Helena Wisbert, Professorin für Automobilwirtschaft und Direktorin des CAR Center Automotive Research, diskutiert die Unsicherheiten auf dem deutschen E-Auto-Markt. Sie beleuchtet den Einfluss chinesischer Hersteller wie BYD und Nio, die aggressiv in den Markt drängen. Der Wegfall staatlicher Zuschüsse und die Herausforderungen für deutsche Automobilkonzerne stehen im Fokus. Zudem wird die Qualität und Preisstrategie chinesischer Modelle thematisiert sowie die möglichen Auswirkungen auf den europäischen Markt durch Zölle.
Die Streichung staatlicher Zuschüsse für E-Autos hat zu einem Rückgang der Verkaufszahlen und verunsicherten Verbrauchern geführt.
Chinesische Automarken drängen mit niedrigeren Preisen und neuen Technologien auf den deutschen Markt, was Wettbewerb und Marktanteile gefährdet.
Die EU diskutiert über mögliche Importzölle als Schutzmaßnahme für deutsche Hersteller, was jedoch die Preise für Elektroautos erhöhen könnte.
Deep dives
Der Anstieg der Elektroautos aus China
In Bremerhaven kommt ein Großteil der tausenden Elektroautos, die auf dem größten Autoterminal Deutschlands lagern, aus China. Diese Fahrzeuge, unter anderem von der chinesischen Marke BYD, sind per Schiff nach Deutschland transportiert worden. Während sie ursprünglich für den Verkauf an Händler oder Endkunden bestimmt waren, zeigen sich Schwierigkeiten im Absatz, was zu einer Ansammlung vieler dieser Autos auf dem Terminal führt. Der Markt steht vor der Herausforderung, ob die Wirtschaftlichkeit und Ökologie dieser Importe im Sinne der deutschen Autobauer und der Umwelt vertretbar sind.
Der Wettbewerb zwischen chinesischen und deutschen Herstellern
Der Wettbewerb zwischen chinesischen und deutschen Automobilherstellern verschärft sich, besonders im Bereich der Elektroautos. Chinesische Hersteller wie BYD bieten Autos mit neuen Technologien und meist zu niedrigeren Preisen an, was potenziell Marktanteile von deutschen Unternehmen gefährden könnte. Allerdings zeigt sich, dass diese chinesischen Fahrzeuge in Europa momentan zu Preisen angeboten werden, die vergleichbar mit deutschen Modellen sind, was eine Kaufentscheidung erschwert. Ein entscheidendes Hindernis für die Akzeptanz sind auch mangelnde Werkstätten und die Markenloyalität der deutschen Verbraucher.
Konsolidierung auf dem Automobilmarkt
Der Automobilmarkt in China hat einen eindeutigen Preisdruck entwickelt, da viele neue Hersteller versuchen, Marktanteile zu gewinnen. Viele der neu gegründeten Firmen kämpfen um ihre Existenz, da sie oft weder profitabel sind noch über ausreichende Mittel verfügen, um die Produktion aufrechtzuerhalten. Der Wettbewerb ist derart intensiv, dass einige Unternehmen möglicherweise in naher Zukunft vom Markt verschwinden werden. Diese Konsolidierung könnte langfristig zu stärkeren, qualitativ hochwertigeren Anbietern führen.
Herausforderungen für die chinesischen Hersteller in Europa
Die chinesischen Autos stehen vor schwerwiegenden Herausforderungen beim Markteintritt und der Etablierung in Europa. Die Kunden sind oft skeptisch gegenüber neuen Marken und haben nicht das gleiche Vertrauen in die Qualität, wie sie es bei etablierten Herstellern haben. Auch die vorhandenen Logistikprobleme und eine begrenzte Anzahl von Verkaufsstellen verschärfen die Situation für die chinesischen Automobilhersteller. Auch wenn sie innovative Technologien wie den 'Boss-Modus' in ihren Fahrzeugen bieten, könnte dies nicht ausreichen, um die deutschen Verbraucher zu überzeugen.
Regulierungen und die Reaktion der EU
In Anbetracht der wachsenden Konkurrenz durch chinesische Autos diskutiert die EU über mögliche Regulierungmaßnahmen wie Zölle auf Importe. Diese Maßnahmen könnten als Schutz für die heimischen Automobilhersteller dienen, um den Einstieg chinesischer Unternehmen auf den europäischen Markt zu erschweren. Gleichzeitig könnten solche Regulierungen den Preis für Elektroautos in der EU erhöhen und damit die nachhaltigen Ziele der Union gefährden. Experten betonen die Wichtigkeit, die Innovationskraft der europäischen Automobilindustrie zu stärken, anstatt sich allein auf protektionistische Maßnahmen zu stützen.
Die deutschen Verbraucher sind verunsichert. Eigentlich waren im vergangenen Jahr die Verkaufszahlen von E-Autos stark gestiegen, der Hochlauf der Elektromobilität nahm endlich Fahrt auf. Doch die ersten Monate des laufenden Jahres bringen wieder einen Rücksetzer. Die Zahlen wachsen weniger schnell, vor allem weil die Ampelkoalition den staatlichen Zuschuss für die Anschaffung der neuen Antriebe gestrichen hat. Nun drängen allerdings neue Anbieter auf den Markt – womöglich mit günstigeren Preisen.
Diese Automarken kommen vor allem aus China und tragen Namen wie BYD, Nio oder MG. Sie fordern die etablierten deutschen Autokonzerne heraus, schiffen immer mehr Fahrzeuge über das Autoterminal in Bremerhaven nach Deutschland ein, um sie hier an deutsche Kunden zu verkaufen. Nur hakt es dabei noch. Warum ist das so – und können sich die deutschen Autohersteller schon wieder entspannen oder müssen sie die Konkurrenz fürchten?
Helena Wisbert ist Professorin für Automobilwirtschaft und unser Gast in der neuen Folge von Ist das eine Blase?, dem Wirtschaftspodcast von ZEIT und ZEIT ONLINE über Geld, Macht und Gerechtigkeit. Mit ihr diskutieren die Hosts und Wirtschaftsredakteure Jens Tönnesmann und Zacharias Zacharakis über die Chancen der chinesischen Autohersteller auf dem deutschen Markt und über die Frage, ob Europa die Konzerne aufgrund ihrer aggressiven Preispolitik mit höheren Einfuhrzöllen belegen sollte.
Dabei geht es auch um ein grundlegendes Dilemma zwischen dem Schutz des Klimas und dem Schutz von Millionen Jobs: Sollten wir uns über die E-Autos aus China freuen, weil sie die Preise drücken und dabei helfen, schneller unsere Abgasemissionen zu senken? Oder sollten wir mehr tun, um die europäischen Autobauer und ihre Beschäftigten vor einem ruinösen Wettbewerb zu bewahren?
Zu Gast ist außerdem der ZEIT-Redakteur Max Hägler, der von seinen Recherchen in der chinesischen Autobranche berichtet.
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