Tobias Hartmann, CEO von Scout24 und Experte für Immobilienmärkte, diskutiert die aktuelle Situation auf dem deutschen Wohnungsmarkt. Trotz fallender Preise bleibt die Finanzierung durch hohe Zinsen eine Herausforderung. Er beleuchtet den Einfluss von Familienvermögen auf den Immobilienerwerb junger Käufer und die angespannte Lage für Mieter in Metropolen. Themen wie die stagnierende Bauaktivität und die Notwendigkeit von Preisregulierungen werden behandelt. Hartmann bietet auch Einblicke in Strategien, um trotz dieser Herausforderungen geeignete Wohnungen zu finden.
Die Immobilienpreise in Deutschland fallen stark, während die hohen Bauzinsen Kaufinteressenten weiterhin vor finanzielle Herausforderungen stellen.
Ein gestiegener Bedarf an Eigenkapital für Immobilienkäufe zeigt, dass Käufer mehr finanzielle Mittel benötigen, um Kredite abzusichern.
Der Mangel an bezahlbaren Mietwohnungen und steigende Mietpreise verschärfen die Wohnsituation für viele, die gerade keine Immobilie kaufen können.
Deep dives
Veränderungen auf dem Immobilienmarkt
Im Immobilienmarkt in Deutschland hat sich eine signifikante Veränderung abgezeichnet, da die Preise seit 2023 stark fallen, ein Phänomen, das seit zwei Jahrzehnten nicht mehr beobachtet wurde. In den letzten zehn Jahren stiegen die Preise kontinuierlich, was viele Menschen in ihrer Wohnsituation unter Druck setzte. Diese neuartige Situation wirft die Frage auf, ob es für potenzielle Käufer günstiger werden könnte, eine Immobilie zu erwerben, oder ob die steigenden Bauzinsen den Kauf weiterhin erschweren. Der Anstieg der Zinsen führt dazu, dass Käufer höhere monatliche Raten zahlen müssen, was die Erschwinglichkeit von Immobilien beeinflusst.
Eigenkapital und Finanzierung
Ein wichtiger Punkt in der aktuellen Diskussion über Immobilienkäufe ist der Anstieg des benötigten Eigenkapitals für Finanzierungen. Die durchschnittliche Eigenkapitalquote der Immobilienkäufer ist von 132.000 Euro im Jahr 2021 auf 160.000 Euro im Jahr 2022 gestiegen, was einen Anstieg von über 20 Prozent darstellt. Dies zeigt, dass Käufer mehr Kapital benötigen, um sich den aktuellen Kreditzinsen anzupassen und gleichzeitig die Bankkredite absichern zu können. Während ein Drittel der Befragten angibt, bei ihrem Kauf auf geerbtes oder geschenktes Geld zurückgegriffen zu haben, bleibt der Großteil auf eigene Ersparnisse oder Einkommen angewiesen.
Anhaltende Wohnungsnot
Die Wohnsituation in Deutschland bleibt angespannt, da ein großer Mangel an bezahlbaren Mietwohnungen besteht und der Bau neuer Wohnungen deutlich hinter den Bedürfnissen zurückbleibt. Laut einer Befragung fehlen mindestens 700.000 bezahlbare Mietwohnungen, was die prekäre Lage für viele Mieter weiter verschärft. Gleichzeitig stiegen die Mietpreise in den letzten fünf Jahren um 27 Prozent für Bestandswohnungen, was die Erschwinglichkeit zusätzlich unter Druck setzt. Diese stagnierende Wohnsituation führt zu Frustration und Unsicherheit unter den Mietern, die vor der Wahl stehen, entweder hohe Mieten zu zahlen oder in weniger attraktive Wohngegenden zu ziehen.
Auswirkungen der Energiekrise
Die energetische Sanierung spielt eine zunehmend wichtige Rolle auf dem Immobilienmarkt, da Immobilien mit schlechter Energieeffizienz aufgrund steigender Energiekosten in ihren Preisen abgewertet werden. Immobilienbesitzer, die darüber nachdenken, ihre Häuser zu verkaufen, sehen sich der Herausforderung gegenüber, den Wert ihrer Immobilie durch nötige Sanierungen zu erhalten oder zu erhöhen. Angebote von Immobilien, die energetisch ineffizient sind, verzeichnen größere Preisabschläge, während energieeffiziente Wohnungen im Preis stabiler bleiben oder sogar steigen. Dies verdeutlicht, dass Käufer und Verkäufer immer mehr auf die Energiekosten und die Effizienz der Immobilien achten müssen.
Marktunsicherheiten und Verhandlungsspielraum
Die Unsicherheit auf dem Immobilienmarkt beeinflusst sowohl Käufer als auch Verkäufer, wobei viele potenzielle Käufer angesichts steigender Zinsen abwarten, bevor sie eine Entscheidung treffen. Verkäufer müssen erkennen, dass die Nachfrage gesunken ist und daher gegebenenfalls ihre Preisvorstellungen anpassen müssen, um einen Käufer zu finden. Der Verhandlungsspielraum hat sich vergrößert, da Käufer nun eher bereit sind, Preise zu drücken, und Verkäufer zunehmend dazu geneigt sind, Angebote unter dem ursprünglichen Preis anzunehmen. Diese Dynamik schafft sowohl Herausforderungen als auch Chancen für Marktteilnehmer und könnte letztendlich zu einem stabileren Gleichgewicht auf dem Immobilienmarkt führen.
Die Preise für Häuser und Wohnungen sinken, aber die Zinsen für Immobilienkredite bleiben hoch. Ein vertrackte Lage für Suchende. Aber es gibt auch Auswege.
Seit wir vor etwa einem dreiviertel Jahr zuletzt in diesem Podcast über Immobilien sprachen, hat sich ein Trend verfestigt. Die Preise fallen. Zuletzt so stark wie seit mehr als 20 Jahren nicht. Trotzdem haben es Kaufinteressenten nicht leicht, ein Haus oder eine Wohnung zu finanzieren. Gefallen sind die Preise nämlich, weil die Zinsen für Immobilienkredite gestiegen sind. Und damit bleibt weniger Spielraum, um teure Immobilien zu bezahlen.
Gleichzeitig beeinflusst die Lage am Kaufmarkt auch den Mietenmarkt. Wer sich gerade keine Wohnung kaufen kann, sucht erstmal eine zur Miete. Dabei würden man eigentlich davon ausgehen, dass die sinkenden Preise es mehr Menschen ermöglichen sollten, eine Immobilie zu kaufen. Die Lage am deutschen Wohnungsmarkt ist also vertrackt.
Darüber sprechen wir in der neuen Folge von "Ist das eine Blase?", dem Wirtschaftpodcast von ZEIT und ZEIT ONLINE über Geld, Macht und Gerechtigkeit. Befragt haben wir dazu Tobias Hartmann, den CEO des Unternehmens Scout24, zu dem das Immobilienportal ImmoScout gehört. Er hat mit Jens Tönnesmann und Zacharias Zacharakis darüber diskutiert, welche Möglichkeiten es für Kaufinteressenten und Mieter gibt, in dieser Lage vielleicht doch etwas Passendes zu finden.
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