

STARS DES ABSOLUTISMUS - Die Mätresse Madame Pompadour
Marquise Madame Pompadour gilt also glanzvollste "Maitresse" im Frankreich des 18. Jahrhunderts. Aber sie war nicht nur die Geliebte des französischen Königs Ludwig XV. Sie förderte auch Kunst und die noch junge Wissenschaft. Auch politisch agierte sie ehrgeizig und riskant. Von Renate Kiesewetter (BR 2021)
Credits
Autorin: Renate Kiesewetter
Regie: Irene Schuck
Es sprachen: Berenike Beschle, Christian Baumann, Carsten Fabian, Rahel Comtesse
Technik: Andreas Lucke
Redaktion: Thomas Morawetz
Im Interview: Dr. Andrea Weisbrod
Besonderer Linktipp der Redaktion:
BR (2025): Ein Zimmer für uns allein
Im Podcast "Ein Zimmer für uns allein" mit Host Paula Lochte treffen zwei Frauen aus verschiedenen Generationen aufeinander und sprechen über ein Thema, das sie verbindet. Zum Beispiel über Schönheitsideale, sexuelle Aufklärung, Finanzen, Care-Arbeit. Was waren ihre Struggles damals und heute? Was hat sich verändert, oder vielleicht sogar verbessert? ZUM PODCAST
Linktipps
ARD Klassik (2023): MDR-Sinfonieorchester – Joseph, ach Joseph
Tanja Kuhn und Carl Rumstadt singen "Joseph, ach Joseph" aus der Operette "Madame Pompadour", dem erfolgreichsten Bühnenwerk von Leo Fall. Der österreichische Komponist, dessen Werke später von den Nationalsozialisten verboten werden sollten, starb 1925. "Madame Pompadour" wurde 1922 in Berlin uraufgeführt. Die Aufnahme mit dem MDR-Sinfonieorchester unter Leitung von Florian Ludwig von 2023 ist eine Produktion von MDR Klassik. JETZT ANSEHEN
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Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
SPRECHER:
„Mätresse“ – das Wort klingt heute ziemlich abwertend.
MUSIK
SPRECHERIN:
Eine "Maitresse-en-titre" nannte man am Hof von Versailles die nicht geheime Liebesbeziehung der Könige. Keine dieser Mätressen hatte so viel Macht und Einfluss wie Madame de Pompadour.
ZUSPIELUNG 1:
Was man bei Madame de Pompadour auch sagen kann, dass eine große Ambition bestanden hat, aber auch eine große intellektuelle Kapazität und vielleicht auch eine Vision, was Kunst anbelangt und auch durchaus, was Politik anbelangt. Und das macht sie innerhalb dieses Jahrhunderts doch sehr besonders.
SPRECHERIN:
Die Historikerin und Kunsthistorikerin Dr. Andrea Weisbrod hat zu Madame de Pompadour geforscht und die umfassende Monographie geschrieben: Madame de Pompadour und die Inszenierung der Macht
MUSIK
SPRECHERIN:
Die Pompadour und Ludwig. Beginnen wir mit ihm. König Ludwig XV. lebte von 1710 bis 1774. Er war der Urenkel von Ludwig XIV., dem Sonnenkönig, und folgte ihm - bereits mit fünf Jahren - auf den Thron. Den zweijährigen Waisen erzog eine Gouvernante aus dem Hochadel, sein Hauslehrer, Bischof Fleury, betreute seine formale und religiöse Bildung. Mit 16 übernahm Ludwig die Staatsgeschäfte selbst, Kardinal Fleury als Premierminister an seiner Seite. Ein Jahr zuvor noch hatte Ludwig die acht Jahre ältere tief religiöse polnische Königstochter Marie Leszczy¬nska geheiratet, damit es beizeiten einen männlichen Thronfolger gab.
MUSIK
SPRECHER:
Madame de Pompadour wurde am 29. Dezember 1721 in Paris als bürgerliche Jeanne Antoinette Poisson geboren. Ihr Vater Francois, ein wohlhabender Armeelieferant, musste nach einem Finanzskandal nach Deutschland fliehen. Jeannes Mutter Louise Madeleine de la Motte, galt als eine sehr schöne, intelligente und lebenslustige Frau mit zahlreichen Affären. Darunter eine mit dem reichen Steuerpächter und Finanzier Lenormant de Tournehem, möglicherweise Jeannes leiblichem Vater. Zumindest gewährt er als Vormund Jeanne die für Adelstöchter übliche Erziehung mit Gesprächskreisen sowie täglichem Üben in Balletttanz, Schauspiel und Gesang. Als 16-jährige grazile Schönheit mit "großen blauen Augen, schmalem Gesicht und einer Porzellanhaut", wie es heißt, brilliert sie mit Opernarien in den besten Pariser Salons. Verheiratet wird sie von ihrem Ziehvater mit seinem reichen adligen Neffen und Erben Le Normant d`Etiolles. Über die junge Madame d`Etiolles wird Voltaire in seinen Memoiren schreiben, sie sei…
ZITATOR:
…gut erzogen, reizend, angenehm, bezaubernd und talentiert.
SPRECHERIN:
Das geistige Leben Frankreichs blüht im 18. Jahrhundert in den Pariser Salons. Hier verkehren alter Hochadel und Großbürger, Kardinäle, Staatsmänner, Gelehrte, Philosophen und Schriftsteller . Die junge Madame d´Etiolles trifft auf Voltaire, Montesquieu, Helvetius, die mit ihren neuen gesellschaftsverändernden Ideen, dem rationalen Denken den Weg ebnen wollen. Später wird sie den Schriftsteller Denis Diderot und den Physiker Jean d`Alembert protegieren. Sie sind Autoren der Encyclopédie, eines der Hauptwerke der französischen Aufklärung.
SPRECHER:
Legenden über Madame de Pompadour gibt es genug. Befeuert werden sie bis in die jüngste Zeit vor allem durch zwei Fälschungen. Einmal durch die angeblichen Memoiren ihrer Kammerfrau Nicole de Hausset. Und dann durch eine Briefsammlung, die noch 1999 ins Deutsche übersetzt wurde. Doch das können keine Originalbriefe sein. Andrea Weisbrod:
ZUSPIELUNG 2:
Also bei ihren echten Briefen kann man sehen, dass das sehr kurze Briefe sind, sie sind sehr zielgerichtet, und die gefälschten Briefe, im Gegenzug dazu, sind sehr lang, manchmal seitenweise. Und die erzählen alles Mögliche, die erzählen, wie dumm der König ist, und wer wieder gegenüber dem König sich frech verhalten hat, die sind plump und in einer Art und Weise indiskret, dass ein einziger solcher Brief Madame de Pompadour ihre Stellung gekostet hätte, wenn der in die Hände des Königs geraten wäre.
MUSIK
SPRECHERIN:
Verbürgt ist jedenfalls: Auf der Hochzeit des Thronfolgers mit Marie-Thérèse von Spanien, im Februar 1745, lernen sich Ludwig und Madame d´Etiolles kennen. Nach dem prächtigen Maskenball in Versailles wundert sich der am Hof etablierte Herzog de Luynes über die enge Vertrautheit der beiden.
ZITATOR:
Madame d'Etiolles soll angeblich bis über beide Ohren in den König verliebt sein und er soll ihre Gefühle erwidern.
SPRECHER:
Hinter ihren aufgeklappten seidenen Fächern lästern die Höflinge: Eine Bürgerliche??
ZUSPIELUNG 3:
Madame de Pompadour kommt natürlich nicht aus dem Nichts. Sie ist zwar eine Bürgerliche, aber sie ist vernetzt mit dem Pariser Großbürgertum und vor allen Dingen mit der Pariser Hochfinanz. Die wiederum in der Hand des Großbürgertums war, und da hat sie eben sehr, sehr gute Kontakte, und aus dem Kreis gab es wiederum Kontakte zu dem Hof, die geholfen haben, sie überhaupt am Hof zu platzieren um dieses Kennenlernen mit Ludwig möglich zu machen.
MUSIK
SPRECHERIN:
Ein paar Monate später wird sie – zum Entsetzen vieler Höflinge - offiziell am Hof vorgestellt, auch der Königin. Und zwar als frischernannte Marquise de Pompadour. Denn kurz vorher hat Ludwig ihr eine freie Markgrafschaft geschenkt und ihr so zu "einem makellosen Namen“ verholfen. Anfang des Jahres 1746, sitzt Madame de Pompadour am Hof "unangreifbar fest im Sattel", versichert Andrea Weisbrod in ihrem Buch über Madame de Pompadour.
ZITATORIN:
Bald schon drängeln sich bei ihrer morgendlichen Toilette, die den höfischen Gebräuchen gemäß öffentlich stattfindet, beinahe ebenso viele Höflinge wie beim Lever des Königs.
SPRECHERIN:
Madame de Pompadour kennt die erfolgreichen Großbankiers, die Brüder de Paris. Sie finanzieren die meisten Projekte des Königs: Ludwig ist von ihnen sozusagen finanziell abhängig.
ZUSPIELUNG 4:
Der Finanzminister, da war der Posten vakant, der wird dann mit jemandem besetzt aus diesem Pariser Kreis. Ihr Ziehvater bekommt das Amt des Kulturministers, das nannte man damals Generalintendant der königlichen Bauten, der war also für Architektur und Kunstankäufe am Hof zuständig, d.h. sie besetzt also gleich in den ersten Monaten wichtige Ämter am Hof, d.h. sie hat dann auch Stützen am Hof.
MUSIK
SPRECHERIN:
Sie beauftragt ihren Ziehvater Tournehem mit dem Ausbau eines Theaters. Und übergeht damit demonstrativ den Herzog von Richelieu, der für Festivitäten am Hof eigentlich zuständig wäre. Später finden sich in ihrer großen Bibliothek in Versailles unter den über 3.500 Büchern immerhin "über 3.000 Opern, Theaterstücke und Abhandlungen zu Oper und Schauspiel ".
SPRECHER:
Sie trommelt selbst ein buntes Ensemble zusammen. Höflinge, Diener und Dienerinnen sowie von den Pariser Bühnen professionelle Schauspieler und Schauspielerinnen, sogar ein Kinderballett aus Söhnen und Töchtern der besten Tanzlehrer. Ohne Standesgrenzen. Die Hauptrollen spielt sie meist selbst.
ZUSPIELUNG 5:
Das Theater war ein weiteres Ausdrucksmittel ihrer Macht, sie hat das Publikum bestimmt, und nach dem Theater gab es ein Abendessen, was sie für den König veranstaltet hat, in ihren Räumen oder in den Räumen des Königs. Und dazu hat sie wieder eine handverlesene Zahl von Gästen eingeladen, d.h., alle haben natürlich versucht, Einladungen zu diesem Abendessen zu bekommen, weil das Ganze so zwanglos war, dass der König manchmal für seine Gäste am Ende des Essens einen Kaffee gekocht hat.
SPRECHER:
Als gebildete und politisch versierte Frau nimmt Madame de Pompadour auch teil an Staatsratssitzungen, organisiert politische Arbeitsessen mit Ludwigs Ministern in ihren Räumen. Der Soziologe Norbert Elias hat in seiner Abhandlung Die höfische Gesellschaft beschrieben, wie die Anordnung der Räume am Hof Rang und Bedeutung der adligen Höflinge widerspiegelt. Das ungewöhnlich große Appartement von Madame de Pompadour hat durch eine geheime Wendeltreppe direkten Zugang zu den privaten Gemächern des Königs.
MUSIK
SPRECHERIN:
Den lässt sie später allerdings zumauern, denn ihr Verhältnis zum König wird für diesen vor allem mit Blick auf die mächtige Kirche zunehmend auch eine Belastung. In der vom Katholizismus geprägten Gesellschaft lebt der König offiziell in Sünde, kann als Ehebrecher z.B. bei der Messe nicht die Heilige Kommunion empfangen. Auch keine Sterbesakramente. Sobald der König also krank oder verletzt wurde, das heißt, möglicherweise in Lebensgefahr geriet, mussten die Mätressen sofort verbannt werden. Das erlebte eine Vorgängerin von Madame Pompadour. So verging sogar das Heilige Jahr 1750, ohne dass Ludwig die Kommunion empfangen hätte, und der Druck der Kirche und seiner sehr religiösen Familie auf ihn ließ nicht nach.
SPRECHER:
Eine "extreme Zwangslage" für den König, er will Madame de Pompadour in seiner Nähe behalten. Und sie möchte ihren Verbleib am Hof sichern. Fegefeuer und Höllenschlund. Wie also die Kirche besänftigen? Andrea Weisbrod:
ZUSPIELUNG 6:
Dann entsteht eben dieser Plan, dass quasi diese Liebesbeziehung in eine platonische Freundschaft umgewandelt wird, dass Madame de Pompadour auch versucht, zu ihrem Mann zurückzukehren, der aber dann dankend ablehnt, und dass Madame de Pompadour sich einen Beichtvater nimmt, der sie in religiösen Dingen berät. Dass auf einmal Skulpturen entstehen, die Madame de Pompadour als die Freundschaft darstellen, d.h. all dies wurde öffentlich gemacht, um dem Hof und der Kirche zu zeigen, wir sind kein Paar mehr, wir sind nur noch befreundet. Und in diesem Zug bekommt dann Madame de Pompadour dieses Amt als Palastdame der Königin, um damit ein offizielles Amt zu haben, was ihr auch ermöglicht hat, am Hof zu bleiben, unabhängig von Ludwig.
SPRECHERIN:
So notiert Herzog de Lynes 1754 in seinem Tagebuch.
ZITATOR:
Madame de Pompadour ist von der Mätresse zur Freundin des Königs geworden und übt durch diesen neuen Status vielleicht sogar noch mehr Einfluss auf ihn aus als zuvor.
SPRECHER:
Zwei Jahre vorher hatte der König die Marquise de Pompadour zur Herzogin von Ménars erhoben.
SPRECHERIN:
Und sie inszeniert ihre Macht äußerst geschickt. Ihre Portraits – im 18. Jahrhundert ein zentrales politisches Mittel der Machtdarstellung – kann die Öffentlichkeit regelmäßig in Salonausstellungen im Pariser Louvre sehen.
Auf uns heute wirken die Rokokokleider prachtvoll genug, das Publikum damals aber wusste, dass es Tageskleider sind, als Ausdruck ihrer prominenten Stellung am Hof. Es fehlt nicht das Perlenarmband, ein Geschenk Ludwigs, der Quelle ihrer Macht.
Von allen Portraits, sorgt Mitte der 1750er Jahre das lebensgroße Werk von Maurice-Quentin Delatour, für Aufsehen in Paris. Madame de Pompadour verkörpert hier die machtvolle Politikerin. Zu erkennen am Aufbau des Gemäldes, der genauso ist wie bei anderen Ministerportraits jener Zeit. Auf dem Globus im Hintergrund ist nur Frankreich aufgemalt, noch dazu mit einer blauen Linie umrandet. Eindeutiger geht’s nicht mehr: Frankreich ist ihr Machtbereich.
SPRECHER:
Auf dem Gemälde ist nichts zufällig.
ZUSPIELUNG 7:
Auf ihrem Schreibtisch stehen verschiedene Bücher von Aufklärern, unter anderem ein Band von der Encyclopédie, eines großen Lexikonprojektes in der Zeit und ein Buch von Montesquieu, einem berühmten Aufklärer, beide Bücher waren zu der Zeit verboten. D.h. sie zeigt eben auch, sie hat diese Bücher und diese Autoren gefördert, weil ihre Machtstellung das eben zulässt.
MUSIK
SPRECHER:
In den 1750er Jahren lässt sie eine Militärakademie errichten, um die Ausbildung des Nachwuchses im Heer zu systematisieren. In Sèvres entsteht die königliche Porzellanmanufaktur in Konkurrenz zum bekannten Meißner Porzellan.
SPRECHERIN:
In der Außenpolitik geht es um nichts Geringeres als die Vormachtstellung in Europa.
MUSIK
SPRECHERIN:
Das "renversement des alliances" – die Umkehrung der Allianzen wirft fast alle Mächte auf den Kriegsschauplatz, an allen Enden der Welt. Das erstarkende Preußen unter König Friedrich II., bisher Frankreichs Verbündeter, wendet sich England zu. Das wiederum gegen Frankreich erbittert um die nordamerikanischen Kolonien kämpft. Österreich unter Kaiserin Maria Theresia, bisher klassischer Kriegsgegner von Frankreich, muss sich Preußen erwehren und sondiert bei Frankreich für ein Bündnis.
SPRECHER:
Madame de Pompadour übernimmt die Vermittlerrolle zwischen der österreichischen und der französischen Seite.
ZUSPIELUNG 9:
Sie hat den ersten Brief überbracht von der Kaiserin Maria Theresia an Ludwig, und sie war danach auch bei den ersten Verhandlungen zugegen, die im kleinsten Kreis mit dem österreichischen Botschafter, dem damaligen französischen Außenminister Bernis, und ihr eben geführt wurden, d.h., sie waren nur zu dritt, bevor das Ganze dann eben öffentlich gemacht wurde.
SPRECHERIN:
Der 1756 signierte Vertrag zwischen Frankreich und Österreich schlägt an den anderen europäischen Höfen ein wie ein "Donnerschlag". Der preußische König Friedrich II. sieht sich von allen Seiten bedroht. Er marschiert sofort in Sachsen ein, bevor dieses sich der neuen Allianz anschließen kann - und ruft dadurch alle Mächte auf den Plan und auf die Schlachtfelder. Es ist der Beginn des Siebenjährigen Kriegs. Ob Madame de Pompadour da den König klug beraten hat?
ZUSPIELUNG 10:
Sie hat ihn falsch beraten, das kann man in jedem Fall sagen, allerdings muss man auch sagen, dass zur Zeit sich alle gegenseitig falsch beraten haben. Weil, es gab auf der französischen Führungsebene kaum Stimmen gegen dieses neue Bündnis, sowohl der König als auch sein Außenminister haben sich davon eben Vorteile versprochen und es hat wahrscheinlich damit auch niemand gerechnet, dass Friedrich II. aufgrund dieses neuen Bündnisses sofort angreift und er sofort einen Krieg vom Zaun bricht.
SPRECHER:
Auch als Frankreich nach anfänglichen Erfolgen zurückfällt, will Madame de Pompadour noch keine Verhandlungen mit den Gegnern, im Gegensatz zu ihrem alten Freund, dem französischen Außenminister de Bernis. Machtbewusst verschafft sie ihm die Kardinalswürde, lässt ihren neuen Günstling, den Grafen de Stainville, zum Herzog von Choiseul-Stainville küren, und überzeugt Ludwig, der etwas bei ihr gutzumachen hatte, de Bernis gegen de Choiseul auszutauschen.
SPRECHERIN:
Friedensverhandlungen oder nicht? Der englische Außenminister Newcastle bringt es auf den Punkt:
ZITATOR:
Die große Frage ist, auf welcher Seite die Lady steht. Das wird alles entscheiden.
MUSIK
SPRECHER:
Der Ausgang des Siebenjährigen Krieges ist für Frankreich desaströs: Die nordamerikanischen Kolonien sind verloren, die österreichischen Niederlande bekommt Frankreich auch nicht, Preußen erstarkt in Europa, und Frankreich steht kurz vor dem Staatsbankrott. Bei seinen Untertanen wird Ludwig, der "Vielgeliebte", zum "Vielgehassten". Und mit ihm Madame de Pompadour. Verprasst habe sie alles mit der prunkvollen Ausstaffierung ihrer Schlösser, dem Theater, ihren sündteuren Garderoben, den immensen Kriegskosten.
SPRECHERIN:
Freilich gab es das "System der Verschwendung" schon länger, so Andrea Weisbrod:
ZUSPIELUNG 11:
Alles war eben darauf angelegt, Schulden zu machen, und letztlich diese Schulden wieder zu decken durch Einkünfte, die man aus den Kolonien erzielen konnte, aus Leibeigenschaften. Und nachdem dieses System dann nach und nach bröckelt, und durch den Krieg die französische Kolonialherrschaft in Amerika abrupt beendet wird, fielen auch viele Geldquellen weg. Letztlich war sie aber greifbar, sie war das Sinnbild und konnte damit auch zu einer Art Sündenbock gemacht werden.
SPRECHER:
Auch wenn ihr Altersportrait sie am seinerzeit modischen Stickrahmen zeigt - natürlich, sittsam und nur im Haus wirkend: eine solche neue Pompadour gibt es nicht! Den König Friedrich II. von Preußen bringt sie zur Raserei, weil sie sich nicht in die Karten schauen lässt. Ihr großes Netzwerk an Kontakten auch zu anderen Fürstenhöfen zusammen mit einem florierenden Günstlingshandel sichert ihre Macht: Auf einen Gunstbeweis folgt eine Gegenleistung und darauf wieder eine Gunst. So entstehen immer neue Abhängigkeiten.
SPRECHERIN:
Gleichwohl ist der Preis für ihre Machstellung hoch. Ständig verfügbar sein für den König, häufiges Reisen mit dem Hof, ein immenses Arbeitspensum. Sie schrieb, meistens nachts, an die 60 Briefe pro Tag.
ZUSPIELUNG 12:
Dann kam eben dazu, diese persönlichen Schicksalsschläge, vor allen Dingen, der Tod ihrer Tochter Alexandrine, die mit 10 Jahren dann ganz überraschend gestorben ist, und von diesem Tod sagt sie, dass ihr das quasi einen Schlag versetzt hat, von dem sie sich nicht mehr richtig erholt hat.
MUSIK
SPRECHER:
Sie bewahrt dennoch die Contenance. Legt sich selbst eiserne Disziplin auf gegenüber einem als schwierig beschriebenen, manchmal depressiven, ängstlichen und schweigsamen König.
Sie nimmt stets trotz Migräne und Fieber an Hoffesten teil, Ludwig zuliebe. Sie muss Intrigen der Hofschranzen abwehren, kann niemandem vertrauen. Sie bannt auch zahlreiche Versuche, sie durch jüngere Frauen zu ersetzen. Und Ludwig ist kein Heiliger, er fühlt sich zu blutjungen Frauen hingezogen.
Sie vergisst indes nie: Sie ist vollständig von ihm abhängig. Einmal verrät sie in einem Brief ihren geheimen Wunsch:
ZITATORIN:
Ich hätte den großen Thron bevorzugt, muss mich aber mit dem kleinen begnügen, der nicht im geringsten meinem Temperament entspricht.
SPRECHERIN
Nach dem Attentat auf Ludwig XV. im Jahr 1757 will Madame de Pompadour schon von sich aus den Hof verlassen, damit er vor seinem Ableben in den Schoß der Kirche zurückkehren kann. Aber Ludwig, der nach einer Woche Wehklagen merkt, dass er doch nicht lebensgefährlich verletzt ist, kann ihren Weggang noch verhindern.
MUSIK
SPRECHER:
All dies zehrt über die Jahre an ihrer fragilen Gesundheit. Sie ist oft krank, wird immer häufiger bettlägerig. Von einer Erkältung kann sie sich nicht mehr erholen. Sie stirbt am 15. April 1764, im Alter von 42 Jahren, an Lungenentzündung. Der König, so flüstert man am Hof, sei "tief betroffen" über den Tod seiner Freundin.
SPRECHERIN:
Keine 25 Jahre später fegt die Französische Revolution mit einer neuen aufsteigenden bürgerlichen Schicht das höfische System weg. Politisch, freilich nur aus unserem heutigen Rückblick, hat Madame de Pompadour, zusammen mit dem König, durch Fehlentscheidungen Frankreich destabilisiert und den Weg zur Französischen Revolution bereitet. Das Erbe ihres Mäzenatentums aber, so Andrea Weisbrod, wirke bis in unsere Zeit hinein.
ZUSPIELUNG 13:
Sie hat Diderot gefördert, sie hat Montesquieu gefördert, sie hat selbst Rousseau gefördert, sie hat Voltaire gefördert, d.h. sie hatte ein Gespür letztlich auch für Umwälzungen in diesem Zeitalter, und hat die entscheidenden Personen gefördert, die bis heute eben Reichweite haben.