Daniel Drepper – „Wir werden fürs Veröffentlichen bezahlt, nicht fürs Verschweigen“
Apr 10, 2025
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Daniel Drepper, Leiter des Rechercheverbunds NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung, ist ein wahrer Held des Investigativen Journalismus in Deutschland. Er spricht über die Verantwortung der Presse und die Herausforderungen, Missstände aufzudecken. Besonders eindrucksvoll sind seine Erfahrungen mit Machtmissbrauch und die Recherchen zu Rammstein, die die #metoo-Debatte befeuerten. Drepper betont die Bedeutung des Informationsfreiheitsgesetzes für Transparenz und kritisiert die politischen Angriffe auf die Pressefreiheit. Es ist ein aufschlussreicher Blick hinter die Kulissen des Journalismus.
Investigativer Journalismus dient nicht nur der Informationsverbreitung, sondern auch der Aufdeckung und Bekämpfung von Missständen in der Gesellschaft.
Die Verantwortung der Journalisten beinhaltet das aktive Suchen nach Informationen, um verborgenes Unrecht ans Licht zu bringen und Diskussionen anzuregen.
Das Informationsfreiheitsgesetz spielt eine zentrale Rolle für Transparenz und Bürgerrechte, während Versuche, es einzuschränken, die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit von Informationen lenken.
Deep dives
Verantwortung der Pressefreiheit
Die Privilegien, die Journalisten in Ländern mit Pressefreiheit genießen, sind sowohl eine Freiheit als auch eine Verpflichtung. Es wird betont, dass Journalisten diese Freiheiten nicht aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen zurückhalten dürfen, während in anderen Ländern Menschen für ihre Berichterstattung bestraft oder sogar getötet werden. Der journalistische Auftrag umfasst daher nicht nur das Reporting, sondern auch das Aufdecken von Missständen, um Machtmissbrauch zu verhindern. Diese Haltung unterstreicht die Verantwortung der Presse, für das Wohl der Gesellschaft zu arbeiten und kritische Themen zum Vorschein zu bringen.
Wert des Investigativjournalismus
Investigativjournalismus wird als ein spezialisierter Sektor innerhalb des Journalismus angesehen, der sich der Aufdeckung von Dingen widmet, die der Öffentlichkeit meist verborgen bleiben. Journalisten in diesem Bereich haben die Zeit und die Ressourcen, um gründliche Recherchen durchzuführen, die notwendig sind, um Missstände ans Licht zu bringen. Anstatt passiv auf Informationen zu warten, ist es die Aufgabe der investigativen Journalisten, aktiv nach Hinweisen zu suchen und diese zu überprüfen. Diese proaktive Haltung ist grundlegend, um informative Berichterstattung zu gewährleisten, die das kritische Bewusstsein in der Gesellschaft schärft.
Herausforderungen für den Investigativjournalismus in Deutschland
In Deutschland hat der Investigativjournalismus nicht immer den Ruf, den er vielleicht verdienen sollte, im Gegensatz zu den USA, wo investigative Berichterstattung oft wenig Anerkennung genießt. Der Sprecher reflektiert seine eigene Entwicklung, angefangen im Sportjournalismus, wo er zum ersten Mal mit investigativen Methoden in Kontakt kam. Ein wesentlicher Moment war die Berichterstattung über Doping im Sport, die ihn in die Welt des Aufdeckungsjournalismus hineinführte. Dies führte dazu, dass er mehr über die Struktur und Praktiken dieser Art von Berichterstattung lernen wollte, was zu seiner beruflichen Entwicklung beitrug.
Einfluss der Themen auf die öffentliche Diskussion
Die besprochenen Themen, wie beispielsweise die berufliche Ausbeutung und die Herausforderungen im Pflegebereich, sind oft nicht ausreichend in der öffentlichen Diskussion verankert. Die Schwierigkeiten, diese Themen durch die mediale Aufbereitung hervorzubringen, weil sie häufig wenig sensationell sind, wird hervorgehoben. Journalisten versuchen, einen Dialog über solche wichtigen, jedoch wenig beachteten Themen zu fördern, um das Bewusstsein und den öffentlichen Druck zu erhöhen. Dabei wird deutlich, dass die Berichterstattung über diese Themen notwendig ist, um die betroffenen Gruppen zu unterstützen und Veränderungen anzustoßen.
Der Kampf um das Informationsfreiheitsgesetz
Das Informationsfreiheitsgesetz spielt eine wichtige Rolle für Journalist*innen, da es einen Zugang zu Informationen eröffnet, die für transparente Berichterstattung entscheidend sind. Es wird als unverzichtbar erachtet, um sicherzustellen, dass relevante Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich sind, was das Verantwortungsbewusstsein von Behörden erhöht. Der jüngste Versuch, dieses Gesetz einzuschränken, hat einen öffentlichen Aufschrei ausgelöst und zeigt das dringende Bedürfnis der Gesellschaft nach mehr Transparenz und Mitbestimmung. Dies verdeutlicht sowohl die Bedeutung des Gesetzes als auch die Rolle der Bürger in der Verteidigung ihrer eigenen Informationsrechte.
Ethische Verantwortung von Journalisten
Die ethische Verantwortung von Journalisten wird ebenso betont, insbesondere in Bezug auf die Machtverhältnisse in der Gesellschaft. Die Aufgabe der Journalisten ist es, über Missstände zu berichten und eine Stimme für diejenigen zu sein, die selbst nicht gehört werden. Dabei wird die Wichtigkeit betont, die eigenen Privilegien zu nutzen, um andere zu unterstützen und auf wichtige Themen aufmerksam zu machen. Diese Verantwortung ist entscheidend, um eine gesunde, informierte Öffentlichkeit zu fördern und einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft zu haben.
Er ist einer der stillen Marvel-SHEROES des Investigativen Journalismus in Deutschland und steht realistisch und felsenfest auf demokratischen Grundsätzen: Daniel Drepper. Nach seinen Enthüllungen über Machtmissbrauch durch Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt verlor nicht nur Reichelt seinen Job sondern auch Drepper und sein Team. Die Recherchen mit seinem Team um die berüchtigte „Row Zero“ bei der Band Rammstein befeuerten die #metoo-Debatten in Deutschland und der Musikszene weltweit. Drepper war Mitbegründer des Recherche-Kollektivs „Correctiv“ und ist Vorsitzender des „Netzwerks Recherche“, das 2004 das „Informationsfreiheitsgesetz“ mit auf den Weg brachte. Darüber schrieb Drepper übrigens bereits 2013 seine Diplom-Arbeit, bevor er sich an der Columbia University auf Investigativen Journalismus spezialisierte. Drepper wurde für seine journalistische Arbeiten vielfach ausgezeichnet und ist heute Leiter des Rechercheverbunds NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung.
Bei FREIHEIT DELUXE erzählt Daniel Drepper, was investigativen Journalismus für ihn ausmacht: Nicht nur über Themen zu berichten, die Andere auf die Agenda setzen, sondern selbst Missstände aufzudecken und die Informationen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, um damit Diskussionen anzustoßen. Die ist mit Jagoda Marinić auch gleich in vollem Gange, denn die beiden rollen auf, was die Recherchen um Reichelt und Rammstein verändert haben - oder auch nicht. Sie ergründen, wie Gegenstrategien inzwischen eingesetzt werden, um journalistische Arbeit zu diskreditieren. Dabei geht es auch um die Angriffe aus der Politik, etwa mit der drohenden Einschränkung des Informationsfreiheitsgesetzes oder der „Kleinen Anfrage“ der CDU zur Finanzierung gemeinnütziger Vereine in Deutschland. Doch Daniel Drepper und Jagoda Marinić sprechen auch konkret und konstruktiv darüber, wie Menschen in Deutschland selbst das Informationsfreiheitsgesetz für sich nutzen können oder dazu beitragen können, skandalöse Zustände öffentlich zu machen. Und schließlich erzählt Daniel Drepper ganz persönlich, was ihn antreibt und warum Pressefreiheit für ihn ganz plastische Bedeutung hat.
Hier hört ihr,
was Pressefreiheit für Daniel Drepper bedeutet (2:59)
inwiefern Agenda-Setting im Journalismus funktionieren kann (13:42)
wie das Team um Juliane Löffler und Daniel Drepper die Causa Reichelt aufdeckte (21:26)
was passiert, wenn sein Team Tipps bekommt (32:08)
welche Rolle „Litigation PR“ inzwischen spielt (44:05)
worum es beim „Informationsfreiheitsgesetz“ geht (58:51)
wie er auf die Enthüllungen von „Correctiv“ zum Geheimtreffen in Potsdam schaut (1:05:24)
welche Verpflichtungen er für den Journalismus in Deutschland sieht (1:17:47)
FREIHEIT DELUXE mit Jagoda Marinić ist eine Produktion des Hessischen Rundfunks in Zusammenarbeit mit dem Börsenverein des deutschen Buchhandels.
Redaktionsteam: Andrea Geißler und Christoph Scheffer.
Ihr erreicht uns per Mail: freiheitdeluxe@hr.de <mailto:freiheitdeluxe@hr.de>
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