Gewalt in Beziehungen - Darum gibt es kaum Anzeigen
Mar 15, 2024
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Asha Hedayati, Familienrechtsanwältin und Autorin mit umfassender Expertise in Partnerschaftsgewalt, erklärt die erschreckend niedrige Anzeigequote bei Gewalt in Beziehungen. Sie beleuchtet, dass Verschärfungen im Strafrecht nicht die Lösung sind und diskutiert die Herausforderungen, denen Frauen bei der Trennung von gewalttätigen Partnern gegenüberstehen. Zudem wird der Fall von Maya erwähnt, die trotz Verurteilung ihres Ex-Freundes an der Unterstützung des Justizsystems zweifelt.
Partnerschaftsgewalt ist ein weit verbreitetes Problem in Deutschland, wobei die Anzeigequote dank zahlreicher Furcht und Stigmatisierung extrem niedrig bleibt.
Die Schaffung eines unterstützenden Netzwerks ist entscheidend für betroffene Frauen, um Isolation zu überwinden und die Entscheidung zur Trennung zu erleichtern.
Deep dives
Massive Partnerschaftsgewalt in Deutschland
Partnerschaftsgewalt stellt ein ernstes und weit verbreitetes Problem in Deutschland dar, wie die Statistiken zeigen. Im Jahr 2022 war jeder sechste Fall in der Kriminalstatistik ein Fall von Partnerschaftsgewalt, und die Dunkelziffer könnte noch erheblich höher sein. Jede dritte Frau wird alle drei Tage von ihrem Partner oder Ex-Partner ermordet, während Femizid in Deutschland nicht als eigenständiger Straftatbestand anerkannt ist. Trotz der erschreckenden Zahlen bleibt das Bewusstsein und die Unterstützung für betroffene Frauen oft unzureichend, was die Notwendigkeit stärkerer Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Gewalt verdeutlicht.
Herausforderungen bei Juristischen Verfahren
Betroffene von Partnerschaftsgewalt sehen sich häufig einem herausfordernden Justizsystem gegenüber, das oft nicht auf die besonderen Bedürfnisse und Ängste der Opfer eingeht. Die Erfahrungen der Frauen zeigen, dass während des Verfahrens oft die Verantwortung für die Gewalt den Opfern übertragen wird, was das Trauma verstärken kann. Ein konkretes Beispiel ist der Fall einer jungen Frau, die ihren Ex-Partner anzeigte, jedoch im Verlauf des Verfahrens stark unter dem Druck litt und an ihrem Glauben an die Justiz zweifelte. Solche Erfahrungen verdeutlichen, wie wichtig es ist, ein unterstützendes Umfeld zu schaffen und die juristischen Verfahren für die Betroffenen empathischer zu gestalten.
Die Bedeutung eines Unterstützungsnetzwerks
Die Bildung eines starken Unterstützungsnetzwerks ist für Frauen in gewaltsamen Beziehungen von entscheidender Bedeutung. Viele betroffene Frauen sind durch ihre Partner isoliert und haben häufig kein Netzwerk von Freunden oder Angehörigen mehr, auf die sie zurückgreifen können. Externe Personen wie Nachbarn, Arbeitskollegen oder Lehrer spielen eine wesentliche Rolle, um als Vertrauenspersonen zu fungieren und Unterstützung zu bieten. Ein gut funktionierendes Netzwerk kann Frauen helfen, die schwierigen Schritte zur Trennung zu gehen und ihre Selbstwahrnehmung zu stärken, indem es ihnen Rückhalt und Bestätigung bietet.
Wir haben in Deutschland ein massives Problem mit Partnerschaftsgewalt. Laut Bundeskriminalamt sind 2022 etwa 160.000 Menschen sind Opfer von Gewalt in Partnerschaften geworden. Die Opfer sind zu 80 Prozent weiblich, die Täter sind zu fast 80 Prozent männlich. Obwohl das Problem so schwerwiegend und offensichtlich ist, werden laut einer Studie des Bundeskriminalamtes von 2020 nur knapp 4 Prozent der Fälle von körperlicher Gewalt in Partnerschaften angezeigt, bei sexualisierter Gewalt in Partnerschaften sind es sogar nur 0,6 Prozent.
In dieser Episode geht es mit der Familienrechtsanwältin Asha Hedayati um die Frage, warum die Anzeigequote so gering ist und wir sprechen darüber, warum eine Verschärfung des Strafrechts hierfür nicht die Lösung wäre. Außerdem hat Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Lou Zucker Maya (Name geändert) bei einem Gerichtsprozess begleitet. Maya hat ihren gewalttätigen Exfreund angezeigt und sagt: mit dem Wissen von heute wüsste ich nicht, ob ich das alles nochmal auf mich nehmen würde.
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Ihr hört in dieser "Eine Stunde Liebe":
00:02:38 - Asha Hedayati über erste Schritte raus aus einer gewaltvollen Beziehung
00:07:22 - Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Lou Zucker über Maya, die ihren gewalttätigen Ex-Freund angezeigt hat
00:14:34 - Asha Hedayati über Gewaltschutzverfahren
00:19:40 - Asha Hedayati über mangelhafte Gewaltprävention
00:28:07 - Luis im Liebestagebuch über ein aufregendes Date