Bosch-Chef Stefan Hartung zum Standort Deutschland: „Wenn man attraktiv ist, kommt auch das Kapital“
Dec 13, 2024
auto_awesome
Stefan Hartung, CEO von Bosch, spricht über die Herausforderungen, denen sich die deutsche Industrie gegenübersieht – von der Pandemie bis zu politischen Krisen. Er betont die Notwendigkeit renommierter Unternehmen, in Bildung und Technologie zu investieren, um global wettbewerbsfähig zu bleiben. Hartung erläutert, wie Bosch durch Transformation und Innovation in Mobilität und Energietechnik navigiert und warum er trotz schwieriger Bedingungen am Standort Deutschland festhält. Neue Strategien und internationale Partnerschaften sind der Schlüssel zur Zukunft.
Stefan Hartung betont, dass die deutsche Industrie zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit innovative Wege finden muss, etwa durch Bürokratieabbau.
Bosch plant den Abbau von bis zu 12.000 Stellen, was sowohl wirtschaftliche als auch soziale Auswirkungen mit sich bringt.
Künstliche Intelligenz wird als Schlüsseltechnologie angesehen, um Effizienz und Leistungsfähigkeit von Bosch-Produkten nachhaltig zu steigern.
Deep dives
Wandel der deutschen Industrie
Die deutsche Industrie steht unter erheblichem globalem Druck und muss sich ständig an veränderte Rahmenbedingungen anpassen. In den letzten Jahren haben externe Schocks, wie die Pandemie sowie Rohstoff- und politische Krisen, das wirtschaftliche Klima erheblich beeinflusst. Diese Herausforderungen haben zu einem anhaltenden Rückgang der industriellen Produktion in Deutschland geführt, die seit 2019 nicht mehr gewachsen ist. Es besteht die Sorge, dass Deutschland möglicherweise nie wieder an frühere Produktionslevels anknüpfen kann, was die Notwendigkeit für strategische Anpassungen und Innovationsförderung unterstreicht.
Zukunftsperspektiven der Wirtschaft
Stefan Hartung, CEO von Bosch, sieht in der gegenwärtigen Krisensituation auch Chancen für die deutsche Wirtschaft. Der Standort Deutschland bietet eine gut ausgebildete Bevölkerung und Zugang zu globalen Märkten, die nach Produkten und Dienstleistungen verlangen. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, ist es entscheidend, dass die Bedingungen für Unternehmen verbessert werden, einschließlich einer Verringerung von Steuern und bürokratischem Aufwand. Die zukünftige Entwicklung wird maßgeblich davon abhängen, wie schnell und effektiv sich Unternehmen an die neuen Realitäten anpassen können.
Herausforderungen und Strategie von Bosch
Bosch hat angekündigt, bis zu 12.000 Stellen abzubauen, was als notwendige Maßnahme betrachtet wird, um den globalen wirtschaftlichen Herausforderungen zu begegnen. Diese Entscheidungen sind nicht leicht zu treffen, da sie sowohl wirtschaftliche als auch soziale Implikationen haben. Hartung hebt hervor, dass die Veränderungen in den Käuferverhalten und der verstärkte Wettbewerb in der Automobilindustrie tiefgreifende strukturelle Anpassungen erfordern. Auch wenn in Deutschland Standorte geschlossen werden, sieht das Unternehmen investmentstrategische Chancen in anderen Regionen, insbesondere in den USA und China, um zukünftige Wachstumspotenziale zu erschließen.
Investitionen in Elektromobilität
Die Elektromobilität wird als zukunftsträchtiger Sektor angesehen, in den Bosch weiterhin aktiv investieren möchte. Hartung hebt hervor, dass neue Technologien wie Elektroachsen und komplexe Elektronik Entwicklungen in der Automobilindustrie vorantreiben. Es wird erwartet, dass diese Technologien in den kommenden Jahren eine zentrale Rolle spielen werden, um den sich verändernden Anforderungen gerecht zu werden. Die Herausforderungen der Transformation zu batterieelektrischen Fahrzeugen sind jedoch erheblich, und der Weg zur Erholung der Branche könnte länger dauern als ursprünglich prognostiziert.
Bedeutung von Künstlicher Intelligenz
Künstliche Intelligenz (KI) wird als grundlegende Technologie angesehen, um die Zukunft von Produkten und Dienstleistungen bei Bosch zu gestalten. Hartung beschreibt, wie KI in verschiedenen Bereichen eingesetzt wird, von der Automatisierung bis hin zur Verbesserung von Produkteigenschaften durch die Fusion von Sensor- und Algorithmusdaten. Die Partnerschaft mit großen Technologieunternehmen, wie Microsoft, soll weiter ausgebaut werden, um synergetische Effekte und Innovationen voranzutreiben. Daher wird erwartet, dass KI ein entscheidender Faktor zur Steigerung der Effizienz und Leistungsfähigkeit von Bosch-Produkten sein wird.
Zentrale Herausforderungen und Regulationspolitik
Eine der größten Herausforderungen für die Industrie ist die derzeitige Regulierungspolitik, insbesondere im Hinblick auf die Elektromobilität und CO2-Emissionen. Hartung betont die Notwendigkeit, die Regulierung zu überdenken, um eine Balance zwischen Angebot und Nachfrage herzustellen, und warnt vor den negativen Folgen einer zu strengen Angebotsregulierung. Es wird auch gefordert, die Infrastruktur für Elektrofahrzeuge und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern, um die Akzeptanz bei den Verbrauchern zu erhöhen. Die politische Diskussion müsse darauf abzielen, eine technologieoffene Herangehensweise zu unterstützen und gleichzeitig den CO2-Ausstoß wirksam zu reduzieren.
In der aktuellen Folge von Handelsblatt Disrupt analysiert Chefredakteur Sebastian Matthes gemeinsam mit Bosch-Chef Stefan Hartung die herausfordernde Lage in der deutschen Industrie. „Wir hatten ja ursprünglich mal alle die Vorstellung, wir gehen so in die goldenen 20er“, erinnert sich Hartung. Doch externe Schocks wie die Pandemie, politische Krisen und ein schwächelnder Automobilsektor hätten die Realität verändert. „Zurück geht ja nie was. Es geht ja immer nur voran. Die Frage ist nur, wo geht es hin?“, so Hartung. Er betont, dass die Industrie neue Wege finden müsse, um international wettbewerbsfähig zu bleiben – sei es durch Bürokratieabbau oder gezielte Investitionen in Bildung und Technologie.
Hartung erklärt, wie er den traditionsreichen Konzern durch Zeiten tiefgreifender Transformation führt. Bosch spüre insbesondere in den Bereichen Mobilität, Industrietechnik, Energie- und Gebäudetechnik und smarte Gebrauchsgüter besonders großen Transformationsdruck. Hartung erläutert im Podcast, wie er den Angriffen in den vier Geschäftsfeldern begegnen will und warum er trotz der schlechten Rahmenbedingungen am Standort Deutschland festhält.
Exklusives Angebot nur für Disrupt Hörer: mit dem Code "MATTHES" erhalten Sie für 12 Monate 40% Rabatt auf das H+ Premium Abo.
Sichern Sie sich jetzt das Angebot unter handelsblatt.com/disrupt40 und erhalten Sie unbegrenzten Zugang zu allen Handelsblatt-Inhalten im Web und in der App inkl. ePaper am Vorabend. Das Abo endet automatisch.