Die Anerkennung von sexueller Gewalt als strategisches Kriegsinstrument hat seit den 1990er Jahren zu einem höheren gesellschaftlichen Bewusstsein geführt.
Historische Perspektiven zeigen, dass sexuelle Gewalt in Kriegen lange tabuisiert wurde und oft zur politischen Mobilisierung missbraucht wurde.
Deep dives
Vergewaltigung als Kriegswaffe
Die Verwendung von Vergewaltigung als strategisches Mittel im Krieg hat sich seit den 1990er Jahren etabliert und wird zunehmend als Teil militärischer Taktiken anerkannt. Historikerinnen betonen, dass diese Form sexualisierter Gewalt nicht nur den direkten Opfern schadet, sondern auch weitreichende soziale und kulturelle Folgen für gesamte Gemeinschaften hat. Besondere Aufmerksamkeit gilt hierbei den Berichten aus Konfliktgebieten wie dem Sudan, Eritrea, der Ukraine und anderen, wo diese Praktiken dokumentiert sind. Die rechtliche Anerkennung von sexuellem Missbrauch als Kriegsverbrechen hat dazu beigetragen, das gesellschaftliche Bewusstsein für die verheerenden Auswirkungen dieser Gewalt zu schärfen.
Historische Perspektiven auf sexuelle Gewalt
Ein Blick auf die Geschichte zeigt, dass sexuelle Gewalt in Kriegen kein neues Phänomen ist, jedoch lange Zeit tabuisiert wurde. Während des Ersten und Zweiten Weltkriegs zeichnen Berichte über Vergewaltigungen ein Bild, das oft zur politischen Mobilisierung in Form von Propaganda benutzt wurde. Historische Fälle, wie die Berichterstattung über die 'Vergewaltigung Belgiens', verdeutlichen, wie sexuelle Gewalt zur Konstruktion nationaler Identitäten und Feindbilder verwendet wurde. Diese Darstellungen verschleierten jedoch oft die realen Erfahrungen der Betroffenen, die in vielen Fällen nicht die notwendige Aufmerksamkeit erhielten.
Die Rolle der Betroffenen und feministische Perspektiven
Feministische Bewegungen spielen eine entscheidende Rolle beim Sichtbarmachen der Geschichten von Vergewaltigungsopfern in Kriegszeiten. Beispielhaft wird die öffentliche Äußerung von Überlebenden der 'Comfort Women' während des asiatisch-pazifischen Kriegs hervorgehoben, die eine breitere Beteiligung in der Diskussion um sexuelle Gewalt anstoßen konnte. Diese Stimmen machen die individuelle Erfahrung zu einem kollektiven Anliegen und zeigen die Notwendigkeit auf, den gesellschaftlichen und politischen Kontext, in dem sexuelle Gewalt geschieht, zu beleuchten. Der Aufbau von Unterstützungsnetzwerken für Überlebende stellte sicher, dass deren Erfahrungen ernst genommen werden und nicht nur auf eine Tabuisierung reduziert werden.
Komplexität der Ursachen sexualisierter Gewalt
Die Diskussion um sexuelle Gewalt während bewaffneter Konflikte ist oft durch eine vereinfachte Sichtweise geprägt, die diese als strategisches, gezieltes Mittel interpretiert. Diverse soziale, politische und wirtschaftliche Faktoren beeinflussen jedoch die Ausübung dieser Gewalt und ihre Wahrnehmung in der Gesellschaft. Es wird herausgestellt, dass militärische Strukturen und geschlechtsspezifische Normen eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung dieser Gewalt spielen. Daher ist ein tiefgehendes Verständnis der Dynamiken zwischen Täter und Opfer erforderlich, um die tatsächlichen Umstände und die Ursachen solcher Gewalttaten zu erkennen und zu bekämpfen.
Ein Vortrag der Historikerin Regina Mühlhäuser Moderation: Nina Bust-Bartels
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Dass wir Vergewaltigungen als Waffe im Krieg begreifen, ist relativ neu. Was sich durch das Narrativ von sexueller Gewalt als Waffe verändert, beschreibt die Historikerin Regina Mühlhäuser in ihrem Vortrag.
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Regina Mühlhäuser ist Historikerin und am Hamburger Institut für Sozialforschung assoziiert. Dort erforscht sie in der Arbeitsgruppe "Krieg und Geschlecht", wie militärische Gruppen und bewaffnete Kämpfe durch Vorstellungen von Männlichkeit geprägt sind. Ihr Vortrag hat den Titel "Militär, Gewalt, Körper: Anmerkungen zu sexueller Gewalt in bewaffneten Konflikten und als Kriegswaffe" und sie hat ihn am 16. Januar 2025 im Rahmen der Ringvorlesung "Die Rückkehr des Krieges? Feministische Perspektiven auf Krieg, Militarismus und Gewalt" an der Technischen Universität Berlin gehalten.
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