Ep. 260: Wie Arbeitsmigranten zu Menschen zweiter Klasse werden
Jul 31, 2024
auto_awesome
Arbeitsmigranten aus der EU und Drittländern sind unerlässlich für die deutsche Wirtschaft, dennoch leiden sie unter drastischen Ausbeutungsbedingungen. Sie arbeiten in niedrigen Löhnen und prekären Jobs, oft unter schrecklichen Hygienebedingungen. Ein Netz aus Subunternehmern schafft einen Teufelskreis der Ungleichheit. Politische Untätigkeit und mangelndes Bewusstsein der Gesellschaft verstärken ihre untergeordnete Stellung. Eine faire Bezahlung könnte jedoch zu einer Umverteilung des Wohlstands führen und die Rechte der Migranten stärken.
Arbeitsmigranten sind in der deutschen Volkswirtschaft unverzichtbar, erleben jedoch gravierende Ausbeutung unter prekären Arbeitsbedingungen und rechtlichem Nachteil.
Gesellschaftliche Vorurteile und rassistische Diskurse führen zur Wahrnehmung von Migranten als 'die Anderen', was Solidarität zwischen sozialen Klassen behindert.
Deep dives
Die Rolle der Arbeitsmigranten im Niedriglohnsektor
Der deutsche Niedriglohnsektor wird zunehmend von Arbeitsmigranten geprägt, die mittlerweile etwa 30 Prozent der dort beschäftigten Personen ausmachen. Während im Jahr 2014 rund 590.000 Menschen aus dem Ausland in sozialversicherungspflichtigen Vollzeitjobs tätig waren, stieg diese Zahl bis 2022 auf 1,1 Millionen. Diese Entwicklung legt dar, dass Migranten aus der EU und Drittländern eine essenzielle Rolle hierzu spielen, während in vielen Sektoren, wie dem Bau und der Lebensmittelindustrie, ein hoher Ausländeranteil zu verzeichnen ist. Die Bedingungen, unter denen diese Arbeitskräfte leben und arbeiten, sind oft prekär und spiegeln wider, dass es für viele Einheimische keine ausreichende Motivation gibt, unter diesen Umständen zu arbeiten.
Systematische Ausbeutung durch Subunternehmen
Die Ausbeutung von Arbeitsmigranten erfolgt häufig durch komplexe Strukturen aus General- und Subunternehmen. Diese Unternehmen lagern Aufgaben an Subunternehmen aus, die dann die Minderheiten zu niedrigen Löhnen beschäftigen, wobei oft lange Ketten von Auftragnehmern entstehen. Je weiter man die Kette hinuntergeht, desto weniger Geld verbleibt bei den Arbeitern, wodurch diese drastisch schlechtere Bedingungen erfahren. Es zeigen sich dabei Muster von Lohnbetrug und fehlenden Sozialleistungen, wobei die Migranten oft unter falschen Versprechungen angeworben werden und letztlich kaum soziale Absicherung genießen.
Die politische Untätigkeit und ihre Ursachen
Obwohl die Missstände im Niedriglohnsektor seit Jahren bekannt sind, bleibt die politische Reaktion darauf aus. Die Analyse legt nahe, dass es politischen Interessen dient, den Status quo aufrechtzuerhalten, da die Ausbeutung von Arbeitsmigranten eine kostengünstige Arbeitskräftequelle darstellt. Strafen für Verstöße gegen Mindestlohngesetze sind oft gering und werden selten durchgesetzt, was den Arbeitgebern keinen Anreiz bietet, die Bedingungen zu verbessern. Es zeigt sich, dass Migranten, insbesondere aus Drittländern, in einem starken Abhängigkeitsverhältnis stehen und sehr wenigen rechtlichen Schutz genießen.
Kulturelle Wahrnehmung und Rassismus
Die Wahrnehmung von Arbeitsmigranten ist stark von gesellschaftlichen Vorurteilen und rassistischen Diskursen geprägt, was dazu führt, dass diese oft als 'die Anderen' wahrgenommen werden. In vielen Diskussionen wird Migranten eine schlechtere Lebensqualität zugeschrieben, die teilweise als normalisiert gilt. Diese Sichtweise hindert eine Solidarität zwischen den verschiedenen sozialen Klassen und verstärkt die Ausgrenzung. Durch fehlende rechtliche Ansprüche und mangelndes Verständnis der deutschen Arbeitsmarktrechte sind Migranten oft machtlos und freuen sich nur über die Möglichkeit, für ein höheres Einkommen zu arbeiten, auch wenn dies unter dramatischen Bedingungen geschieht.
Wohlstand für Alle
In der deutschen Volkswirtschaft spielen Arbeitsmigranten aus der EU und aus Drittländern eine entscheidende Rolle – insbesondere in Sektoren wie Landwirtschaft, Baugewerbe, Pflege und Gastronomie. Doch die Wichtigkeit schlägt sich weder im Gehalt noch in guten Arbeitsbedingungen nieder, im Gegenteil: Das deutsche Kapital lebt sehr gut davon, jene, die keinen deutschen Pass und nur einen befristeten Aufenthaltsstatus haben, besonders perfide auszubeuten.
Die Migranten arbeiten in prekären Bedingungen in schmutzigen und gefährlichen Jobs, schlafen oftmals in Baracken und müssen unwürdige Hygienebedingungen akzeptieren. Rechtlich sind sie schlechter gestellt und nur selten kennen die Migranten überhaupt die wenigen Rechte, die ihnen zustehen. Der Verlust des Arbeitsplatzes geht oft mit dem Verlust des Aufenthaltsstatus einher, weshalb Widerstand zumeist ausbleibt.
Wer behauptet, der von Marx und Engels beschriebene Manchester-Kapitalismus des 19. Jahrhunderts sei längst vorüber, blendet einen Teil der Wirklichkeit konsequent aus.
Mehr dazu von Ole Nymoen und Wolfgang M. Schmitt in der neuen Folge von „Wohlstand für Alle“!
Literatur/Quellen:
Sascha Lübbe: Ganz unten im System. Wie uns Arbeitsmigrant*innen den Wohlstand sichern, Hirzel.
Ludger Fittkau über Arbeitsmigranten u.a. in Frankfurt: https://www.deutschlandfunk.de/ausbeutung-wanderarbeiter-migration-arbeit-osteuropa-100.html
stern: Interview mit Sascha Lübbe, online verfügbar unter:
https://www.stern.de/wirtschaft/arbeitsmigranten--so-werden-sie-in-deutschland-ausgebeutet-34892006.html?utm_campaign=stern_fanpage&utm_medium=posting&utm_source=linkedin&t.co=
Zeit: "Dreckiges Geschäft", online verfügbar unter:
https://www.zeit.de/arbeit/2024-07/reinigungskraefte-europaparlament-arbeitsbedingungen-bezahlung-stress
Unser Kinderbuch namens "Die kleinen Holzdiebe" ist nun vorbestellbar! Alle Informationen findet ihr unter:
https://www.suhrkamp.de/buch/die-kleinen-holzdiebe-und-das-raetsel-des-juggernaut-t-9783458644774
Unsere Zusatzinhalte könnt ihr bei Steady und Patreon hören. Vielen Dank!
Patreon: https://www.patreon.com/oleundwolfgang
Steady: https://steadyhq.com/de/oleundwolfgang/about
Ihr könnt uns unterstützen - herzlichen Dank!
Paypal: https://www.paypal.me/oleundwolfgang
Konto:
Wolfgang M. Schmitt, Ole Nymoen
Betreff: Wohlstand fuer Alle
IBAN: DE67 5745 0120 0130 7996 12
BIC: MALADE51NWD
Social Media:
Instagram:
Unser gemeinsamer Kanal: https://www.instagram.com/oleundwolfgang/
Ole: https://www.instagram.com/ole.nymoen/
Wolfgang: https://www.instagram.com/wolfgangmschmitt/
TikTok:
https://www.tiktok.com/@oleundwolfgang
Twitter:
Unser gemeinsamer Kanal: https://twitter.com/OleUndWolfgang
Ole: twitter.com/nymoen_ole
Wolfgang: twitter.com/SchmittJunior
Die gesamte WfA-Literaturliste:
https://wohlstand-fuer-alle.netlify.app
Remember Everything You Learn from Podcasts
Save insights instantly, chat with episodes, and build lasting knowledge - all powered by AI.