Das Gewissen der EU - Die Gründung des Europarats 1949
Aug 2, 2024
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Michael Gehler ist Professor für europäische Institutionen und ein Experte für europäische Geschichte. Klaus Brummer, Professor für Internationale Beziehungen, analysiert die Herausforderungen des Europarates und seine Relevanz. Aloisia Wörgetter, Ständige Vertreterin Österreichs beim Europarat, gibt Einblicke in die Praxis des Gremiums. Sie diskutieren Churchills Vision eines geeinten Europas und die Entwicklung der Menschenrechtskonvention, während die Bedeutung des Europarates als Wächter der Grundfreiheiten und Demokratie in Europa betont wird.
Die Gründung des Europarates im Jahr 1949 war ein entscheidender Schritt zur Förderung gemeinsamer Werte und der Zusammenarbeit in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg.
Trotz seiner wichtigen Rolle als Hüter der Menschenrechte und Demokratie in Europa sieht sich der Europarat regelmäßig Herausforderungen und Kritik bezüglich seiner politischen Durchsetzungsfähigkeit gegenüber.
Deep dives
Gründung des Europarats
Der Europarat wurde 1949 gegründet, nach den verheerenden Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und dem Auftreten des Kalten Krieges. Die Gründung hatte das Ziel, ein engeres Zusammenspiel zwischen den Mitgliedsstaaten zu fördern, um die gemeinsamen Werte und Grundsätze zu wahren und wirtschaftliche sowie soziale Fortschritte zu erzielen. Winston Churchill spielte eine zentrale Rolle bei der Anregung zur Schaffung dieser Institution, um ein vereintes Europa unter französischer und deutscher Führung zu erreichen. Mit der ersten Sitzung in Straßburg am 10. August 1949 begann der Europarat seine Arbeit mit 10 Gründungsmitgliedern.
Die Menschenrechtsdimension
Eine der bedeutendsten Errungenschaften des Europarats ist die Verabschiedung der Europäischen Menschenrechtskonvention im Jahr 1950. Diese Konvention, die den Schutz von Menschenrechten und Grundfreiheiten zum Ziel hat, bietet einen stärkeren rechtlichen Rahmen im Vergleich zur allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen. Der Europarat nahm eine zentrale Rolle ein, indem er die Einhaltung dieser Menschenrechte überwachte und Mitgliedsstaaten dazu ermutigte, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Diese menschenrechtlichen Standards sind von wesentlicher Bedeutung für das friedliche Zusammenleben innerhalb Europas.
Herausforderungen und Kritiken
Trotz seiner bedeutenden Funktion steht der Europarat oft in der Kritik, insbesondere bezüglich seiner politischen Macht und der Durchsetzung seiner Empfehlungen. Viele Mitgliedsstaaten haben Schwierigkeiten, die Vorschläge und Abschlüsse des Rates umzusetzen, was auf einen Mangel an politischen Willen zurückzuführen ist. Insbesondere in den Fällen von Menschenrechtsverletzungen in Staaten wie Russland zeigt sich eine gewisse Zurückhaltung seitens der anderen Mitgliedsstaaten, was die Handlungsfähigkeit des Europarats einschränkt. Kritiker argumentieren, dass der Europarat mehr Druck auf die Mitglieder ausüben sollte, um die grundlegenden europäischen Werte und Standards durchzusetzen.
Die Rolle des Europarats heute
Heute übernimmt der Europarat eine wesentlichere Rolle als Wächter der Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in Europa. Insbesondere in der Licht der zunehmenden autokratischen Tendenzen in vielen Staaten ist der Europarat von großer Bedeutung, um diese Werte zu schützen. Er steht jedoch oft im Schatten der Europäischen Union, was zu einer geringeren öffentlichen Wahrnehmung seiner Arbeit führt. Eine stärkere Kommunikation über die gesammelten Erfolge und das Engagement zur Wahrung von Menschenrechten könnte dabei helfen, die Bedeutung des Europarats zu verdeutlichen und die Unterstützung seiner Mitgliedsstaaten zu erhöhen.
"Der erste praktische Schritt wird die Bildung eines Europarates sein." – Mit diesen Worten forderte Winstons Churchill, Premierminister von Großbritannien, das Nachkriegseuropa auf, sich zu einen. Anfang Mai 1949 erfolgte dieser erste Schritt und der Europarat wurde gegründet.
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Ihr hört in dieser "Eine Stunde History":
00:10:16 - Der Historiker und Europa-Experte Michael Gehler erläutert die Bedeutung des Europarate und die Geschichte seiner Entstehung
00:22:36 - Der Historiker Klaus Brummer befasst sich mit "Sinn und Unsinn" des Europarates
00:30:56 - Aloisia Wörgetter ist Ständige Vertreterin Österreichs beim Europarat und gibt einen Einblick in die Arbeitsweise des Gremiums