Die Geschichte von Henry Every, einem berüchtigten Piraten des 17. Jahrhunderts, wird erzählt. Er überfiel das Flaggschiff des Großen Moguls und löste einen internationalen Aufstand gegen die East India Company aus. Dabei werden die brutalen Methoden seiner Crew und die Wirkungen der Piraterie auf den Handel beleuchtet. Zudem geht es um die Faszination der Piratenmotive in der Literatur des 18. Jahrhunderts. Seine geheimnisvolle Flucht und der Verbleib seines Goldschatzes bleiben bis heute ein Rätsel.
Henry Every mutiert von einem Seemann zu einem gefürchteten Piratenkapitän, indem er Charisma und Furcht kombiniert, um Unterstützung zu gewinnen.
Die brutalen Überfälle von Avery auf die Mokka-Flotte steigern nicht nur seine Berüchtigtheit, sondern führen auch zu politischen Spannungen zwischen England und dem Indischen Ozean.
Deep dives
Aufstieg von Henry Avery
Henry Avery wird als eine herausragende Figur im Piratenmythos dargestellt, dessen Karriere mit einer Meuterei auf dem Schiff Charles beginnt. Nachdem die Besatzung unzufrieden mit ihrer langen Wartezeit in La Coruña ist, übernimmt Avery die Führung und verwandelt sich von einem einfachen Seemannsmitglied in einen berüchtigten Piratenkapitän. Dabei gelingt ihm der Wechsel zum Leben als Pirat, indem er ein Schreiben an andere englische Kapitäne verfasst, in dem er erklärt, dass er keinem englischen oder holländischen Schiff schaden wolle, solange er das Kommando habe. Diese Mischung aus Charisma und offenen Anklagen macht Avery zu einer faszinierenden und umstrittenen Figur seiner Zeit, die sowohl als Held als auch als Verbrecher wahrgenommen wird.
Averys Raubzüge und Brutalität
Nachdem Avery das Kommando auf Charles übernommen hat, plant er seine ersten Raubzüge im Indischen Ozean, inspiriert von anderen Piraten wie Thomas Tew. Sein Ziel wird die Mokka-Flotte, die goldene Pilgerschiffe enthält und für deren Überfall Avery grausame Methoden anwendet. Berichte über die Gewalt und Grausamkeit, die während seiner Überfälle gegen die Bordbesatzungen und Passagiere ausgeübt wurden, dokumentieren die Brutalität seiner Überfälle. Diese Aktionen sorgten nicht nur für Furcht bei den Opfern, sondern führten auch zu einem Anstieg der Spannungen zwischen England und den Handelsverbindungen im Indischen Ozean.
Averys mysteriöses Verschwinden
Nach seinen erfolgreichen Überfällen wird Avery zu einem gesuchten Verbrecher, doch seine Spur verliert sich bald, und er bleibt ein unerklärliches Phantom. Trotz der weitreichenden Bekanntheit und der Legenden, die um ihn ranken, gibt es nie einen endgültigen Beweis für sein Schicksal. Gerüchte und Spekulationen über mögliche Szenarien für sein Leben nach dem Piratendasein, wie das Aufsteigen zum Häuptling in Madagaskar oder einem Leben in der Gosse, halten sich bis heute. Diese Ungewissheit um seine letzten Tage trägt zur Faszination und Mythologisierung der Figur des Henry Avery bei.
Er mordete, raubte und löste die wohl erste weltweite Fahndung aus: Henry Every ist einer der berühmtesten Piraten. Angeblich im Februar 1695 verfasste er einen historischen Brief...
In diesem Zeitzeichen erzählt Herwig Katzer:
unter welchen Umständen Henry Every vom ersten Maat zum Piraten-Kapitän wird,
warum ihn Menschen in Afrika fürchten,
mit welcher Brutalität der Pirat Every das Flaggschiff "Ganj-i-Sawai" des Großmoguls von Surat überfällt,
wohin sich Piraten nach ihren Beutezügen gern zurückziehen,
wie Every von Daniel Defoe im Roman "Captain Singleton" zum Draufgänger stilisiert wird.
Die Berichte über Henry Everys Massaker auf der "Ganj-i-Sawai" führen zum Aufstand gegen die East India Company, Englands wichtigste Handelsgesellschaft in Indien. Der Mogul von Surat, Aurangzeb, beziffert den Verlust auf 600.000 Pfund und droht damit, den Handel mit England zu beenden. Die Regierung steht unter Druck. Sie jagt Every mit Kriegsschiffen.
Doch von Every keine Spur. Nach dem Teilen der Beute verstecken sich manche seiner Leute auf Madagaskar, andere flüchten mit ihm in die Karibik. Aber auch dort ist für sie der Boden heiß. Eine letzte Spur führt an die Nordwestküste Irlands, wo er sich von seinen Kumpanen trennt. 24 von ihnen fliegen wenig später auf, weil sie mit Geld und Edelsteinen nur so um sich werfen.
Doch wo ist Henry Every und sein geraubtes Geld? Nach der Landung im Nordwesten Irlands verschwindet er Ende des 17. Jahrhunderts spurlos, allen Aufspürversuchen zum Trotz. Niemand kennt sein Gesicht, er bleibt ein Phantom – bis heute.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
Robert Bohn (Historiker, emeritierter Professor, Uni Flensburg)
Robert Bohn: Die Piraten. München 2007
Douglas, R. Burgess jr.: Piracy in the Public Sphere: The Henry Every Trials and the Battle for Meaning in 17th Century Print Culture. Journal of British Studies 2009
Tyler Joseph Kynn: Pirates and Pilgrims - The Plunder of the Ganj- i Sawai, the Hajj, and a Mughal Captain's Perspective. Journal of the Economic and Social History of the Orient 2022
Daniel Defoe: Captain Singleton. 1720
Das ist unser Hörtipp: Vor 500 Jahren fand der größte Volksaufstand in Europa vor der französischen Revolution statt: Der vierteilige ARD-Podcast "Das war der Bauernkrieg" erzählt die Geschichte.
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