

Erzählerin:

Was das bedeutete, lässt sich erahnen, wenn man die Aussagen der so Behandelten im späteren Gerichtsverfahren liest. 

ATMO Folter: Mörderische Schreie, hallend (?)

Zweiter Zitator:

Man hat mir die Hände so auf den Rücken gebunden, dass das Blut aus den Nägeln lief. Dann warf man mich in eine Grube, für ungefähr eine Stunde.

Erzählerin:

So der Ritter Ponsard de Gisy. Sein Mitbruder im Orden, Gérard du Passage, berichtet, man habe seinen Körper hochgezogen und an die Gliedmaßen und Geschlechtsteile Gewichte gehängt, bis er ohnmächtig geworden sei. 

Erzähler:

Weshalb diese Torturen? Was sollten die Ritter gestehen? Gotteslästerliche Handlungen, die Anbetung von Götzen, Kontakte zu Geheimbünden und muslimischen Bruderschaften und – besonders pikant – homosexuelle Praktiken. Wozu sich unter der Folter tatsächlich nicht wenige bekannten.

Erzählerin:

Götzendienst, Ketzerei, Sodomie? Ausgerechnet die Tempelritter, der Elite-Orden des Mittelalters, dessen Mitglieder im Heiligen Land zu Hunderten für ihren Glauben gestorben waren? Es ist eine sonderbare und traurige Geschichte.

Melancholische, vielleicht fremdländische Musik (Flöte? Laute?)

TC 02:10 – Die Tempelritter – der Beginn

Erzähler:

Diese Geschichte beginnt im Jahr des Herrn 1120 in Jerusalem. Da sprechen neun Ritter aus Burgund und der Champagne unter der Führung eines gewissen Hugue de Payens bei König Baudoin II. vor. Sie erläutern ihm ihre Absicht, eine Gemeinschaft zu gründen, um die Pilger auf ihrem Weg zu den heiligen Stätten vor Räubern und Wegelagerern zu schützen. Eine bewaffnete Truppe, die aber nach dem Vorbild frommer Stiftsherren in Armut, Keuschheit und Gehorsam zusammenleben soll. 

Erzählerin:

König Baudoin ist begeistert. Er schenkt den Franzosen spontan einen Teil seines Palastes in Jerusalem, der auf den Fundamenten des salomonischen Tempels steht. 

Dort baut die Gemeinschaft ihre erste Niederlassung, neben dem Felsendom, der heutigen Al-Aksa-Moschee, und von daher bekommt sie ihren Namen: die Ritter vom Tempel Salomons, die Templer.

Erzähler:

Neun Jahre später erhalten die Tempelritter auf der Synode von Troyes ihre kirchliche Anerkennung. Bald sind sie nicht nur in Palästina, sondern in allen Teilen Europas präsent, in England, Norditalien, Deutschland, Böhmen, Ungarn, Polen. 

Erzählerin:

Anfang des 14. Jahrhunderts, als die große Verhaftungswelle durch Frankreich rollt, dürfte es im ganzen Abendland an die viertausend Templer gegeben haben. Sie sind berühmt für zwei Dinge: für ihren Kampfgeist und ihre disziplinierte, asketische Lebensweise. In Palästina schützen sie längst nicht mehr nur die Pilgerwege, sondern führen Kriege mit islamischen Truppen. 1167 heißt es in einem für Pilger bestimmten Traktat:

ATMO Schlacht: Pferdegetrappel, Hornsignale, Kommandorufe, Schwertergeklirr, Todesschreie

Erster Zitator:

„Die Templer sind ausgezeichnete Ritter, die in der Schlacht einen weißen Mantel mit rotem Kreuz tragen. Sie sind die Ersten, die in die Schlacht gehen, und die Letzten, die zurück kommen. Erklingt die Trompete, um den Befehl zum Vorrücken zu geben, singen sie fromm diesen Psalm Davids: „Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern deinem Namen gib die Ehre!“, legen die Lanzen ein und stürzen sich auf den Feind. Einen Rückzug erlauben sie sich nie. Entweder werfen sie den Feind ganz nieder, oder sie sterben.“

TC 04:27 – Zwischen Tapferkeit und Frömmigkeit 

Erzählerin:

Sie müssen tatsächlich ausgesprochen tapfere Krieger gewesen sein. Als sie 1187 bei Hattin in Galiläa eine Niederlage erleiden, stellt Sultan Saladin 230 gefangene Templer vor die Alternative, zum Islam überzutreten oder zu sterben. Alle 230 Ritter ziehen es vor, sich köpfen zu lassen. 

Um 1219 entert eine sarazenische Übermacht vor Damiette ein Schiff der Templer: Kurz entschlossen schlagen sie das eigene Schiff leck und gehen zusammen mit den Feinden unter. 

Zweiter Zitator:

„Wilder als Löwen und sanfter als Lämmer –

Erzählerin:

– nennt sie der mystische Theologe und Kreuzzugsprediger Bernhard von Clairvaux und trifft damit die andere Seite des Templer-Lebens. In ihren burgähnlichen Abteien leben sie wie Mönche, wenn sie sich auch mehr um ihre Waffen und Pferde kümmern müssen als um die Landwirtschaft oder das Abschreiben der Bibel, wie es andere Ordensleute tun. Das Chorgebet pflegen sie genauso intensiv, und ihre Armut beeindruckt viele Beobachter.

Zweiter Zitator:

„Jeder bekam ein gleiches Maß Wein; je zwei aßen von einem Teller, um sich gegenseitig zur Mäßigkeit anzuhalten. Freitags fastete jeder, mit Ausnahme der Kranken.“

Erzähler:

In diesen Zusammenhang gehört auch das Siegel der Templer, das zwei Ritter hintereinander auf einem Pferd sitzend zeigt. Als man ihnen den Prozess macht, führt man diese Darstellung als Beweis für homosexuelle Verirrungen an. Die Forschung ist sich aber ziemlich sicher, dass das Siegel die Armut der Tempelritter illustrieren soll, von denen sich zwei jeweils ein Pferd teilen. Geistliche Autoren wie Petrus Venerabilis haben ihnen jedenfalls ins Stammbuch geschrieben, sie sollten nicht nur gegen Heiden und Strauchdiebe kämpfen, sondern auch gegen die Versuchungen des eigenen Blutes:

Erster Zitator:

„Ihr seid Mönche in euren Tugenden, Ritter in euren Taten!“

Erzählerin: 

In dieser ungewöhnlichen Doppelrolle des Mönchs und Kriegers liegt die Faszination des neuen Ordens, aber auch sein Verhängnis: 

die Templer sind immer ein wenig anders als der kirchliche Mainstream, wenn man so sagen will, sie pflegen ihre Eigenheiten und scheinen unberechenbar. Das vermutet zumindest der Journalist und Buchautor Franjo Terhart, der die Geschichte des Ordens erforscht hat:

Zuspielung Terhart 3 (1’24“; bitte die beiden Streichungen noch vornehmen):

„Kämpfende Mönche, die, man kann schon fast sagen, die so ausgebildet sind wie Ninja-Krieger im japanischen Mittelalter, das ist schon sehr ungewöhnlich. Also das ist die eine Geschichte des Templerordens, die andere ist, dass sie das Christentum doch sehr anders gesehen haben. Wenn man Texte liest, dass sie, ja, auch bestimmte Stellen des Neuen Testamentes, Stellen aus dem Alten Testament völlig anders ausgelegt haben, eben nichtchristlich, ketzerisch. Das find ich sehr spannend, dass sie sich das getraut haben! Denn im Mittelalter traute sich niemand, freiheitlich zu denken.“

TC 07:23 – Die Macht der Tempelritter

Erzählerin:

Der Templerorden baut eine gewaltige Macht auf, sammelt Grundbesitz und Privilegien, rüstet eine eigene Flotte aus, betreibt Geldgeschäfte im großen Stil – doch damit beginnt auch sein Untergang. Die frommen und zugleich wehrhaften Mönche, die die Pilgerwege und Handelsstraßen im Heiligen Land schützen, fördern die politischen Mächte eine Zeit lang gern. Als die Templer aber zu Kaufherren und Bankiers werden, erscheinen sie als gefährliche Rivalen. 

Zuspielung Terhart 7 (36“):

„Sie haben sich über ganz Europa ausgebreitet, haben eine Struktur geschaffen, auch eine logistische Struktur, die es ihnen ermöglichte, Nachrichten damals in sehr kurzer Zeit über mehrere Länder hinweg zu transportieren. Sie haben den Scheck erfunden, wenn man so will, den Euroscheck; das heißt: Wenn ein Kaufmann in England sagte, ich reise ins Heilige Land, aber ich will mein Geld nicht mitnehmen, aber ich will doch trotzdem was kaufen, was mach ich denn nun, da haben die Templer gesagt, hier hast du einen Brief von uns, einen Scheck, darauf zahlst du dein Geld ein, sagen wir mal die und die Summe, und wenn du dort in Jerusalem bist, dann kannst du sie vorlegen und dann zahlen wir dir das Geld wieder aus.“

Erzähler:

Zum Verhängnis wird den Templern auch, dass ihr Orden international agiert, von einer Art christlichem Völkerbund träumt und sich der Kontrolle durch die Nationalstaaten und ihre Könige mehr und mehr entzieht. Die Tempelritter machen so ziemlich alle Fehler, die man machen kann: Sie treten arrogant auf, zeigen ihre Schätze her, weil sie meinen, dass man sich an eine so reiche Truppe nicht heran wagen würde. Statt sich mit den anderen Ritterorden zu verbünden, verstricken sie sich in Rivalitäten und führen blutige Bruderkriege. Das bringt ihnen viele Feinde.

ATMO Königshof: Fanfaren, Trompetengeschmetter, Glocken, Stimmengewirr 

TC 09:00 – Der König und die Scheiterhaufen

Erzählerin:

In unmittelbarer Nachbarschaft der Pariser Templerburg residiert der Mann, dem diese Entwicklung ausgesprochen gelegen kommt: König Philipp „der Schöne“, fromm, aber eiskalt und mit allen Anlagen zum Tyrannen, hat sich für seine vielen Kriege hoch verschuldet – unter anderem bei den Tempelrittern. Die Steuern hat er schon erhöht, die Währung abgewertet, den Besitz der französischen Juden konfisziert; jetzt bietet sich eine Gelegenheit, den sagenhaften Templerschatz in die Finger zu bekommen. Philipps engster Berater Guillaume de Nogaret sammelt seit Monaten eifrig belastende Aussagen käuflicher Denunzianten und aus dem Orden verstoßener Tempelritter. Am 13.10.1307 ist seine Stunde gekommen.

Erzähler:

Die Macht der Kirche haben Nogaret und sein König nicht zu fürchten. Papst Clemens V. ist ein verzagter Charakter und abhängig von Philipp. Außerdem kann man Papst Clemens, dessen Privatleben nicht gerade sauber ist, mit einem Konzil drohen, das ihn absetzen könnte. Schwach wie er ist, stellt er sich nicht entschieden genug gegen den König. 

Melancholischer Musikakzent wie oben

Erzählerin:

Hat sie denn niemand gewarnt vor der großen Verhaftungsaktion? Haben die Templer keine Freunde am Königshof? Oder sind sie so blind, arrogant oder auch treuherzig, dass sie die drohende Gefahr nicht sehen wollen? Zwei Tage nach der Massenverhaftung soll König Philipp dem Ordensgroßmeister Jacques de Molay einen Deal vorgeschlagen haben: Er werde Molay entkommen lassen, seine Flucht freilich als Schuldeingeständnis an die große Glocke hängen. Molays Ordensbrüder raten ihm, die Chance zu nutzen, ausländische Monarchen und den Papst zu Hilfe zu rufen; doch der Großmeister antwortet ebenso redlich wie naiv:

Erster Zitator:

„Es liegt kein Grund zur Flucht vor, denn wir sind ohne Schuld, und der Orden ist gut und ehrenhaft. Verzweifelt nicht, Brüder!“

Erzählerin:

Währenddessen läuft in den Gefängnissen bereits die Foltermaschinerie an. König Philipp lässt die Ordensschätze inventarisieren. Scheinheilig ernennt er sich selbst zum Treuhänder aller Templergüter in seinem Reich, behauptet, man werde sie für den nächsten Kreuzzug verwahren. Papst Clemens braucht Wochen, um gegen die offensichtlichen Verstöße gegen kirchliches und weltliches Recht zu protestieren – und wird brüskiert: Seine Legaten werden am Pariser Königshof gar nicht vorgelassen. Als Papst Clemens den französischen Großinquisitor absetzt, der sich als Philipps willfähriges Werkzeug erwiesen hat, kanzelt ihn ein königlicher Minister beim Reichstag in Tours unverschämt ab:

Zweiter Zitator:

„Dem König verdankt die Kirche mehr als Euch. Wenn also König, Prälaten und Barone, dazu das ganze Volk auf rasche Erledigung dieses Geschäfts drängen, dann beeilt Euch gefälligst. Sonst müssen wir mit Euch eine andere Sprache reden.“

Dramatischer, peitschender Musikakzent

Erzähler:

So verschwinden die Templer in den Folterkellern des Königs. Erst nach mehr als zwei Jahren rafft sich der Papst auf: Er appelliert an die Templer, sich vor seiner Kommission zu verteidigen. Überraschenderweise öffnen sich die Gefängnisse, Hunderte von Folteropfern strömen nach Paris, um endlich für die Wahrheit Zeugnis abzulegen:

Zweiter Zitator:

„Die Anklagen sind sinnlos, schändlich, ehrlos und unerhört. Sie sind eine Lüge. (…) Alle Brüder des Tempels, die solche Lügen anerkannt haben, sagten aus Angst vor dem Tode aus.“

Erzähler:

Obwohl die Professoren der berühmten Sorbonne dem König das Recht bestreiten, über die Ordensritter zu urteilen, obwohl ähnliche Verfahren im Ausland, in Mainz, in Zypern, in Ravenna mit der glänzenden Rehabilitierung der Templer zu Ende gehen, verurteilt eine eilends einberufene Bischofssynode unter dem Vorsitz Marignys in Paris 54 Tempelritter zum Feuertod. Begründung: Mit dem Widerruf ihrer Geständnisse hätten sie sich als rückfällige Ketzer erwiesen. 

Peitschender Musikakzent oder ATMO Feuertod: prasselnde Flammen, Glocken, Schreie (?)

Erzählerin:

Die übrigen Templer kommen zurück in ihre Gefängnisse. Noch einmal zwei Jahre päpstlichen Schweigens, dann erklärt Clemens am 3. April 1312 in der Bulle „Vox in excelsis“ den Orden für aufgehoben. Die gerade zum Konzil von Vienne versammelten Kardinäle und Bischöfe stimmen zu: Die Vorwürfe gegen den Orden seien zwar unbewiesen, aber sein Ruf habe durch den langen Prozess so gelitten, dass man ihn im Interesse der Kirche lieber aufheben solle. 

König Philipp höchstpersönlich ist mit einer schwer bewaffneten Truppe in Vienne erschienen, um auf die Kirchenväter Druck auszuüben. Eine interessante Nuance: Die päpstliche Bulle enthält keine Verurteilung. Der Orden wird nicht einmal aufgelöst, sondern lediglich – per Verwaltungsakt – suspendiert. 

Erzähler:

Den Besitz der Templer überschreibt der Papst zwar dem Konkurrenzorden der Johanniter. Doch Philipp und seine Berater wissen sich Rat: Sie stellen eine astronomische Rechnung für den Unterhalt der gefangenen Tempelritter auf und kassieren nach einigem Feilschen und Schachern tatsächlich fast das ganze Eigentum des in Ungnade gefallenen Ordens.

Verstörender Musikakzent

Erzählerin:

Noch einmal zwei Jahre unwürdiger Prozesse. Der Großmeister der Templer, Jacques de Molay, hat alle Folterorgien überlebt. Am 18. März 1314 soll der Schuldspruch fallen, öffentlichkeitswirksam vor dem Portal von Notre Dame. 

ATMO Feuertod: prasselnde Flammen, Glocken, Schreie

Erzählerin:

Als man ihn zum Scheiterhaufen auf einer kleinen Seine-Insel schleppt, bittet er seine Henker, ihn mit dem Gesicht gegen Notre Dame anzubinden. Die Gottesmutter soll das Letzte sein, das seine Augen sehen. 

Wenige Wochen danach stirbt Papst Clemens, ein umstürzender Leuchter steckt seinen Katafalk – also das schwarz verhängte Gerüst, auf dem sein Sarg steht - in Brand. Im November fällt König Philipp einem Jagdunfall zum Opfer. Für das abergläubische Volk lauter Anzeichen eines Gottesurteils.

Verstörender Musikakzent

TC 15:10 -  Justizskandal 

Erzähler:

Die Liquidierung des Templerordens war ein Justizskandal, ein durchsichtiger Trick, seine Macht zu brechen und an seine Schätze zu kommen, da sind sich viele Forscher, wie Andreas Beck sicher. Und deswegen sollten sie nachträglich rehabilitiert werden, meint Andreas Beck:

Zuspielung Beck 2 (1’08“; bitte den Schluss rausstreichen!):

„Das Urteil stand von vornherein fest: Ich will euer Geld; der Papst war zu schwach, sich dagegen zu wehren, die Templer selbst waren innerlich ausgehöhlt und konnten sich auch nicht wehren; wenn sie zusammengehalten hätten, hätten sie den Philipp den Schönen ohne weiteres das Fürchten lehren können. Aber man sollte diesen Templerprozess wieder aufrollen, weil er Unrecht war. Papst Johannes Paul II. hat sich bei allen möglichen Menschen entschuldigt, bei den Zwangsbekehrungen, bei den Inquisitionen, bei allen möglichen, aber nicht bei den Templern.“

Erzählerin:

Dem Papst könnte es die Rehabilitierung der Opfer erleichtern, dass die Historikerin Barbara Frale 2007 im vatikanischen Geheimarchiv hochbrisantes Aktenmaterial entdeckt hat: Aufzeichnungen mehrerer Kardinäle über den Prozess und vor allem ihre abschließende Entscheidung, die ausdrücklich im Namen und mit der Autorität des Papstes erfolgte. Daraus geht hervor: Die Templer hatten ihre Treue zur Kirche bekannt und für alles, was man ihnen vorgeworfen habe, Vergebung erbeten.

Zweiter Zitator:

„Daher ordnen wir an, dass sie losgesprochen und wieder in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen werden.“

Erzählerin:

Warum Papst Clemens das entlastende Dokument damals nicht veröffentlicht hat, das kann Barbara Frale allerdings auch nicht erklären. Sie vermutet, König Philipp habe ihn eingeschüchtert und bedroht. Immerhin ließ der Papst dem Orden ein Hintertürchen offen, indem er ihn nur suspendierte, nicht auflöste.

Markanter Musikakzent

TC 16:52 – Legenden und Verschwörungen

Erzähler:

Was wurde aus den überlebenden Templern? Aus denen, die nach einem erzwungenen Widerruf aus den Gefängnissen entlassen wurden oder die sich der Verhaftung durch Flucht entzogen hatten? Franjo Terhart hat eine ganz bestimmte Vermutung:

Zuspielung Terhart 1 (1’17“, den ersten Satz bitte streichen):

„Wenige Tage vor diesem berühmten Freitag 1307 hat sich eine Flotte von Schiffen von La Rochelle, das war damals der größte Hafen am Atlantik, der größte Hafen der 

Templer, abgesetzt, und diese Flotte wurde nie mehr gesehen. Also da ist die Frage: Wo ist diese Flotte geblieben, sind da Schiffe untergegangen? Nein, also ich denke, die werden nach Schottland gesegelt sein, denn es gibt dort etwas sehr Faszinierendes, ich hab mir das angeschaut, auf der Mall of Kentaire, einer großen Halbinsel, von dort aus kann man wunderbar nach Nordirland rüber schauen, da finden sich Gräber dieser Templer, die damals dorthin geflohen sein müssen. Also es ist schon davon auszugehen, dass die Schotten die Templer aufgenommen haben und dass sich einige Templer dorthin flüchten konnten.“

Erzählerin:

Die These vom Weiterleben der Templer in Schottland wird von etlichen durchaus seriösen Historikern vertreten. In Portugal und Spanien soll der Orden ebenfalls überlebt und bei der Reconquista, der Zurückeroberung christlichen Territoriums von den Mauren, hervorragende Arbeit geleistet haben. Das rote Templerkreuz leuchtete von den Schiffen von Vasco da Gama und Christoph Kolumbus. 

All die anderen spannenden Theorien von Geheimgesellschaften und im Untergrund agierenden Ritterbünden, von einem mysteriösen Orden namens Prieuré de Sion [gespr.: Sión], von verschütteten Krypten und erpresserischen Abbés, all diese Geschichten gehören vermutlich ins Reich der Phantasie. Ebenso wie die immer wieder auflebenden Spekulationen, die Templer hätten esoterisches und magisches Geheimwissen gehütet, und deshalb habe man sie liquidieren müssen. 

Stoff auf jeden Fall genug für hartnäckige Verschwörungstheorien und Legenden.

TC 18:51 – Outro 

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