Daniel Schulz und Sebastian Erb, beide investigative Journalisten bei der taz, sprechen über ein schockierendes Netzwerk rechtsextremer Bundeswehrsoldaten und Polizisten. Sie erklären die Hintergründe der geheimen Vorbereitungen auf den 'Tag X' und analysieren den Fall eines Bundeswehroffiziers, der rechtsterroristische Pläne schmiedete. Zudem beleuchten sie die Herausforderungen bei der Online-Recherche und die emotionalen Belastungen, die mit der Aufdeckung solcher Schattennetzwerke einhergehen.
Das Hannibal-Netzwerk, bestehend aus rechtsextremen Soldaten und Polizisten, ist auf einen potenziellen 'Tag X' vorbereitet.
Die Recherche verdeutlicht die problematische Verbindung zwischen Sicherheitskräften und extremistischer Ideologie sowie deren Auswirkungen.
Die journalistische Arbeit zur Aufdeckung des Netzwerks könnte zu einer Neubewertung des Umgangs mit rechtsextremen Gefahren in Deutschland führen.
Deep dives
Das Hannibal-Netzwerk
Das Hannibal-Netzwerk bezieht sich auf ein inoffizielles Netzwerk, das von einem KSK-Soldaten, André S., und dessen Unterstützern gebildet wurde. Zu den Mitgliedern gehören sowohl Polizisten als auch andere Militärangehörige, die sich auf einen potenziellen "Tag X" vorbereiten, an dem sie möglicherweise rechtsextreme Gewalt ausüben könnten. Diese Vorbereitungen umfassen das Anlegen von Feindeslisten und das Horten von Munition. Das Netzwerk ist nicht klar strukturiert, sondern weist Merkmale einer fließenden, netzwerkmäßigen Organisation auf, die es schwer macht, dessen Aktivitäten genau zu verfolgen und zu beweisen.
Franco A. und seine Rolle
Franco A., ein Bundeswehroffizier, steht im Mittelpunkt der Recherchen und wird beschuldigt, sich als Syrer ausgegeben zu haben, um rechtsterroristische Anschläge zu planen. Seine politische Gesinnung ist geprägt von rechtsextremen Ansichten, die er in seiner Masterarbeit und über soziale Medien zum Ausdruck bringt. Während der Gerichtsverhandlung tritt er selbstbewusst auf und präsentiert sich als Opfer einer Verschwörung gegen ihn. Seine Verwicklung in das Hannibal-Netzwerk zeigt die problematische Verbindung zwischen Sicherheitskräften und extremistischer Ideologie auf.
Der Prozess der Radikalisierung
Die Radikalisierung von Franco A. und anderen Mitgliedern des Netzwerks ist zeitlich häufig mit der Flüchtlingskrise und den damit verbundenen gesellschaftlichen Spannungen verknüpft. Während der Flüchtlingskrise zeigen sich bei Franco A. Anzeichen einer Annäherung an rechtsextreme Gruppen und Ideologien. Er vernetzt sich mit Gleichgesinnten in Telegram-Chats, wo extreme Ansichten diskutiert werden. Die stufenweise Radikalisierung lässt sich nicht immer direkt nachvollziehen, zeigt jedoch eine besorgniserregende Entwicklung in der politischen Gesinnung.
Die Herausforderungen der Recherche
Die Recherche über das Hannibal-Netzwerk war mit zahlreichen Herausforderungen verbunden, da die Mitglieder sich oft hinter harmlosen Bezeichnungen wie "Prepper" versteckten, was ihre wahre Gefährlichkeit verharmloste. Journalisten hatten Mühe, Informationen zu sammeln, da die Behörden häufig die Bedrohung durch solche Netzwerke herunterspielten. Der Zugang zu Informationen erforderte sowohl Kreativität als auch Ausdauer, oft durch Gesprächsangebote an Insider. Die Autorität und Einflussnahme von gewaltbereiten Elementen innerhalb gesetzlicher Sicherheitsstrukturen erschwerten die Aufdeckung der wahren Natur des Netzwerks.
Langfristige Auswirkungen und zukünftige Recherchen
Die Recherchen über das Hannibal-Netzwerk könnten langfristige bedeutende Veränderungen in der Betrachtung von rechtsextremen Netzwerken und deren Verbindungen zu Sicherheitsbehörden nach sich ziehen. Durch die Dokumentation und die Ergebnisse haben die Journalisten einen konstruktiven Beitrag zur Diskussion über die Bedrohung von innen geleistet. Die wiederholte Fokussierung auf diese Thematik hat dazu geführt, dass auch staatliche Institutionen ihren Umgang mit derartigen Netzwerken überdenken müssen. Forscher und Journalisten planen, die Ergebnisse weiter zu verfolgen und ähnliche Strukturen in unterschiedlichen Bereichen zu untersuchen.
Daniel Schulz und Sebastian Erb im Gespräch mit Helena Weise
Ende des Jahres 2018 enthüllt die "taz" ein Netzwerk aus rechtsextremen Bundeswehrsoldaten, Polizisten und Preppern, das sich auf den sogenannten Tag X vorbereitet. Sie horten Waffen, Munition und legen Listen ihrer Feinde an. Doch der große mediale Aufschrei bleibt zunächst aus. Mit Sebastian Erb und Daniel Schulz aus dem Rechercheteam der taz begibt sich Helena Weise auf Spurensuche und versucht, das Schattennetzwerk um "Hannibal" zu rekonstruieren.
Wie haben Sie das gemacht? - Ein Podcast der Reportageschule Reutlingen und Reportagen.fm