Geldgeschäfte im Ausland - Legal und illegal zugleich
Aug 29, 2024
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Andrea Binder, Politikwissenschaftlerin und Expertin für Offshore-Finanzzentren, gewährt faszinierende Einblicke in die Schattenwelt der internationalen Geldgeschäfte. Sie erklärt, wie reiche Privatpersonen und Konzerne durch Steuervermeidung und kriminelle Praktiken agieren. Die Verbindung zwischen Offshore-Geldschöpfung und globaler Ungleichheit wird deutlich. Außerdem beleuchtet sie die Herausforderungen bei der Regulierung und die Komplexität von Offshore-Strukturen im internationalen Handel. Ein aufschlussreicher Vortrag über ein oft verborgenes Thema!
Offshore-Finanzzentren bieten wohlhabenden Individuen und großen Unternehmen legale Möglichkeiten, steuerliche Regelungen zu umgehen und Geld zu verschleiern.
Die Schaffung von Offshore-Geld und die damit verbundenen Transaktionsstrukturen beeinträchtigen die globale Finanztransparenz und verstärken wirtschaftliche Ungleichheit.
Deep dives
Einführung in Offshore-Finanzzentren
Offshore-Finanzzentren ermöglichen es, regulatorische und steuerliche Regeln zu umgehen, was insbesondere für große Unternehmen und wohlhabende Einzelpersonen attraktiv ist. Diese Zentren bieten Dienstleistungen, die ausschließlich für Nichtansässige zugänglich sind, und wo Finanztransaktionen mit minimalen oder gar keinen Steuern belastet werden. Ein Beispiel hierfür ist Dubai, wo Einnahmen aus Vermietung nicht versteuert werden müssen, was zu einer Verlagerung von Gewinnen aus Hochsteuerländern in Niedrigsteuerländer führt. Dies schafft einen Raum, in dem illegale Aktivitäten wie Geldwäsche begünstigt werden können, indem die Eigentümerschaft von Vermögenswerten kaum nachvollziehbar bleibt.
Merkmale von Offshore-Finanzdienstleistungen
Offshore-Finanzdienstleistungen weisen drei entscheidende Merkmale auf: Sie richten sich in der Regel nur an Nichtansässige, beinhalten reduzierte oder keine steuerlichen Rahmenbedingungen und sind oft absichtlich so strukturiert, dass die Unternehmens- und Eigentümerstrukturen unverständlich sind. Diese Praktiken ermöglichen es, die Transaktionskosten niedrig zu halten, was wiederum einen Anreiz für internationale Finanztransaktionen schafft. Indem diese Offshore-Strukturen geschaffen werden, ist es jedoch oft schwierig, den tatsächlichen Eigentümer und die Herkunft des Kapitals zu identifizieren, was die Transparenz erheblich beeinträchtigt. Solche Strukturen bieten nicht nur rechtliche Vorteile, sondern auch die Möglichkeit, Rechte an Vermögenswerten zu verschleiern.
Internationale Geldschöpfung und deren Auswirkungen
Die Offshore-Geldschöpfung erfolgt, indem Banken Kredite in US-Dollar vergeben, die außerhalb der Regulierung nationenrechtlicher Rahmenbedingungen entstehen. Historisch hat sich dieses System seit den 1950er Jahren entwickelt, als Banken in der City of London, ausgestattet mit US-Dollar, begannen, im großen Stil Kredite zu vergeben. Diese Praktiken führen dazu, dass der Großteil der US-Dollar, die im internationalen System zirkulieren, außerhalb der US-amerikanischen Regulierung erschaffen wird. Es wird gezeigt, dass dies für viele Länder, insbesondere für Schwellenländer, entscheidend ist, da sie keinen Zugang zu den regulierten Finanzmärkten haben, weswegen sie auf diese Offshore-Optionen angewiesen sind.
Politische und wirtschaftliche Implikationen von Offshore-Finanz
Die Existenz von Offshore-Finanzzentren hat erhebliche politische und wirtschaftliche Implikationen, da sie nicht nur die nationale Steuerpolitik untergraben, sondern auch die Sichtweise auf internationale Wirtschaftsbeziehungen beeinflussen. Eine große Herausforderung besteht darin, dass diese Strukturen vorwiegend großen Unternehmen und wohlhabenden Individuen zugänglich sind, während kleinere Unternehmen und Durchschnittsbürger an die nationalen Vorschriften gebunden sind. Dies trägt zu einer verstärkten Ungleichheit bei und hinterlässt ungenutzte Potenziale in der nationalen Wirtschaft, da viele Akteure aufgrund der hohen Transaktionskosten und strengen Anforderungen keinen Zugang zu den Offshore-Diensten haben. Um die Auswirkungen auf das globale Finanzsystem und die damit verbundene Ungleichheit zu verstehen, ist es entscheidend, die Rolle der Offshore-Finanzmärkte im Kontext der nationalen und internationalen Wirtschaftsordnung zu betrachten.
Ein Vortrag der Politikwissenschaftlerin Andrea Binder
Moderation: Hans-Jürgen Bartsch
Reiche Privatleute und große Konzerne besorgen sich ständig neues Geld auf internationalen Finanzmärkten. Mal legal, aber oft auch mit hoher krimineller Energie, wie die Politikwissenschaftlerin Andrea Binder feststellt.
Die Politikwissenschaftlerin Andrea Binder befasst sich mit sogenannten "Offshore-Finanzzentren". Das größte Problem bestehe darin, dass bei der Kreditvergabe immer mehr Geld aus dem Nichts geschaffen werde. Ihren Vortrag hat sie am 15. Mai 2024 innerhalb der Ringvorlesung "Finanzkrisen und Geldsysteme" gehalten. Gesprochen hat sie auf Einladung der Kritischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der FU Berlin. Dr. Andrea Binder ist zudem Freigeist-Forschungsgruppenleiterin und arbeitet im Bereich Internationale und Vergleichende Politische Ökonomie am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft.