Wettbewerbsfähigkeit der EU: Draghis Vorschläge sind fundiert, aber auch politisch umsetzbar?
Sep 13, 2024
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Mario Draghi, ehemaliger EZB-Chef und Architekt eines umfassenden Gutachtens zur Wettbewerbsfähigkeit der EU, diskutiert mit Ursula von der Leyen, der Präsidentin der EU-Kommission, dringende Fragen zur Produktivität der EU im Vergleich zu den USA und China. Sie beleuchten die nötigen Investitionen von bis zu 800 Milliarden Euro jährlich. Ein zentrales Thema sind die politischen Herausforderungen, die Draghis Vorschläge begleiten, sowie die Notwendigkeit einer pragmatischen Handelspolitik und effektiver wirtschaftlicher Integration innerhalb der EU.
Die massive Investitionslücke zwischen der EU und den USA erfordert jährliche Investitionen von 800 Milliarden Euro zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit.
Die politischen Rahmenbedingungen müssen ernsthaft in den Umsetzungsprozess von Draghis Vorschlägen einbezogen werden, um effektiv auf Herausforderungen zu reagieren.
Deep dives
Investitionslücke der EU
Die existierende Investitionslücke zwischen der EU und den USA wird als zentrales Problem hervorgehoben, das durch den aktuellen Bericht von Mario Draghi detailliert analysiert wird. Draghi schlägt vor, dass die EU jährlich 800 Milliarden Euro investieren sollte, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und die Produktivitätslücke zu schließen. Diese Investitionen sind jedoch nicht neu und orientieren sich an bereits bekannten Ansätzen, die seit Jahren diskutiert werden, was auf eine gewisse Frustration bei den Experten hinweist. Der Bericht zeigt auch die Notwendigkeit einer gemeinsamen europäischen Anstrengung, um diese Herausforderungen effektiver anzugehen.
Herausforderungen der Dekarbonisierung
Die Dekarbonisierung wird als zusätzliche Herausforderung betrachtet, die in den Kontext der Wettbewerbsfähigkeit eingebettet werden muss. Der Bericht weist auf die hohen Energiekosten in der EU hin, die das Wachstum und die Produktivität gefährden können. Dies erfordert von den politischen Entscheidungsträgern, die Balance zwischen Umweltschutz und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu finden. Es wird betont, dass die Umsetzung eines effizienten Rahmens für die Dekarbonisierung entscheidend ist, um die langfristigen wirtschaftlichen Ziele der Union nicht zu gefährden.
Politische Umsetzung und Herausforderungen
Die Diskussion über die Umsetzung von Draghis Vorschlägen verdeutlicht, dass eine gute politische Planung allein nicht ausreicht, um die Ziele tatsächlich zu erreichen. Kritiker betonen die Notwendigkeit, die politischen Rahmenbedingungen und Mehrheitsbeschaffungen ernsthaft in den Entscheidungsprozess einzubeziehen, was im Bericht von Draghi nicht ausreichend adressiert wird. Es wird diskutiert, dass die EU, im Unterschied zu den USA, komplexer in ihrer politischen Struktur ist und daher schwerfälliger auf Herausforderungen reagieren kann. Die Experten sind sich einig, dass sowohl das Erkenntnisproblem als auch das Umsetzungsproblem gleichwertig behandelt werden müssen, um die Vorschläge erfolgreich zu implementieren.
Der ehemalige EZB-Chef Mario Draghi hat im Auftrag von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Gutachten zur Wettbewerbsfähigkeit der EU im Vergleich zu den USA und China erstellt. Das Gutachten legt die massive Investitions- und Produktivitätslücke der EU offen. Darin enthalten sind auch Vorschläge für konkrete Maßnahmen, wie der Rückstand aufgeholt werden könne – unter anderem mit zusätzlichen Investitionen in Höhe von bis zu 800 Milliarden Euro pro Jahr.
„Das ist das reine Konzept eines Technokraten“, kritisiert Handelsblatt-Chefökonom Bert Rürup in dieser Folge von Economic Challenges. Politik erschöpfe sich nicht nur im Design eines Konzepts, sondern sie denke die Umsetzung mit. „Und die Politik-Dimension wird mit keinem einzigen Wort erwähnt.“
Das sei aber auch nicht der Auftrag gewesen, erwidert Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft. Jetzt müssten sich die Institutionen überlegen, wie sie damit umgehen. Die Frage sei, wie überzeugend die Argumente in dem Gutachten sind. „Ich finde die im großen Teil in den Beschreibungen der Politikfelder richtig und auch zielführend“, sagt Hüther.
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