In diesem Gespräch mit Valentin Groebner, Mittelalterhistoriker an der Universität Luzern, geht es um den bemerkenswerten Hochstapler Tile Kolup. Er gab sich als der seit 30 Jahren verstorbene Kaiser Friedrich II. aus und erschlich sich für zwei Jahre die Anerkennung einer Anhängerschaft. Groebner beleuchtet Kolups Täuschung und seinen Aufstieg sowie die Unterstützung durch den Hochadel. Schließlich wird diskutiert, wie König Rudolf I. von Habsburg Kolup am Scheiterhaufen das Handwerk legte. Ein faszinierender Blick auf Macht und Illusion im Mittelalter!
14:51
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Die Täuschung des Tile Kolup
Thiele Kolup trat als Kaiser Friedrich II. auf, obwohl dieser seit über 30 Jahren tot war.
Er wurde in Köln verspottet, floh nach Neuss und gewann dort Anhänger.
insights INSIGHT
Kaisertum als Institution
Im Mittelalter war die Wiederkehr toter Herrscher wie Friedrich II. für viele vorstellbar.
Kaiser war eine Institution, die durch Insignien auch ohne echtes Aussehen funktionierte.
insights INSIGHT
Unbekanntes Aussehen des Kaisers
Das Aussehen Friedrichs II. war kaum bekannt, er wurde meist als antiker Kaiser dargestellt.
Für das Volk war wichtiger, dass jemand mit kaiserlichen Symbolen auftrat.
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Als Friedrich II. hält Kolup Hof - obwohl der seit 30 Jahren tot ist. Erfolgreich täuscht er Adel und Volk. Der rechtmäßige König macht dem Spuk am 7.7.1285 ein Ende.
In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Kath:
wie in Wetzlar noch heute an den vermutlich dreistesten Hochstapler des Mittelalters erinnert wird,
warum Tile Kolup nicht der Einzige ist, der sich im 13. Jahrhundert als Pseudo-Kaiser ausgibt,
was Kolup im Namen von Friedrich II. alles macht,
wie Tile Kolup eigentlich heißt und dass ihn selbst Gefängnis und Spott nicht von seiner Behauptung abbringen.
Die Geschichte ist voll von Hochstaplern. Immer wieder gibt es erfundene Prinzen und Prinzessinnen, angebliche Könige - und sogar falsche Kaiser. Tile Kolup ist einer der bekanntesten. Er taucht erstmals um das Jahr 1283 in Köln auf und behauptet, Stauferkaiser Friedrich II. zu sein. Der ist damals allerdings schon mehr als 30 Jahre tot.
Gut zwei Jahre lang kann Kolup die Menschen an der Nase herumführen. Vermutlich unterstützt von Mitgliedern des Hochadels, die sich durch ihn gegenüber dem regierenden König Rudolf I. von Habsburg politische Vorteile erhoffen. Kolup ist von einem ganzen Hofstaat umgeben, hält in Neuss sogar Gerichtstage ab.
Schließlich bereitet König Rudolf dem Spuk ein Ende. Er lässt den falschen Friedrich am 7. Juli 1285 in Wetzlar auf dem Scheiterhaufen verbrennen.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
Valentin Groebner, Mittelalterhistoriker, Universität Luzern
Alexander Schubert, Mittelalterhistoriker und Leiter des Historischen Museums der Pfalz in Speyer
Sonja Veelen, Soziologin, Psychologin und Medienwissenschaftlerin, Expertin für Hochstapelei
Valentin Groebner: Der Schein der Person. Steckbrief, Ausweis und Kontrolle im Europa des Mittelalters. München, 2004
Gerhard Menzel: Falsche Könige zwischen Thron und Galgen. Politische Hochstapelei von der Antike zur Moderne. Frankfurt a.M., 2012
Alexander Schubert: Herausforderer aus der Vergangenheit. König Rudolf und die falschen Friedriche. In: Die Habsburger im Mittelalter. Aufstieg einer Dynastie. Darmstadt, 2022
Victor Meyer: Tile Kolup (der falsche Friedrich) und die Wiederkunft eines ächten Friedrich, Kaisers der Deutschen. Historische Studie, Königsberg, 1868
Sonja Veelen: Hochstapeln - eine strukturell gefo(e)rderte Kulturpraktik? Soziologische Analyse am Beispiel von Bewerbung und Personalauswahl. Dissertation, 2019
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