Der Zuschauer-Effekt - Warum wir oft gaffen, aber nicht helfen
Dec 31, 2024
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Warum greifen Menschen in Notlagen nicht ein, sondern schauen nur zu? Der Zuschauer-Effekt wird analysiert, inklusive der Rolle von Gruppendynamik und persönlicher Einstellung. Interessante Experimente zeigen, wie das Verhalten von Ratten auf den Bystander-Effekt hinweisen. Außerdem wird das Thema Zivilengagement im Kontext aktueller Proteste und gesellschaftlicher Herausforderungen beleuchtet. Kleine Trainings können helfen, das Handeln in kritischen Situationen zu fördern und das Selbstvertrauen zu stärken.
Das menschliche Verhalten, in Notfällen zuzusehen statt einzugreifen, wird durch den Zuschauer-Effekt und Gruppendynamik beeinflusst.
Zivilcourage kann durch gezielte Schulungsprojekte und Rollenspiele gefördert werden, um mehr Menschen zum Handeln zu ermutigen.
Deep dives
Der Reiz des Zuschauens
Das Bedürfnis, Unfälle oder Notfälle zu beobachten, ist ein menschliches und historisch verankertes Verhalten. Menschen neigen dazu, in kritischen Situationen, wie Gewalttaten oder Unfällen, zuzuschauen, anstatt einzugreifen, was sogar schon in der Antike beobachtet wurde. Der Soziologe Wolf Dombrovski erklärt, dass diese Beobachtungsreaktion evolutionsbedingt vorteilhaft ist, da sie es Menschen ermöglicht, aus sicherer Entfernung zu lernen und zu überleben. Dies zeigt sich auch in Tierexperimenten, wo Tiere in kritischen Situationen oft nicht eingreifen, sondern zusehen, um die Situation besser einschätzen zu können.
Der Zuschauer-Effekt
Die Forschung zu sozialem Verhalten zeigt, dass Menschen in Notsituationen häufig nicht eingreifen durch einen Phänomen namens Zuschauer-Effekt. Wenn viele Menschen anwesend sind, nimmt die Wahrscheinlichkeit, dass jemand hilft, signifikant ab, da jeder denkt, dass jemand anderer schon eingreifen werde. Der Gewaltvorfall gegen Kitty Genovese in den 1960er Jahren wird oft als das berühmteste Beispiel zitiert, wo trotz vieler Zeugen keiner half. Erfahrungen aus Tierexperimenten bestätigen ähnliche Verhaltensmuster, bei denen Tiere in Gruppen weniger geneigt sind zu helfen als allein.
Zivilcourage schulen
Um mehr Menschen zu ermutigen, in Notfällen zu helfen, ist es wichtig, Zivilcourage aktiv zu trainieren, insbesondere durch Rollenspiele und spezifische Ausbildungsprogramme. Projekte in Schulen und Unternehmen vermitteln Wissen darüber, wie man in kritischen Situationen handelt und Verantwortung übernimmt, ohne sich allein gelassen zu fühlen. Dabei wird auch die Vorbildfunktion von Eltern und Lehrern hervorgehoben, die Werte und Respekt fördern sollten, um junge Menschen zu verantwortungsbewussten Bürgern zu erziehen. Dies kann dazu führen, dass mehr Menschen das Vertrauen gewinnen, in Notsituationen aktiv einzugreifen, anstatt passiv zuzusehen.
Was bringt Menschen dazu, im Notfall einzugreifen, statt nur zuzuschauen? Dies hängt laut Forschern nicht nur von Persönlichkeitsmerkmalen der handelnden Person, sondern auch von gruppendynamischen Prozessen ab. Von Lukas Grasberger (BR 2021)
Credits Autor dieser Folge: Lukas Grasberger Regie: Sabine Kienhöfer Es sprachen: Katja Amberger, Johannes Hitelberger, Gudrun Skupin Technik: Christine Frey Redaktion: Nicole Ruchlak
Im Interview: Georg Baur, Helfer bei Angriff in Berliner U-Bahn aus Hürnheim (Schwaben) Prof. Wolf Dombrowsky, Katastrophen-Soziologe, Steinbeis-Hochschule, Berlin Peggy Mason, Neurobiologin, University of Chicago Prof. Andreas Kastenmüller, Lehrstuhl für Sozial- und Wirtschaftspsychologie an der Universität Siegen em. Prof Dieter Frey, Lehrstuhl für Sozialpsychologie am Department für Psychologie der LMU München
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