ADHS bei Erwachsenen - Interview mit Mila Ould Yahoui
Mar 13, 2022
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Mila Ould Yahoui, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin mit Spezialisierung auf ADHS, beleuchtet die Herausforderungen der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung bei Erwachsenen. Sie diskutiert das Konzept des Hyperfokus und die besonderen Talente von ADHS-Betroffenen in stressreichen Berufen. Zudem werden innere Kämpfe, das Jamais-vu-Phänomen sowie die Bedeutung von Akzeptanz und individueller Unterstützung thematisiert. Praktische Tipps zur Bewältigung von Zeitblindheit und die Rolle von Psychotherapie runden das Gespräch ab.
ADHS bei Erwachsenen äußert sich häufig durch innere Unruhe und Konzentrationsschwierigkeiten, wodurch Alltagsorganisation und Entspannung betroffen sind.
Die evolutionspsychologische Perspektive sieht ADHS als potenzielle Stärke in bestimmten Berufen, wo Flexibilität und Risikobereitschaft gefragt sind.
Selbstakzeptanz und der Austausch in Gemeinschaften sind entscheidend für Betroffene, um ihre Lebensqualität und ihr Selbstbild zu verbessern.
Deep dives
Symptome und Merkmale von ADHS bei Erwachsenen
Bei Erwachsenen zeigt sich ADHS häufig durch innere Unruhe, Gedankensprünge und Schwierigkeiten, zur Ruhe zu kommen. Anstelle der typischen Zappeligkeit bei Kindern manifestiert sich diese Störung oft als Stressgefühl und Unorganisiertheit im Alltag. Betroffene haben Schwierigkeiten mit Entspannungsübungen oder Struktur, was sich in unkonzentriertem und unpünktlichem Verhalten äußern kann. Es ist wichtig zu erkennen, dass ADHS nicht nur eine Störung ist, sondern auch bestimmte Fähigkeiten und Stärken mit sich bringen kann.
Evolutionspsychologische Perspektive auf ADHS
ADHS kann eine evolutionspsychologische Grundlage haben, da es mit Merkmalen von Jägern assoziiert wird, die risikobereit und flexibel sein mussten. Diese Eigenschaften sind in der heutigen Gesellschaft nicht mehr so gefordert, jedoch können sie in bestimmten Berufen, wie bei Rettungskräften oder Notärzten, von Vorteil sein. Die erbliche Komponente von ADHS ist gut erforscht, was darauf hinweist, dass es in Familien häufig vorkommt. Ein Verständnis dieser Perspektive hilft, ADHS nicht nur als Störung zu sehen, sondern als eine spezifische menschliche Fähigkeit.
Hyperfokus und Konzentrationsschwierigkeiten
Menschen mit ADHS haben Schwierigkeiten, ihre Konzentration zu regulieren, was zu extremen Schwankungen führt. Während sie bei uninteressanten Aufgaben keine Chance haben, fokussieren sie sich unter Druck stark auf die Dinge, die sie interessieren, was als Hyperfokus bezeichnet wird. Dieses Phänomen ermöglicht es ihnen, in bestimmten Situationen außergewöhnlich produktiv zu sein, während andere Aufgaben vernachlässigt werden. Ein Beispiel ist das Lernen an Universitäten, wo man oft auf Motivationsprobleme stößt, wenn die Inhalte keinen persönlichen Bezug haben.
Impulsivität und Risikobereitschaft
Menschen mit ADHS neigen zu impulsivem Verhalten und Hochrisikoverhalten, da sie oft die Konsequenzen nicht vollständig überschauen. Dies kann zu gefährlichen Situationen führen, etwa wenn sie sich in riskante Umstände begeben oder spontane finanzielle Entscheidungen treffen. Diese Hochrisikobereitschaft wird oftmals von einem Gefühl der ständigen Ablenkung und kurzfristigen Belohnung geprägt, was die Planungsfähigkeit und das langfristige Denken einschränkt. Die Schwierigkeiten, in die Zukunft zu planen, sind häufig eine Quelle von Frustration und Leiden für Betroffene.
Selbstakzeptanz und Community für Menschen mit ADHS
Die Diagnose ADHS kann für viele Menschen eine Erleichterung darstellen, da sie ihre Erfahrungen und Schwierigkeiten besser einordnen können. Selbstakzeptanz spielt eine entscheidende Rolle im Umgang mit ADHS, und die Unterstützung durch eine Community kann helfen, sich weniger isoliert zu fühlen. Es gibt zahlreiche Ressourcen online, wie Selbsthilfegruppen oder informative Plattformen, die betroffenen Personen wertvolle Einblicke bieten. Der Austausch mit anderen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, kann signifikant zur Verbesserung des Selbstbildes und der Lebensqualität beitragen.
Die Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) gilt als "Kinderkrankheit". Tatsächlich leiden jedoch auch etliche Erwachsene unter dem typischen Symptomkomplex aus Unaufmerksamkeit, Unruhe, Impulsivität und niedriger Frustrationstoleranz. In dieser Episode spricht Franca Cerutti mit der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Mila Ould Yahoui über die speziellen Probleme, die das Leben mit ADHS mit sich bringt, und wie man es schafft, gut damit zu leben.
Hier findest du einen Test, der eine Orientierung schafft:
Habe ich ADHS?
Den Podcast von Kathryn Rohweder über ADHS findest du hier:
ADHS Perspektiven