Andreas Wiesinger, Überlebender des Terroranschlags in Wien 2020, berichtet von seinen traumatischen Erlebnissen und der intensiven Angst jener Nacht. Sahel Zarinfard, Dossier-Journalistin, gibt spannende Einblicke in die Hintergründe des Anschlags und erklärt die extremistische Szene. Moussa al-Hassan Diaw, Deradikalisierungsexperte, thematisiert die Herausforderungen bei der Betreuung ehemaliger Extremisten. Lukas Matzinger, Falter-Journalist, reflektiert über die unzureichenden Reaktionen der Sicherheitsbehörden und die Forderungen der Opferfamilien nach Anerkennung.
Andreas Wiesinger beschreibt eindringlich seine traumatische Erfahrung während des Anschlags, die ihn auch Monate später emotional belastet.
Die Untersuchungskommission kritisiert die Behörden für versäumte präventive Maßnahmen trotz ausreichender Informationen über den Attentäter.
Angehörige der Opfer äußern ihre Wut über das Versagen der Behörden, die Trauer der Hinterbliebenen nicht ausreichend anzuerkennen.
Deep dives
Die Terrornacht von Wien
Ein dschihadistischer Attentäter richtete in der Wiener Innenstadt vor einem Jahr ein Blutbad an, das zu vier Todesopfern und 22 Verletzten führte. Der Attentäter wurde in diesem Kontext als bekannter Jihadist identifiziert, der уже in einem Deradikalisierungsprogramm war. Die Behörden stehen aufgrund von versäumten Maßnahmen und offensichtlichen Fehlern in der Sicherheitslage in der Kritik. Angehörige der Opfer äußern Unmut über den mangelhaften Umgang der Behörden mit den Angehörigen sowie über das fehlende öffentliche Gedenken an die Opfer des Anschlags.
Erfahrungen eines Überlebenden
Andreas Wiesinger, der in der Nähe des Anschlags war, beschreibt seine traumatisierende Erfahrung während der Attacke, als er Schüsse hörte und in Panik davonlief. Trotz der extremen Situation, in der er vor dem Attentäter stand, empfindet er, dass er Glück gehabt hat, da er nur Streifschüsse abbekommen hat. Diese Schrecksekunde und die darauf folgenden Flucht waren für ihn schwer zu verarbeiten, und die Erinnerung an die panischen Momente wirkt auch nach Monaten nach. Wiesinger lebt nun mit der Herausforderung, das Trauma hinter sich zu lassen und gleichzeitig die Erinnerungen an die Tat zu bewältigen.
Die Rolle von Behörden und Ermittlungen
Die Untersuchungskommission hat festgestellt, dass die Behörden vor dem Attentat über genügend Informationen verfügten, um einen möglichen Anschlag zu verhindern. Der Attentäter war inhaftiert gewesen und plante, Munition im Ausland zu kaufen, was den Behörden gemeldet wurde, jedoch zu keinen präventiven Maßnahmen führte. Experten kritisieren die Überlastung der Sicherheitsbehörden und das Versagen in der Kommunikationsstruktur, die dazu führte, dass wichtige Informationen nicht rechtzeitig umgesetzt wurden. Der Fokus auf die Muslimbruderschaft anstelle von dschihadistischen Bedrohungen wird ebenfalls als strategischer Fehler angesehen.
Trauer und Enttäuschung der Opferfamilien
Die Angehörigen der Opfer fühlen sich nach wie vor von den Behörden im Stich gelassen, was sich in ihrer Enttäuschung über nicht stattfindende Entschuldigungen und das Fehlen von Unterstützung äußert. Besonders betont wird die Wut über die Nicht-Einladung zu Gedenkfeiern und das Versäumnis, ihre Trauer offiziell anzuerkennen. Viele der Hinterbliebenen sind mit der Realität konfrontiert, dass ihre Trauer und ihr Verlust nicht ausreichend gewürdigt werden. Beide Vorstellungen, dass die Wut auf die Behörden und das Bedürfnis nach Anerkennung ihrer Verluste noch immer stark im Raum stehen, sind zentrale Themen in den Gesprächen mit den Angehörigen.
Perspektivwechsel und gesellschaftliche Reflexion
Trotz des Traumas, das der Anschlag ausgelöst hat, gibt es Überlebende, die versuchen, ihr Leben weiterzuführen und neue Erinnerungen zu schaffen. Wiesinger reflektiert, dass die schrecklichen Ereignisse für die meisten Menschen, die nicht direkt betroffen waren, allmählich in den Hintergrund geraten sind. Es wird diskutiert, ob das Land insgesamt das Trauma als so prägend erlebt hat, wie ursprünglich vermutet. Der Fokus soll nicht nur auf den Tätern, sondern vielmehr auf den Opfern liegen, um die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Themen Trauer, Verlust und Sicherheit zu fördern.
Trauer, Wut und offene Fragen. Eine Recherche zum Attentat des 2.11.2020. Sie hören Andreas Wiesinger, der das Attentat überlebt hat, Dossier-Journalistin Sahel Zarinfard, Deradikalisieurngsexperte Moussa al-Hassan Diaw (Derad) und Falter-Journalist Lukas Matzinger. Moderiert wird das Gespräch von Raimund Löw.
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