Matthias Miersch, der SPD-Generalsekretär und Wahlkampfmanager, spricht über die Herausforderungen, seine angeschlagene Partei vor der Bundestagswahl 2025 wieder attraktiv zu machen. Die Diskussion dreht sich um Olaf Scholz als Spitzenkandidat und die interne Konkurrenz durch Boris Pistorius. Miersch beleuchtet die Vertrauenskrise der SPD und die Uneinigkeit zur Russlandpolitik. Er betont die Notwendigkeit klares Kommunikationsstrategien zu entwickeln, um Wähler zurückzugewinnen und die Position der Partei in sicherheits- und friedenspolitischen Fragen zu stärken.
Matthias Miersch betont die Herausforderung, die SPD für die Wähler wieder attraktiv zu machen, trotz historisch niedriger Umfragewerte von etwa 16%.
Die Notwendigkeit einer klareren Kommunikation der Erfolge und politischen Maßnahmen der SPD wird hervorgehoben, um das öffentliche Vertrauen zurückzugewinnen.
Miersch sieht Olaf Scholz als nicht gescheitert an, fordert jedoch mehr Empathie und Sichtbarkeit, um die Wähler von seiner Kompetenz zu überzeugen.
Deep dives
Der Druck des Wahlkampfs
Der Generalsekretär der SPD, Matthias Miersch, erläutert die enormen Herausforderungen, die mit der Organisation des Wahlkampfs verbunden sind, während sich nur etwa 100 Tage bis zur Wahl im Februar näheren. Miersch betont, dass ein intensives Engagement und eine hohe Motivation nötig sind, um die Partei erfolgreich zu führen, auch wenn die Arbeit in Form von bis zu 80 Stunden Wochen sehr anstrengend sei. Besonders wichtig ist ihm, die SPD in ihrer Grundüberzeugung zu vertreten und die Verantwortung zu erkennen, die mit seiner Rolle verbunden ist, insbesondere in einer Zeit, in der die Erwartungen der Wähler steigen. Miersch sieht die aktuelle Phase als eine Berufung und ein großes Privileg, Einfluss auf die politische Gestaltung nehmen zu können.
Umfragen und Vertrauen in die SPD
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass das Vertrauen in die SPD derzeit gering ist, da nur etwa 16 Prozent der Wählerschaft bereit sind, für die Partei zu stimmen. Miersch diskutiert die Unsicherheit bezüglich des Vertrauens der Bürger in die SPD und reflektiert, dass viele Bürger den Streit innerhalb der Ampelregierung kritisieren. Er ist überzeugt, dass die SPD in der Öffentlichkeit für ihre Erfolge und politischen Maßnahmen, wie die Energiepreisbremsen, mehr Sichtbarkeit schaffen muss, damit Bürger ihre Meinung über die Partei überdenken können. Dies stellt eine zentrale Herausforderung dar, um die Wähler zurückzugewinnen und die Umfragewerte zu verbessern.
Fehlende Kommunikation und Außendarstellung
Miersch erkennt an, dass es an der SPD mangelt, ihre Erfolge klar und verständlich zu kommunizieren, was zu einem schlechten Image in der Öffentlichkeit beiträgt. Er hebt hervor, dass die SPD unter Umständen bei den letzten Wahlen, wie der Europawahl, nicht erfolgreich war, weil der Wahlkampf unzureichend thematisiert wurde. Zu oft wird die Partei als uneindeutig wahrgenommen, was die Wähler verunsichert und ihre Loyalität behindert. Es ist wichtig, dass die SPD eine kohärente und empathische Botschaft entwickelt, die die Anliegen der Bürger direkt anspricht.
Die Rolle von Olaf Scholz
Miersch bezieht sich auf Olaf Scholz als Kanzler und dessen Fähigkeit, in stürmischen Zeiten zu agieren, betont jedoch, dass Scholz mehr kommunizieren und empathischer auf die Sorgen der Bevölkerung eingehen sollte. Es wird darauf hingewiesen, dass Scholz an seiner Außendarstellung und Sichtbarkeit arbeiten muss, um die Wähler von seiner Kompetenz zu überzeugen. Er sieht Scholz nicht als gescheitert an, jedoch muss dieser klarer Stellung beziehen und Verantwortung für die bisherigen Herausforderungen übernehmen. Miersch glaubt, dass, trotz bestehender Schwierigkeiten, es möglich ist, einige Wähler zurückzugewinnen, wenn Scholz sich klar positioniert und die Erfolge der letzten drei Jahre präsentiert.
Zukunft der SPD und Koalitionen
Die Diskussion über mögliche Koalitionen wird thematisiert, wobei Miersch betont, dass es wichtig ist, als demokratische Partei gemeinsam zu regieren. Er reflektiert, dass die SPD an ihrer langfristigen Strategie arbeiten muss, um wieder stärkere Bindungen zu den Wählern aufzubauen. Miersch sieht eine Neuwahl als Chance, wenn die SDP sich ausreichend regeneriert hat und sich klar zu ihren Kernwerten bekennt. Hiermit gibt er zu verstehen, dass der Weg zur Wiedererlangung von Einfluss in der Politik eine logische und schrittweise Herausforderung ist, die eine Neuausrichtung in der Kommunikation und Strategie erfordert.
Die Ampelregierung ist gescheitert - und damit auch Olaf Scholz als Bundeskanzler. Nun soll er trotzdem die SPD als Spitzenkandidat in den Bundestagswahlkampf führen - mit laut Umfragen historisch schlechten Beliebtheitswerten für sich und (Stand 14.11.2024) rund 16% Zustimmung für seine Partei. Eine Mammutaufgabe, auch für den Wahlkampfmanager der Sozialdemokraten.
Anne Will spricht in dieser Folge mit Matthias Miersch, der zum Zeitpunkt des Interviews erst 5 Wochen als SPD-Generalsekretär im Amt ist. Es geht um die Herausforderung, die angeschlagene Partei für Wähler wieder attraktiv zu machen. Es geht um die nicht enden wollenden Diskussionen, ob Verteidigungsminister Boris Pistorius nicht der bessere Kandidat wäre. Und es geht um die Positionierung in der Friedenspolitik im Zeichen der neuen Konkurrenz durch das BSW.
Zudem diskutieren Anne Will und Matthias Miersch über die Russlandpolitik der SPD. Hat die Partei wirklich eine Schlussstrich unter die Ära Schröder und die Idee vom Wandel durch Handel gezogen? Oder hat der Generalsekretär selbst mit seiner Aussage, der Altkanzler sei “Teil der Partei", die Diskussion wieder unnötig befeuert?
Der Redaktionsschluss für diese Folge war Donnerstag, 14. November 2024, um 13:30 Uhr.