Schwedenherrschaft in Wismar - Der Pfandvertrag von Malmö
Jun 23, 2023
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Ralph Tuchtenhagen, Historiker und Professor für Skandinavistik an der Humboldt-Universität, beleuchtet die faszinierende Geschichte Wismars unter schwedischer Herrschaft, die über 150 Jahre andauerte. Er erklärt den Pfandvertrag von Malmö und die politischen Verhandlungen, die die Stadt prägten. Tuchtenhagen diskutiert die wirtschaftlichen Beziehungen zu Schweden und deren Wandel, sowie die Bedeutung Wismars während der Revolution von 1848. Zudem wird die Erinnerungskultur und die Relevanz des Schwedenfests für das heutige Wismar thematisiert.
Wismar war über 155 Jahre schwedisch und entwickelte sich während dieser Zeit zu einem strategischen Stützpunkt mit bedeutender kultureller Integration.
Der Pfandvertrag von Malmö im Jahr 1803 führte zu Spannungen zwischen Wismar und Mecklenburg wegen strenger Bedingungen und wirtschaftlicher Herausforderungen.
Deep dives
Die Schwedenzeit Wismars
Wismar war über 150 Jahre lang Teil des schwedischen Königreichs, nachdem die Stadt 1648 durch den Westfälischen Frieden an Schweden abgetreten wurde. Diese politische Veränderung kann im Rahmen des Dreißigjährigen Krieges gesehen werden, in dem Schweden als Großmacht auftrat und auf Seiten der Protestanten kämpfte. In den folgenden Jahren wurde Wismar zu einem strategischen Stützpunkt für Schweden, was den Bau von Stadtmauern und Verteidigungsanlagen zur Folge hatte. Die Sozialstruktur der Stadt änderte sich, da die Bürger nun dem schwedischen König unterstellt waren und sich in das schwedische Verwaltungssystem einfügten, was zu einer Integration in die schwedische Kultur führte.
Der Pfandvertrag von Malmö
Im Jahr 1803 wurde Wismar durch den Pfandvertrag von Malmö wieder an das Herzogtum Mecklenburg abgegeben, nachdem die schwedische Herrschaft infolge finanzieller Schwierigkeiten Schweden als weniger wichtig erscheinen ließ. Der Vertrag war jedoch mit strengen Bedingungen verbunden, wie dem Verbot, den Hafen zu befestigen und Kriegsanleihen zu stationieren. Dies führte zu einem Spannungsverhältnis, da Mecklenburg finanzielle Unterstützung für die hohe Pfandsumme benötigte und gleichzeitig die Kontrolle über das Gebiet zurückgewinnen wollte. Der Vertrag legte die Grundlage für die zukünftigen Beziehungen zwischen Wismar und Mecklenburg, die durch kontinuierliche wirtschaftliche und politische Herausforderungen geprägt waren.
Die wirtschaftliche Entwicklung Wismars
Nach der Rückkehr zu Mecklenburg musste Wismar schließlich mit den negativen Auswirkungen der französischen Besatzung und der Kontinentalsperre während der napoleonischen Kriege kämpfen. Die Stadt, die zuvor auf enge wirtschaftliche Beziehungen zu Schweden angewiesen war, erlebte schwerwiegende Handelsblockaden und einen Rückgang des Verkehrs. Mit dem Ende dieser schwierigen Zeit konnte die Stadt jedoch allmählich Erholung erleben, doch die erhoffte wirtschaftliche Blüte blieb aufgrund späterer politischer Umwälzungen und Herausforderungen in der Industrialisierung aus. Wismar stand weiterhin im Wettbewerb mit anderen Hafenstädten und konnte sich nicht als führendes Handelszentrum etablieren.
Die Hansestadt Wismar war einst schwedisch – und das sogar 155 Jahre lang. Anschließend wurde sie an das Herzogtum Mecklenburg-Vorpommern verpfändet. Ein Kuriosum der deutschen Geschichte, dem wir auf den Grund gehen.
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Ihr hört in dieser "Eine Stunde History":
00:09:16 - Historiker und Kulturwissenschaftler Ralph Tuchtenhagen
00:19:30 - Historikerin Anke Seeger
00:26:53 - Historiker und Leiter des Archivs der Stadt Wismar Nils Jörn