Ukraine - "Dieser Krieg untergräbt die internationale Ordnung"
Jan 10, 2025
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Andreas Umland, Politikwissenschaftler und Osteuropaexperte am Stockholm Centre für Eastern European Studies sowie außerordentlicher Professor in Kyjiw, beleuchtet die schwerwiegenden Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Er diskutiert, wie dieser Konflikt die internationale Friedensordnung gefährdet und die geopolitischen Spannungen intensiviert. Zudem thematisiert er die aggressive Rhetorik der De-Ukrainisierung und die Gräueltaten im Krieg, einschließlich der Deportation ukrainischer Kinder und die Rolle Russlands im UN-Sicherheitsrat.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zielt nicht nur auf territoriale Kontrolle, sondern auch auf die physische und kulturelle Auslöschung der ukrainischen Identität ab.
Die Instabilität, die durch diesen Krieg entsteht, könnte die internationale Sicherheitsordnung gefährden und zu einer Vertrauenskrise in globale Institutionen wie die UN führen.
Deep dives
Die Denazifizierung und De-Ukrainisierung der Ukraine
Eines der offiziellen Kriegsziele Russlands ist die Denazifizierung der Ukraine, was tatsächlich eine De-Ukrainisierung bedeutet. Dies zielt darauf ab, die Ukraine als unabhängige Nation zu beseitigen und kulturelle sowie politische Aspekte der ukrainischen Identität zu eliminieren. Historisch gesehen gibt es keine irredentistischen Ambitionen oder militärischen Auseinandersetzungen der Ukraine vor 2014, was diesen Krieg von vorherigen Konflikten unterscheidet. Die Doktrin des Pannationalismus wird genutzt, um die Existenz eines ukrainischen Nationalstaates zu leugnen und Ukrainer als Teil der russischen Nation zu betrachten.
Besonderheiten der territorialen Annexionen
Die offenen Annexionen der Krim im Jahr 2014 und vier weitere Regionen 2022 stellen eine seltene Form politischer Kontrolle seit 1945 dar. Diese Annexionen widersprechen nicht nur historischen Verträgen, die zwischen Russland und der Ukraine geschlossen wurden, sondern auch den Grundsätzen des Völkerrechts und der UN-Charta. Ungewöhnlich ist, dass einige der annektierten Regionen nicht einmal vollständig unter russischer Kontrolle stehen, was die Situation weiter kompliziert. Diese Vorgehensweise bricht mit einem international anerkannten System und stellt die Prinzipien der Souveränität und territorialen Integrität in Frage.
Anzeichen eines Völkermords
Es gibt wachsende Hinweise auf einen Völkermord in der Ukraine, was durch die öffentliche Rhetorik und Propaganda in Russland untermauert wird. Berichtet wird von gezielter Deportation ukrainischer Kinder, die von Russland zur Russifizierung entführt und als Teil eines schrecklichen Genozidplans betrachtet werden. Offiziell deklarierte Kriegsziele, wie die Denazifizierung, deuten ebenfalls darauf hin, dass nicht nur territoriale Kontrolle, sondern auch die physische und kulturelle Auslöschung der ukrainischen Identität angestrebt wird. Diese Elemente zeigen eine gefährliche Verflechtung von Militärpolitik und ethnischer Säuberung.
Bedrohung der internationalen Sicherheitsordnung
Der Krieg hat das Potenzial, die internationale Sicherheitsordnung, die seit 1945 besteht, zu destabilisieren und zu untergraben. Russland nutzt seine Position im UN-Sicherheitsrat, um die Prinzipien der UN zu blockieren und zu untergraben, was zu einem Vertrauensverlust in die globale Ordnung führt. Die Auswirkungen könnten weitreichende regionale Wettrüsten und eine mögliche Verbreitung von Massenvernichtungswaffen hervorrufen, da Staaten auf das russische Verhalten reagieren. Letztlich bedroht dieser Konflikt insbesondere die Staaten des globalen Südens, die keinen vergleichbaren Schutz durch Organisationen wie die NATO oder die EU haben.
Ein Vortrag des Politikwissenschaftlers Andreas Umland
Moderation: Sibylle Salewski
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Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine gefährdet nicht allein den Frieden in Europa. Er könnte auch die gesamte weltweite Friedensordnung ins Wanken bringen.
Andreas Umland ist Analyst am Stockholm Centre für Eastern European Studies (SCEEUS) und außerordentlicher Professor für Politikwissenschaft an der Nationalen Universität Kyjiw-Mohyla-Akademie, Ukraine. Seinen Vortrag "Das Schicksal der Ukraine und die internationale Sicherheitsordnung: Transregionale Risiken und Nachwirkungen des russischen Eroberungs- und Vernichtungskrieges" hielt er am 18. November 2024 an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) im Rahmen des Jerzy Giedroyc Forschungskolloquiums.
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Schlagworte: +++ Ukraine +++ Russland +++ Angriffskrieg +++ Krieg +++ Frieden +++ Friedensordnung +++ Vereinte Nationen +++ UN +++ Sicherheit +++ Sicherheitsordnung +++ Atomwaffen +++ Atomwaffensperrvertrag +++ Weltordnung +++