Julian Hessenthaler: Das Making-Of des Ibiza-Videos
Jun 17, 2023
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Julian Hessenthaler, der Drahtzieher des Ibiza-Videos, und Rainer Schüller, stellvertretender Chefredakteur vom Standard, diskutieren die spektakulären Ereignisse rund um das brisante Video von 2017. Hessenthaler beschreibt, wie er Strache in die Falle lockte und reflektiert über die politischen Konsequenzen, die zu seinem eigenen Gefängnisaufenthalt führten. Außerdem geht es um die Herausforderungen bei der Erstellung des Videos und die einschneidenden rechtlichen sowie ethischen Implikationen. Ein aufschlussreicher Blick auf Whistleblowing und Korruption in Österreich.
Das Ibiza-Video führte zu einem massiven politischen Umbruch in Österreich, als der Rücktritt von Heinz-Christian Strache die Regierung zum Fall brachte.
Die Rolle der Medien, insbesondere des investigativen Journalismus, war entscheidend, um den Korruptionsskandal ans Licht zu bringen und die Öffentlichkeit zu mobilisieren.
Julian Hessenthalers persönliche Herausforderungen infolge des Skandals verdeutlichen die Risiken, die Whistleblower und Journalisten in der politischen Landschaft eingehen müssen.
Deep dives
Der Ibiza-Skandal und seine Auswirkungen
Der Ibiza-Skandal begann mit einem heimlich aufgenommenen Video, das FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus zeigt, wie sie einem vermeintlichen russischen Investor entgegenkommen. Dieses Video führte zu zahlreichen Ermittlungen und letztendlich zum Rücktritt der österreichischen Regierung unter Sebastian Kurz. Der Skandal hat nicht nur die politische Landschaft in Österreich erschüttert, sondern auch zu einem tiefen Vertrauensverlust in die Politik geführt. Viele Experten und Politikanalysten betonen, dass der Ibiza-Skandal als Katalysator für weitere politische Skandale in Österreich diente und grundlegende Fragen zur Integrität der politischen Führung aufwarf.
Die Rolle der Medien und der Geheimdienst
Die Presse spielte eine entscheidende Rolle in der Aufdeckung des Ibiza-Skandals, als das Video schließlich an die Süddeutsche Zeitung und den Spiegel gelangte. Die Medienberichterstattung über das Video führte zu einer Welle der Empörung in der Bevölkerung und verstärkte öffentliche Diskussionen über Korruption und Machtmissbrauch unter Politikern. Außerdem sorgte der Umgang der österreichischen Behörden mit den Enthüllungen für Kritik, da viele der Meinung sind, dass es eine bewusste Ablenkung aller Seiten gab, die tatsächlichen Absprachen und illegale Aktivitäten zu vertuschen. Letztlich unterstreicht dies die Bedeutung von investigativem Journalismus und seine Macht, Missstände aufzudecken.
Der Makel des Protagonisten
Julian Hessenthaler, der Macher des Ibiza-Videos, hatte eine Vielzahl persönlicher Herausforderungen zu bewältigen, nachdem das Video öffentliche Aufmerksamkeit erregte. Nach seiner Verurteilung wegen Drogenhandels verbrachte er 28 Monate im Gefängnis, was seinen Ruf und sein persönliches Leben erheblich belastete. Trotz der schwierigen Erfahrungen gibt Hessenthaler an, dass er die Ereignisse rückblickend nicht bereut und die Situation als lehrreich empfindet. Sein Einblick in die Geschehnisse zeigt, wie der Druck auf Einzelpersonen in der Politik und dem Bereich des Ermittlungsjournalismus zu unvorhergesehenen Fehltritten und Konflikten führen kann.
Die Machenschaften hinter dem Video
Die Idee, das Ibiza-Video zu produzieren, entstand aus einem Zusammenspiel von persönlichen Kontakten und dem Wunsch nach Aufklärung über mögliche illegale Geschäfte von Strache und Gudenus. Anfänglich wagte Hessenthaler den Versuch, Strache in einer weniger schwerwiegenden Situation zu konfrontieren, bevor er schließlich den Plan für die Falle schmiedete, die zur aufsehenerregenden Aufnahme führte. Durch geschickte Manipulation und eine sorgfältig konstruierte Geschichte gelang es Hessenthaler und seinem Team, das Vertrauen der FPÖ-Politiker zu gewinnen. So zeigt die Auseinandersetzung, wie wichtig geschickte Planung und strategisches Denken im investigativen Bereich sind.
Die Nachwirkungen und der rechtliche Rahmen
Die rechtlichen Konsequenzen des Ibiza-Videos deuten auf ein komplexes Zusammenspiel von Justiz und politischen Interessen hin. Nach dem Vorfall gab es anhaltende Diskussionen über die rechtliche Verwertbarkeit der heimlichen Aufnahmen, die in Ibiza entstanden sind. Viele Beobachter äußern Bedenken, dass die österreichischen Behörden möglicherweise versuchten, die komplexen Hintergründe zu minimieren, um ihrer eigenen Unzulänglichkeit zu entkommen. Der Fall hebt hervor, wie wichtig es ist, die rechtlichen Rahmenbedingungen für solche Aufnahmen zu verstehen und wie diese in politischen Krisen interpretiert werden können.
Als Julian Hessenthaler am Abend des 24. Juli 2017 in einer Finca auf Ibiza auf den Aufnahmeknopf drückte, ahnte er wohl nicht, was diese Aufnahme einmal auslösen würde. Das heimlich aufgenommene Video, in dem sich der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache an diesem Abend um Kopf und Kragen redete, stellte zwei Jahre später die gesamte Republik auf den Kopf. Strache musste zurücktreten, die österreichische Regierung platzte. Die Veröffentlichung löste Korruptionsermittlungen aus, die später zum Sturz von Sebastian Kurz führten. Und Julian Hessenthaler, der Drahtzieher des Videos, landete im Gefängnis.
Offiziell hatte der Prozess gegen ihn nichts mit der Ibiza-Affäre zu tun, sondern ihm wurde Drogenhandel geworfen. Hessenthaler bestreitet sämtliche Vorwürfe. Organisationen wie Amnesty International oder Reporter ohne Grenzen kritisierten die Verurteilung und wiesen auf die dünne Beweislage und zahlreiche Ungereimtheiten hin. Der Prozess solle offenbar einen abschreckenden Effekt auf zukünftige Whistleblower haben, die Missstände in Österreich aufdecken wollten.
Nach rund zweieinhalb Jahren Haft lebt Julian Hessenthaler nun wieder in Freiheit. Im Podcast-Interview mit SPIEGEL und STANDARD blickt er zurück auf die Ereignisse von 2017. Wie gelang es ihm damals, Heinz-Christian Strache in die Falle zu locken? Was genau ist in der Nacht auf Ibiza passiert? Und würde er heute alles noch einmal genauso machen, wenn er die Konsequenzen ahnen könnte?
In der Podcast-Serie Inside Austria rekonstruieren der SPIEGEL und der österreichische STANDARD gemeinsam Fälle, Skandale und politische Abgründe in Österreich.
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