

#281 Matthias C. Kettemann – Wege aus der digitalen Betäubung
Falsches wird zum Normalfall – nicht, weil wir dümmer, sondern weil wir überfordert sind. Matthias C. Kettemann beobachtet eine kommunikative Überlastung, die unser „kognitives Immunsystem“ schwächt. Inmitten digitaler Dauerreizung reagieren Menschen wie Allergiker auf zu viele Pollen: verunsichert, panisch oder gar wütend. Doch Matthias bleibt Optimist. Für ihn ist Bildung das stärkste Gegenmittel – nicht allein in Schulen, sondern als gesamtgesellschaftlicher Prozess, der selbst Großeltern erreicht.
Auffällig ist seine Warnung vor einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung: Wer zu viel über Desinformation redet, sieht bald nichts anderes mehr. Die permanente Beschwörung von Manipulation erschafft ein Klima der Ohnmacht – ein Zustand, in dem Zornunternehmer einfache Erklärungen bieten: Schuld sind „die Ausländer“, „die Öffentlich-Rechtlichen“, „die da oben“. Das Problem ist weniger der Fake als die verlorene Fähigkeit, mit Ambiguität umzugehen.
Matthias plädiert für eine neue Diskursökologie: Plattformen müssen transparent machen, was sie verstärken. Algorithmen sollen nicht nur Klicks fördern, sondern Debatten ermöglichen. Und Nutzerinnen und Nutzer – wir alle – müssen unsere Aufmerksamkeit wieder als politisches Gut begreifen. Der Ausweg aus der digitalen Betäubung beginnt nicht mit Technikregulierung, sondern mit einem selbstkritischen Blick auf das eigene Scrollverhalten. Der Off-Button ist da. Wir müssen ihn nur drücken.
Zu Gast:
Matthias C. Kettemann, Internetforscher am Leibniz-Institut für Medienforschung (Hans-Bredow-Institut), Hamburg
Create your podcast today! #madeonzencastr