

EGL086 Pickup-Physik deiner E-Gitarre: Humbucking und Phasendrehung richtig planen (Stromgitarre 7)

Wieder eine Sommerloch-Episode zum Thema Stromgitarren – diesmal, um ein für alle Mal zu erklären, was Humbucking und Out-of-Phase eigentlich miteinander zu tun haben und was nicht. Der Humbucking-Effekt entsteht rein technisch durch zwei Spulen mit entgegengesetzter Wicklungsrichtung, die nahe beieinanderliegen und dadurch Brummgeräusche auslöschen – völlig unabhängig von der Magnetpolung. Erst wenn es darum geht, wie das eigentliche Gitarrensignal (also die Saitenschwingung) durch beide Spulen geleitet wird, kommt die Magnetpolarität ins Spiel. Dann entscheidet sich, ob der Klang voll und durchsetzungsstark („in Phase“) oder dünn und nasal („out of phase“) klingt – und dabei kann der Brumm immer noch unterdrückt sein oder nicht, je nach Kombination von Wicklung und Magneten. Klingt kompliziert? Deshalb erklärt Micz es Flo. Denn wenn Flo es kapiert hat, dann können es wirklich alle verstehen.
Shownotes
- Link zur Strecke auf Komoot
- EGL086 | Wanderung | Komoot
- Links zur Episode
- Brian May über seine Git. Sounds in QueenZone discussion #543051
- Kirk Hammets about his 1959 Les Paul "Greeny"
- Pink Panther - " I Would like to buy a Hamburger" - YouTube
- Tonabnehmer / Pickups auf Wikipedia
- P.A.F. (pickup) auf Wikipedia
- Humbucker Pickup auf Wikipedia
- Alter Post: Tschechiens Kulturinstitut in Berlin: aktiver Vermittler der tschechischen Kultur in der Welt
- Tschechisches Zentrum Berlin in Wikipedia
- Pressemeldung der Botschaft der Tschechischen Republik zum Umzug
Mitwirkende
- Micz Flor
- Florian Clauß
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Wir sprechen heute über zwei „Fehler“ der Gitarrenelektronik. Es geht um Humbucking (Brummen mittels zweier Spulen auslöschen) und Phasendrehung („Out-of-Phase“ Sound, in dem sich die Signale zweier Spulen größtenteils auslöschen). Zumindest letzerer ist für viele ein Feature und kein Fehler. In vielen Wiring Diagrams ist „Out-of-Phase“ in der Verschaltung fest eingeplant. Wer das hier durchhört kann endlich die Frage beantworten:
Wie kann ich zwei Pickups so miteinander verdrahten, dass ich kein Brummen aber den „Out-of-Phase“ Sound bekomme?
In Foren und Gesprächen werden diese Begriffe oft vermischt oder verwechselt, obwohl sie technisch gesehen zwei ganz unterschiedliche Dinge beschreiben. Wer seine E-Gitarre wirklich verstehen will – sei es zum Modden, Reparieren oder einfach aus Interesse – tut gut daran sich das folgende noch mal klar zu machen.
Hum Bucking geht über die Spule und hat mit den Magneten nichts zu tun
Der sogenannte Humbucking-Effekt entsteht durch das gezielte Zusammenspiel zweier Spulen (Coils) mit entgegengesetzter Wicklungsrichtung. Diese beiden Spulen können nebeneinander oder auch übereinander angeordnet sein. Bei entgegengesetzter Wicklung gleichen sich die Störsignale in den beiden Spulen gegenseitig aus, weil die Wellenberge des einen Signals auf die Wellentäler des anderen treffen. Micz erklärt dies anhand des Bildes von zwei Uhren, die eine läuft rechtsrum, die andere links. Die Amplituden der Zeiger gemessen zur vertikalen Achse gleichen sich aus.
Je dichter die beiden Spulen beieinander liegen, desto exakter wirken die Auslöschungseffekte und desto effektiver ist die Brummunterdrückung. Dies ist vor allem wichtig im Hinterkopf zu behalten, wenn wir später über den „Out-of-Phase“ Sound sprechen.
Dieser sogenannte Humbucking-Effekt beruht rein auf der elektrischen Verschaltung und Wickelrichtung der Spulen und hat zunächst nichts mit der Ausrichtung der Magneten zu tun.
Ein klassisches Beispiel dafür ist der Gibson PAF. „PAF“ (Patent Applied For) war die Prägung auf dem Pickup und wurde zum Synonym für diesen Humbucker. Hier sind zwei Spulen nebeneinander angeordnet: eine mit einstellbaren Schraubpolen und eine mit festen Slugs. Die Schraubenspule ist in der Regel südmagnetisch, die Slug-Spule nordmagnetisch. Beide Spulen sind gegenläufig gewickelt und elektrisch so verschaltet, dass sich das Brummen auslöscht, während das Gitarrensignal erhalten bleibt. Diese sorgfältig abgestimmte Kombination aus Wicklungsrichtung und Magnetpolarität ist das Herzstück des charakteristischen Humbucker-Sounds.
So gesehen ist eine Fender Telecaster mit zwei unterschiedlich gewickelten und entgegengesetzt gepolten Single-Coil-Pickups technisch betrachtet ebenfalls ein Humbucker – auch wenn die Spulen nicht in einem gemeinsamen Gehäuse untergebracht sind. Auch eine Gibson Les Paul Junior mit nur einem einzelnen Humbucker an der Bridge-Position entspricht prinzipiell diesem Aufbau. Der Unterschied ist, dass im Humbucker die Spulen in Reihe, in der Telecaster parallel geschlatet sind. Für Hum Bucking ist dies jedoch irrelevant.
Der entscheidende Unterschied liegt im Abstand der Spulen zueinander. Bei der Telecaster befinden sich Hals- und Steg-Pickup physisch weit voneinander entfernt. Dadurch wirkt der Humbucking-Effekt zwar prinzipiell, ist aber deutlich schwächer ausgeprägt, weil sich die Störsignale in den beiden Spulen aufgrund des größeren Abstands nicht exakt auslöschen. Im Gegensatz dazu liegen die beiden Spulen in einem klassischen Humbucker wie beim PAF direkt nebeneinander, was zu einer wesentlich präziseren Unterdrückung von Brummgeräuschen führt. So gesehen hat der einzelne Humbucker in der Les Paul Junior einen effektiveren Humbucking-Effekt als das Pickup-Paar einer Telecaster.
Die Magnetfelder haben keinen Einfluss auf das Hum Bucking
Die Magnetfelder im Pickup erzeugen das notwendige statische Feld für die Induktion durch die Saiten, sie bestimmen aber nicht, ob Störsignale ausgelöscht werden. Humbucking und das Thema „in Phase“ bzw. „Out-of-Phase“ hängen also nur dann zusammen, wenn zusätzlich zur Wicklungsrichtung auch die magnetische Ausrichtung berücksichtigt wird.
„On the solo to Bohemian Rhapsody, I’ve got the neck pickup working out of phase with the center pickup. In this particular setting, I have the two switches for the neck and middle pickup turned on but the bridge pickup turned off. On top of that, one of the phase switches is clicked up instead of down (it really doesn’t matter which one.) This setting produces a very sweet harshness.“
Brian May, QueenConcerts 23.05.2005
„Out-of-Phase“ in Abhängigkeit von Wicklungsrichtung, Magnetfeld und Abstand der Spulen
An dieser Stelle lässt sich gut zum Thema „in-Phase“ und „Out-of-Phase“ überleiten. Entscheidend ist hier die Ausrichtung der Magneten, also ihre Polarisierung. Wenn zwei Pickups zwar elektrisch entgegengesetzt gewickelt, aber gleich magnetisiert sind, dann löschen sich zwar Brummgeräusche gegenseitig aus – das gewünschte Signal der Saitenschwingung jedoch nicht. Es entsteht ein sogenannter „in-Phase“-Sound. Das ist der „normale“ Sound. Wenn hingegen entweder die elektrische Phase (also Wicklungsrichtung oder Anschlussbelegung) oder die magnetische Polarisierung eines Pickups verdreht ist, kommt es zur Auslöschung von Teilen des Nutzsignals. Das Ergebnis ist ein „Out-of-Phase“-Sound: dünn, höhenreich, leicht nasaler Klang mit deutlich verringertem Tieftonanteil.
Der Abstand der Spulen voneinander kommt hier zum Tragen, wie eingangs schon angedeutet. Je weiter die Coils voneinander entfernt sind, desto weniger wird nicht nur das Brummen ausgelöscht, sondern eben auch das Signal. Innerhalb eines Humbucker Pickup (verglichen z.B. mit den beiden Pickups einer Fender Telecaster) werden mehr Anteile des Brummens UND des Signals ausgelöscht. Jetzt schauen wir noch mal auf Miczs Bild mit den Uhren, die sich auslöschen: eine läuft rechts-, die andere linksherum. Die Amplituden der Zeiger gemessen zur vertikalen Achse löschen sich gegenseitig aus. Die Summer ist Null. Aber…
Wenn wir die Uhren nicht ganz genau gleichzeitig starten, dann hat das wenig Einfluss auf die Auslöschung der Stundenzeiger. Diese brauchen sechs Stunden für eine halbe Umdrehung. Drei, vier Sekunden machen da keinen Unterschied. Aber die Sekundenzeiger sind viel empfindlicher. Wenn ein Zeiger schon bei Sekunde 5 ist, wenn die Andere Uhr beginnt, dann ist da eine deutliche Differenz zu messen – verglichen mit den Stundenzeigern.
Deshalb klingen die „Out-of-Phase“ Signale höher, hohler, nasaler, oder wie auch immer sie beschrieben werden: die tieferen Frequenzen sind die Stundenzeiger, die besser ausgelöscht werden. Die hohen Frequenzen sind die Sekundenzeiger, die mehr Amplitude herstellen. Deshalb ist mehr von diesen zu hören (die wiederum auch in der Kurve stark verändert werden).
Wichtig noch und „Merke“: der „Out-of-Phase“ Effekt ist nur hörbar, wenn beide Pickups gleichzeitig aktiv sind – etwa in der Mittelstellung einer Dreiwegschaltung an sind.
„Out-of-Phase“ mit Switch oder Verdrahtung
„Out-of-Phase“ Sound wird oft mittels eines Kipp-, Schiebe- oder Push-Pull-Schalters hergestellt. Dabei werden einfach die Anschlüsse einer Spule getauscht. Dies geht nicht bei allen Pickups. Gerade bei älteren kommen meist nur zwei Drähte aus dem Pickup: Erdung (Masse) und Signal (Hot). Neuer Pickups haben meist fünf Kabel: Masse und 2 x für jede Spule.
Vorteil dieser Herangehensweise: man kann einfach zwischen beiden Modi hin- und herschalten. Nachteil: bei Out-of-Phase wird entfällt die Brummunterdrückung.
„Out-of-Phase“ UND Hum Bucking durch Umkehr der Magnete
Was viele überrascht: Auch bei einem „Out-of-Phase“-Sound kann der Humbucking-Effekt vollständig erhalten bleiben. Das ist dann der Fall, wenn zwei Spulen unterschiedlich gewickelt sind, aber dieselbe magnetische Ausrichtung haben. Brummgeräusche löschen sich aus – das Signal der Saitenschwingung dagegen teilweise. Umgekehrt kann es auch vorkommen, dass zwei gleich gewickelte Spulen mit entgegengesetzter Magnetpolarität einen sehr ähnlichen Klang erzeugen, der ebenfalls „Out-of-Phase“ klingt – in diesem Fall aber nicht brummfrei ist, weil der Humbucking-Effekt entfällt. Entscheidend für die Brummunterdrückung ist also immer die Kombination aus Wicklung und Magnetrichtung – nicht der Klang allein.
Das gleiche Prinzip gilt auch bei der Verwendung von zwei Humbuckern, wie man sie etwa bei einer Gibson Les Paul findet. In der Mittelstellung (Bridge + Neck) kommt es auch hier auf die Phase und Polarisierung der Pickups an. Wer gezielt einen „Out-of-Phase“-Sound anstrebt – sei es in Reihenschaltung (seriell) oder in Parallelschaltung –, muss entweder die elektrische Phase eines der Pickups umdrehen (z. B. durch Vertauschen von Hot und Masse) oder die magnetische Polarität einer der Spulen verändern. Letzteres lässt sich durch das vorsichtige Umdrehen des Magneten innerhalb des Pickups erreichen.
Für Telecaster-Spieler (oder andere Single-Coil Gitarren) bedeutet das: Wer in der Mittelstellung einen charakteristisch nasalen „Out-of-Phase“-Sound erzeugen möchte, sollte gezielt nach einem Steg- oder Hals-Pickup suchen, der zur bereits verbauten Gegenseite eine gleiche magnetische Orientierung, aber eine entgegengesetzte Wicklungsrichtung aufweist. Nur so bleibt der Humbucking-Effekt erhalten.
Korrektur zur Tour: „Tschechische Botschaft“ und das „Tschechische Zentrum Berlin“
Die „Tschechische Botschaft“ und das „Tschechische Zentrum Berlin“ sind gerade nicht in dem Gebäude, das wir fotografiert haben. Diese befanden sich bis Januar 2023 in der Wilhelmstraße 44. Aufgrund einer umfassenden, mehrjährigen Sanierung dieses Botschaftsgebäudes – initiiert durch das tschechische Außenministerium – war ein Standortwechsel erforderlich. Seit Januar 2023 befindet sich das Tschechische Zentrum Berlin daher vorübergehend in den Räumlichkeiten des Goethe-Instituts Berlin in der Neue Schönhauser Straße 20, 10178 Berlin. Die Verlegung dient der Aufrechterhaltung des Programmbetriebs während der Bauarbeiten und wurde als Übergangslösung kommuniziert. Mehr dazu in den Links der Shownotes.











