#69 Windpark-Betrüger Hendrik Holt im exklusiven Gefängnis-Interview
May 8, 2024
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Hendrik Holt, einst als Wunderkind der Energiebranche gefeiert, sitzt wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs hinter Gittern. Im Interview spricht er überraschend offen über seine Beweggründe und Ängste vor der Verhaftung. Zudem erzählt er von seiner Zeit in einem Gefängnis, das seiner Meinung nach eher einem Motel ähnelt, und reflektiert über die Herausforderungen der Einzelhaft. Holt diskutiert auch die moralischen Fragen seines Handelns und die Auswirkungen auf seine Familie, während er versucht, aus seinen Fehlern zu lernen.
Hendrik Holt täuschte Energiekonzerne mit gefälschten Windpark-Projekten und erzielte dadurch einen Gewinn von rund 10 Millionen Euro.
Die Haftzeit in der JVA Heidering beschreibt Holt als vergleichsweise angenehm, mit modernen Annehmlichkeiten und Teilnahme an verschiedenen Programmen.
Holt reflektiert über seine moralischen Entscheidungen und sieht die Notwendigkeit, in Zukunft verantwortungsbewusster mit seinen Handlungen umzugehen.
Deep dives
Hendrik Holt: Der Windparkbetrüger
Der verurteilte Wirtschaftsbetrüger Hendrik Holt, auch bekannt als Windparkbetrüger, gelangte im Zeitraum von 2010 bis 2020 wegen seiner illegalen Aktivitäten in den Fokus der Ermittlungsbehörden. Holt täuschte ausländischen Energiekonzernen vor, Windparks zu verkaufen, die nicht existierten, und erlangte somit Gewinne in Höhe von rund 10 Millionen Euro durch gefälschte Dokumente. Seine betrügerischen Machenschaften führten zur Verhaftung im April 2020 in einem Luxushotel in Berlin, gefolgt von einer Verurteilung zu sieben Jahren und sechs Monaten Gefängnis. Der wirtschaftliche Druck und persönliche Gier motivierten Holt zu seinen Straftaten, was er heute auch als moralischen Fehltritt einräumt.
Das Leben im Gefängnis
Holt beschreibt seine Haftzeit in der JVA Heidering als wesentlich humaner und lockerer im Vergleich zu anderen Justizvollzugsanstalten. Sein 'Apartment' bietet moderne Annehmlichkeiten wie ein eigenes Bad und die Möglichkeit zur Videotelefonie, was seine Haftbedingungen vergleichsweise angenehm gestaltet. Zudem nimmt er an verschiedenen Programmen und Gruppen, wie Sport- und Musikgruppen, teil und ist sogar als Organist aktiv. Trotz der Restriktionen im Gefängnis schätzt er die Möglichkeiten zur Selbstversorgung und die kostenlose Verpflegung, die hier auf Bio-Essen umgestellt wurde.
Die Psychologie des Betrugs
Im Gespräch reflektiert Holt über die psychologischen Aspekte seiner damaligen Entscheidungen und gesteht, dass er zu keiner Zeit Angst vor Entdeckung hatte. Diese 'Angstfreiheit' erlaubte ihm, impulsiv zu handeln und riskante Entscheidungen zu treffen, ohne an die Konsequenzen zu denken. Er räumt ein, dass er ab einem gewissen Punkt die Wahrnehmung für moralische Grenzen verloren hatte und die Verantwortung für seine Taten erst im Nachhinein richtig verstand. Holt sieht heute die Notwendigkeit, solche Entscheidungen stärker zu hinterfragen, was er als Teil seines Rehabilitationsprozesses betrachtet.
Die Rolle der Familie im Betrug
Holt gibt Einblicke in die familiäre Dynamik während seiner kriminellen Machenschaften, wo mehrere Familienmitglieder in die Betrügereien verwickelt waren. Seine Geschwister unterstützten ihn aktiv, während andere Familienmitglieder vom Geschäftsmodell ausgeschlossen blieben. Die Entscheidung, als Familie in die Kriminalität abzutauchen, wurde nicht direkt thematisiert, sondern entwickelte sich schleichend und logisch aus der unternehmerischen Situation heraus. Trotz der Konsequenzen ist der familiäre Zusammenhalt bis heute stark, auch wenn es vorübergehende Spannungen gab, die durch den rechtlichen Druck entstanden sind.
Rehabilitation und neue Perspektiven
Im Gefängnis hat Holt nicht nur seine Rolle als Gefangener reflektiert, sondern auch seine persönlichen Werte neu überprüft. Er betont, dass die Zeit im Gefängnis ihm ermöglicht hat, sich selbst besser kennenzulernen und an seinen Fehlern zu wachsen. Holt plant, nach seiner Entlassung wieder unternehmerisch aktiv zu werden, ist sich jedoch der Herausforderungen bewusst, die seine Vergangenheit mit sich bringt. Ein zentrales Ziel ist es, sich sowohl als Mensch als auch als Unternehmer neu zu definieren und entsprechende Chancen zu nutzen, um in der Geschäftswelt Fuß zu fassen.
Die Bedeutung von Ehrlichkeit und Offenheit
Holt spricht darüber, wie wichtig es für ihn ist, offen mit seiner Vergangenheit umzugehen und sich den Herausforderungen zu stellen, die seine Taten mit sich gebracht haben. Er hofft, dass ihm durch die offene Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnet werden. Holt vergleicht sich mit anderen prominenten Personen, die ähnliche Fehler gemacht haben, und betont, dass die Gesellschaft heute verzeihlicher mit solchen Geschichten umgeht. Seine Strategie ist es, durch Transparenz und Authentizität Vertrauen zurückzugewinnen, was für seine zukünftige unternehmerische Laufbahn entscheidend sein könnte.
Anders als sonst spricht Kayhan in dieser Folge nicht über, sondern mit einem Wirtschaftskriminellen. Es geht um den Windpark-Betrüger Hendrik Holt. Der Mann, der einst als Wunderkind der Energiebranche galt. Bis er im Jahr 2020 im Berliner Luxushotel Adlon verhaftet und später wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs zu mehr als sieben Jahren Haft verurteilt wurde.
In einem langen Telefongespräch aus einem Gefängnis südlich von Berlin gibt Holt teils verblüffende Antworten, etwa auf die Frage, ob er nie Angst hatte, gefasst zu werden, wann ihm klar war, dass er die Grenze in die Kriminalität überschritten hatte oder inwiefern er als Patriarch seine Familie zum Fälschen von Dokumenten angestoßen hat, um letztlich Energiekonzerne mit frei erfundenen Projekten um zehn Millionen Euro zu betrügen.
Holt erzählt auch aus seinem Alltag in der JVA-Heidering, deren Zellen ihn eher "an Apartments in einem Motel One" erinnern, der Hackordnung im Knast, wie er die ersten acht Monate in Isolationshaft erlebt hat und wie er während seiner Haft Vater einer kleinen Tochter geworden ist.
Mehr Infos und Fotos findet ihr hier: www.instagram.com/machtundmillionen
Macht & Millionen - eine Produktion von Business Insider Redaktion: Kayhan Özgenç, Christine van den Berg, Uta Miryeong Weisse Produktion und Sound: Peer Semrau Titelmusik: Afonelli