Sicherheit & Klima: „Der Hegemon hat den Stecker gezogen“
Mar 5, 2025
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Frank Sauer, Politikwissenschaftler und Leiter des METIS-Instituts, beleuchtet die Zusammenhänge zwischen Klimakrise und nationaler Sicherheit Deutschlands. Er erklärt, wie der Klimawandel geopolitische Spannungen anheizt und die Bedeutung Grönlands für Großmächte wie die USA und China. Sauer diskutiert die politischen Implikationen fossiler Abhängigkeiten, die Notwendigkeit von erneuerbaren Energien und die Herausforderungen für die europäische Sicherheit im 21. Jahrhundert. Zukunftsvisionen für Europa und innovative Lösungen stehen ebenfalls im Fokus.
Die Studie zur Klimakrise und nationalen Sicherheit verdeutlicht die Notwendigkeit einer interdisziplinären Herangehensweise zur Verknüpfung von Sicherheitspolitik und ökologischen Herausforderungen.
Die Eisschmelze wird als zentrales Risiko hervorgehoben, das infrastrukturelle und geopolitische Spannungen, insbesondere in der Arktis, verstärkt.
Die Energiewende wird als sicherheitspolitischer Vorteil betrachtet, da sie die Abhängigkeit von geopolitisch riskanten Rohstoffen verringert und gleichzeitig umweltfreundlich ist.
Deep dives
Verknüpfung von Klima und Sicherheit
Die Studie über die Risiken des Klimawandels für die nationale Sicherheit Deutschlands untersucht die Verknüpfung zwischen Sicherheitspolitik und Klimafragen. Es wird eine interdisziplinäre Herangehensweise betont, die die Perspektiven von Militär, Geheimdiensten und Klimaforschern zusammenführt. Die Zielsetzung ist es, die Denkweise zu verändern, sodass Sicherheit nicht mehr als eine rein militärische Angelegenheit betrachtet wird, sondern auch ökologische und wirtschaftliche Dimensionen umfasst. Hierbei wird das Ziel verfolgt, Silos in der Forschung und politischen Diskussion abzubauen, um so eine umfassendere Analyse und Reaktion auf die Herausforderungen des Klimawandels zu ermöglichen.
Eisschmelze als Risiko
Die Eisschmelze wird als ein zentrales Beispiel für die Wechselwirkungen zwischen Klima- und Sicherheitsrisiken hervorgehoben. Der steigende Meeresspiegel, der durch das Abschmelzen von Eis verursacht wird, hat Konsequenzen für Infrastruktur, Lebensräume und angepasste Wirtschaftsstrategien in Europa. Dies hat nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die Bevölkerung, sondern verstärkt auch geopolitische Spannungen, insbesondere in Bezug auf Ressourcen und Schifffahrtsrouten in der Arktis. Dadurch wird deutlich, dass das Problem der Eisschmelze nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern zahlreiche andere Dimensionen berührt.
Weaponizable Interdependencies
Der Begriff 'weaponizable interdependencies' bezieht sich auf Abhängigkeiten, die in Krisen als Waffen eingesetzt werden können, wie beispielsweise der Export von russischem Gas. Die Ereignisse um die Ukraine und die Abhängigkeit Europas von fossilen Brennstoffen haben gezeigt, wie solche Abhängigkeiten in sicherheitspolitische Konflikte münden können. Anstatt nur über das Risiko einer solchen Abhängigkeit zu diskutieren, müssen neue Ansätze gefunden werden, um die Versorgungs- und Energiestrukturen zu diversifizieren. Diese strategische Überlegung ist entscheidend, um zukünftige Sicherheitsrisiken zu minimieren und eine resiliente Wirtschaft zu fördern.
Chancen der Energiewende
Die Diskussion über die Energiewende zeigt, dass es keine klare Trennung zwischen Klima- und Sicherheitspolitik mehr gibt, sondern dass beide Bereiche eng miteinander verbunden sind. Der Übergang zu erneuerbaren Energien wird nicht nur als umweltfreundlicher, sondern auch als sicherheitspolitischer Vorteil betrachtet, da er die Abhängigkeit von geopolitisch riskanten Rohstoffen reduziert. Zudem wird argumentiert, dass eine nachhaltige Energieversorgung auch als 'Freiheitsenergie' fungiert, um die Unabhängigkeit von anstößigen Regierungen zu verringern. In diesem Zusammenhang sind die Chancen der grünen Technologien auch wirtschaftlich und politisch von großer Bedeutung.
Gesellschaftliche Resilienz und Vorbereitung
Es wird betont, dass gesellschaftliche Resilienz gegen verschiedene Krisen, seien es klimatische oder sicherheitspolitische Natur, die Grundlage für ein sicheres Leben in der Zukunft ist. Individuen und Gemeinschaften sollten proaktiv Maßnahmen ergreifen, wie beispielsweise Vorräte an Wasser und Lebensmitteln zu halten, um auf unerwartete Notlagen vorbereitet zu sein. Dabei spielen auch technologische Innovationen wie dezentrale Energieversorgungssysteme eine Rolle, die helfen, eine gewisse Autarkie zu erreichen. Diese vorbereitenden Schritte sind nicht nur für die Individualsicherheit wichtig, sondern auch für die kollektive Stabilität der Gesellschaft im Angesicht globaler Veränderungen.
Frank Sauer, Politikwissenschaftler an der Universität der Bundeswehr in München, wird auch "Dr. Doom" genannt, so wie der Weltuntergang. Er hat schon zu Atombomben und autonomen Drohnen geforscht. Aber zuletzt leitete er ein für Sicherheitsforscher ziemlich ungewöhnliches Projekt: Mit dem Bundesnachrichtendienst und Klimaforschern zusammen hat er analysiert, was die Klimakrise für Deutschlands Sicherheit bedeutet. Auftraggeberin war das Auswärtige Amt. Und Sauer weiß auch, wo es Schnittmengen gibt zwischen einer Vorbereitung auf Klimakrisenfolgen und außenpolitischen Unwägbarkeiten. Wir haben mit ihm über seine "Nike“-Studie gesprochen.
In jeder Folge von "Auch das noch – der freundliche Krisenpodcast"sprechen ZEIT-Politikredakteurin Petra Pinzler und Wissenschaftsredakteur Stefan Schmitt über eine Krise der Gegenwart: Es geht um die Klimakrise, das Artensterben, die Energiekrise und Kriege. Jedes Mal hilft eine Expertin oder ein Experte dabei, zu verstehen, wie alles zusammenhängt. Nicht um zu verzweifeln, sondern weil Verstehen der erste Schritt zur Lösung ist. Und um Lösungen geht es natürlich auch.
Die Studie "Nationale Interdisziplinäre Klimarisiko-Einschätzung“ (kurz: "Nike") erschien im Februar 2025. Sie wurde in zwei Fassungen veröffentlicht: als Onlinescrollytelling und im Druckformat als PDF.
Dies ist der Podcast, den Frank Sauer zusammen mit Ulrike Franke, Carlo Masala und Thomas Wiegold macht: Sicherheitspod. Beinahe hundert Folgen haben sie schon produziert.
Über diese beiden Science-Fiction-Romane haben wir in der Episode gesprochen: "Termination Shock" von Neal Stephenson (Penguin, 2023) und "Das Ministerium für die Zukunft" von Kim Stanley Robinson (Heyne, 2021).
Vorbereitet sein für den Notfall, darüber klärt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe auf: Lebensmittel- und Wasser, wichtige Medikamente und Dokumente, wie man informiert bleibt und was ins Notgepäck gehört.
Das Team von "Auch das noch?" erreichen Sie unter krisen@zeit.de.
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