LdN428 CumEx & Co: Wie der Staat durch Steuerbetrug Milliarden verliert - und warum er sich das gefallen lässt (Interview Anne Brorhilker, Bürgerbewegung Finanzwende)
Apr 24, 2025
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In dieser Folge spricht Anne Brorhilker, Geschäftsführerin der Bürgerbewegung Finanzwende und ehemalige Oberstaatsanwältin, über den verheerenden Cum-Ex-Skandal. Sie beleuchtet, wie der Staat durch Steuerbetrug Milliarden verliert und warum diese Vergehen oft unentdeckt bleiben. Zudem wird diskutiert, wie die Aufklärung durch bürokratische Hürden und Lobbyismus erschwert wird. Brorhilker plädiert für mehr Transparenz und für Maßnahmen zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität, um das Vertrauen in den Rechtsstaat wiederherzustellen.
Der Staat verliert jährlich Milliarden durch Steuerbetrug und ungenutzte Einnahmequellen aufgrund von Systemlücken und unzureichender Kontrolle.
Die Methoden Cum-Cum und Cum-Ex haben dem Fiskus zwischen 40 und 50 Milliarden Euro entzogen und erfordern entschlossene rechtliche Maßnahmen.
Die bürokratische Struktur behindert die strafrechtliche Verfolgung großer Steuerdelikte, was das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat untergräbt.
Eine Reform des Steuersystems mit Mindeststeuern für Reiche würde die Steuerlast gerechter verteilen und das Vertrauen der Bürger stärken.
Deep dives
Einnahmeprobleme des Staates
Der Staat hat ein erhebliches Einnahmeproblem, das sich in den Berichten des Bundesrechnungshofs zeigt. Jedes Jahr verliert der Fiskus Milliarden Euro aufgrund von Lücken im Steuersystem, überflüssigen Subventionen und unzureichender Kontrolle der Gesetze. Diese Probleme könnten durch eine stärkere Digitalisierung der Finanzverwaltung, eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Behörden und besonders durch eine effektivere Bekämpfung der Steuerhinterziehung behoben werden. Angesichts der vielen möglichen Einnahmequellen, die aufgrund der mangelnden Effizienz ungenutzt bleiben, ist es entscheidend, dass der Staat endlich alle ihm zustehenden Steuern einzieht.
Steuerbetrug durch Cum-Cum und Cum-Ex
Die Methoden Cum-Cum und Cum-Ex haben in Deutschland massive Steuerverluste verursacht. Kriminelle Banker haben unter Ausnutzung der gesetzlichen Lücken dem Fiskus zwischen 40 und 50 Milliarden Euro entzogen, was als der größte Steuerbetrug in der deutschen Geschichte gilt. Eine Oberstaatsanwältin, die intensiv in diesen Fällen ermittelte, beleuchtet die gezielten Taktiken, mit denen diese Betrüger arbeiteten, um sich unrechtmäßige Steuerrückerstattungen zu sichern. Diese kriminellen Aktivitäten sind nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch zu verurteilen und erfordern energische Maßnahmen seitens des Staates.
Rechtsstaatliche Herausforderungen
Die Umsetzung rechtlicher Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerkriminalität steht vor großen Herausforderungen. Oftmals ist es die bürokratische Struktur, die eine effektive Strafverfolgung behindert, während gleichzeitig große Unternehmen oder Institutionen aufgrund ihrer Ressourcen wenig gefürchtet werden. Die Diskrepanz zwischen der Verfolgung kleiner Delikte und der mangelhaften Strafverfolgung bei großen wirtschaftlichen Vergehen führt zu einem Vertrauensverlust der Bürger in den Rechtsstaat. Ein Umdenken in der Verwaltung ist nötig, um endlich die großen Fälle ernsthaft zu verfolgen und den Eindruck von zwei Maßstäben zu beseitigen.
Gesellschaftliche Auswirkungen von Steuerhinterziehung
Steuerhinterziehung hat weitreichende gesellschaftliche Folgen und verstärkt Ungerechtigkeiten innerhalb der Bevölkerung. Jährlich werden dem Staat durch Steuertricks und kriminelle Machenschaften immense Summen entzogen, die den allgemeinen Haushalten, und damit der Öffentlichkeit, fehlen. Dieses Fehlen von Geldern hat direkte Auswirkungen auf öffentliche Dienstleistungen und trägt zur wachsenden Kluft zwischen verschiedenen sozialen Schichten bei. Die Wahrnehmung dieser Ungerechtigkeit führt dazu, dass Bürger ihr Vertrauen in die Finanzbehörden und den Rechtsstaat verlieren.
Ineffizienz der Steuerbehörden
Die Ressourcen der Steuerbehörden sind oft unzureichend, um große Betrugsfälle adäquat zu verfolgen. Der Fokus der Verfahren liegt häufig auf kleineren Fällen, da großangelegte Untersuchungen aufgrund des erforderlichen Personalaufwands nicht so leicht zu bewerkstelligen sind. Eine Umstrukturierung der Behörden, die es ihnen ermöglicht, sich auf komplizierte Fälle zu konzentrieren und mehr Spezialisten für Wirtschaftskriminalität einzusetzen, ist dringend erforderlich. Nur so kann das Aufdeckungsrisiko erhöht werden, was ein entscheidender Faktor für die Bekämpfung von Steuerbetrug ist.
Einfluss der Finanzlobby
Die Rolle der Finanzlobby in der deutschen Politik ist nicht zu unterschätzen und beeinflusst die Regulierung des Finanzsektors erheblich. Lobbyisten der großen Banken haben mehr Ressourcen und ein größeres Mitspracherecht, was sich oft negativ auf die Bemühungen um strengere Gesetze zur Bekämpfung von Steuerverbrechen auswirkt. Der Einfluss dieser Lobby ist so stark, dass Änderungen und Reformen, die nötig wären, um die Gesetzlichen Lücken zu schließen, oft unterbleiben. Dies führt dazu, dass die Interessen der Großfinanz den öffentlichen Interessen in den Hintergrund gedrängt werden.
Zukunft der Steuerpolitik
Für eine gerechtere und nachhaltige Steuerpolitik bedarf es einer grundlegenden Reform des bestehenden Systems. Die Einführung von Mindeststeuern für wohlhabende Individuen und große Unternehmen könnte ein erster Schritt in die richtige Richtung sein. Dies würde nicht nur zu einer gerechteren Verteilung der Steuerlast führen, sondern auch das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat stärken. Ein Umdenken in der Politik, das die Interessen der Allgemeinheit über die der Finanzlobby stellt, ist essenziell für die zukünftige Finanz- und Steuerpolitik in Deutschland.
In der „Lage der Nation“ kehren der Journalist Philip Banse und der Jurist Ulf Buermeyer einmal in der Woche die politischen Ereignisse hierzulande und in der Welt zusammen, so diese sie interessieren und sie sie für relevant halten.