Alles außer Politik: Peter Filzmaier interviewt Lisz Hirn
Apr 17, 2025
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Lisz Hirn, eine Philosophin aus der Obersteiermark, diskutiert mit Peter Filzmaier über die ungleiche Beziehung von Stadt und Land. Sie stellt in Frage, ob das Schrumpfen ländlicher Räume wirklich so schlimm ist und hebt die einzigartigen Lebensmodelle hervor, die diese bieten. Das Gespräch beleuchtet die Herausforderungen ländlicher Regionen, wie Abwanderung und fehlende Infrastruktur, sowie kreative Lösungen, um deren Attraktivität zu steigern. Hirn fordert dazu auf, die klassischen Dichotomien hinter sich zu lassen und neue Perspektiven zu erkunden.
Die Diskussion zwischen Stadt und Land offenbart oft Parallelwelten, die durch soziale, kulturelle und wirtschaftliche Unterschiede geprägt sind.
Es gibt zahlreiche Best Practices zur Belebung ländlicher Räume, die durch gezielte Gemeinschafts- und Fachkräfteinitiativen unterstützt werden können.
Die Herausforderungen für Frauen im ländlichen Raum erfordern Initiativen zur Förderung von Möglichkeiten und zur Schaffung von Unterstützungsnetzwerken.
Deep dives
Die Beziehung zwischen Stadt und Land
Die Diskussion über Stadt und Land zeigt, dass oft das Gefühl von Parallelwelten zwischen urbanen und ländlichen Räumen herrscht. Dies wird besonders deutlich durch die unterschiedlichen sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Merkmale, die beide Umgebungen prägen. Während Städte als Zentren der Innovation und der Möglichkeiten wahrgenommen werden, haben ländliche Gebiete ihre eigenen einzigartigen Qualitäten, die oft übersehen werden. Philosophische Überlegungen zur Definition von Wohnung und Lebensweise in Städten können helfen, ein besseres Verständnis für diese Unterschiede zu entwickeln.
Der ländliche Raum als Aufblühender Ort
Trotz der Annahme, dass ländliche Räume aussterben, gibt es viele Best Practices, die zeigen, dass durch gezielte Maßnahmen, wie der Förderung von Ärzten und der Schaffung von Gemeinschaftszentren, ländliche Gemeinden revitalisiert werden können. Projekte, die lokal ansässige Fachkräfte unterstützen und finanzielle Anreize bieten, können einen positiven Einfluss auf die ländliche Bevölkerung haben und zur Schaffung lebendiger Gemeinschaften beitragen. Das Ringen um die Erhaltung der Lebensqualität in ländlichen Gebieten zeigt, dass eine positive Entwicklung möglich ist, wenn die Bedürfnisse der Bewohner anerkannt werden. Dies könnte dazu führen, dass ländliche Räume nicht nur überleben, sondern gedeihen können.
Die Herausforderung des Wohnens
Die Frage des Wohnraums und der Wohnqualität ist eng mit sozialen und wirtschaftlichen Aspekten verbunden, die über Stadt und Land hinausgehen. Flächenverfügbarkeit, Eigentumsrechte und die damit verbundenen finanziellen Belastungen spielen eine zentrale Rolle in der Diskussion über gutes Wohnen. Ländliche Gebiete könnten durch kreatives Denken in Bezug auf Wohnkonzepte profitieren, um die dortige Lebensqualität zu erhöhen. Es ist wichtig, die Bedürfnisse zukünftiger Generationen in die Planung einzubeziehen und nicht nur kurzfristige Lösungen anzustreben.
Landflucht und soziale Netzwerke
Die Abwanderung vieler junger Menschen aus ländlichen Gebieten in die Städte wird durch soziale und berufliche Faktoren beeinflusst. In vielen Fällen wird die Sorge um berufliche Perspektiven und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie als Hauptmotiv für diesen Wechsel genannt. Nicht zuletzt spielt das Fehlen sozialer Treffpunkte für junge Frauen eine entscheidende Rolle, da die sozialen Strukturen im ländlichen Raum oft als erdrückend empfunden werden. Diese Dynamik wirft die Frage auf, wie ländliche Gemeinschaften attraktiver gestaltet werden können, um die Jugend zu halten oder zurückzubringen.
Die Rolle der Frauen im ländlichen Raum
Die Diskussion um die Rolle von Frauen im ländlichen Raum zeigt, dass oft traditionelle Geschlechterrollen vorherrschen, die das Leben für viele Frauen einschränken. Trotz der Herausforderungen gibt es Initiativen, die Frauen in verschiedenen Bereichen fördern, z. B. durch Schulungen für landwirtschaftliche Tätigkeiten. Solche Programme zielen darauf ab, den Frauen mehr Möglichkeiten und Sicherheit in ihren Entscheidungen zu geben und können dazu beitragen, die Lebensqualität im ländlichen Raum zu verbessern. Durch den Abbau von Barrieren und die Schaffung von Unterstützungsnetzwerken kann der ländliche Raum für Frauen zu einem lebensfähigen Umfeld werden.
Das Thema: „Nehmen wir mal an, der ländliche Raum stirbt wirklich aus oder schrumpft. Was wäre eigentlich so schlimm daran?“ Peter Filzmaier versucht die Philosophin Lisz Hirn zu provozieren. Die hat in der 4. Episode von Alles außer Politik aber zu viele Ideen für ein gutes Leben jenseits von Stadt und Land, um sich provozieren zu lassen. „Es wäre schade, diesen ländlichen Raum abzuschreiben, weil er ganz andere Qualitäten hat und andere Lebensmodelle möglich macht“, sagt sie. Dass es sich dabei nur um ein Gedankenexperiment handeln kann, hat die Philosophin mit dem Verweis auf die Ernährungssicherheit zuvor nonchalant klargestellt, um sodann den Sinn der Stadt-Land-Dichotomie zu hinterfragen: „Du bist Städter oder du lebst am Land und dazwischen bist vielleicht noch ein Pendler“, fasst sie die drei Kategorien zusammen, die für das Nachdenken über Stadt und Land üblicherweise zur Verfügung stehen. Im Gespräch mit Peter Filzmaier zeigt Lisz Hirn, welche Lebensmodelle denkbar werden, wenn man diese Dreifaltigkeit mal beiseite lässt.
Unser Gast in dieser Folge: Lisz Hirn stammt aus der Obersteiermark. Sie ist Philosophin und promovierte 2008 mit einer Arbeit zu die Lebensphilosophie bei Friedrich Nietzsche. Die Lebensphilosophie hat sie thematisch begleitet, insofern sie mit ihrer philosophischen Praxis unter anderem „Philosophie und Kunst im Alltag sichtbar machen“ möchte. In jüngster Zeit hat Hirn auch das Thema Wohnen zum Gegenstand philosophischer Betrachtung gemacht. Sie hat zahlreiche Beiträge publiziert und ist die Autorin mehrerer Bücher. Zuletzt erschien von ihr Der überschätzte Mensch. Anthropologie der Verletzlichkeit im Verlag Zsolnay.
Der Podcast Alles außer Politik mit Peter Filzmaier In „Alles außer Politik“ vollzieht der Politikwissenschaftler und Polit-Analyst Peter Filzmaier den Drahtseilakt im Gespräch mit Wissenschaftlern und Experten alles zu bereden und doch nicht bei der Politik anzustreifen. Gar nicht so leicht. Und doch ein weites Feld: Jeden 3. Donnerstag im Monat also Gespräche über Alltag, Leben, Philosophie, Kultur und neue Ideen abseits des Politzirkus.
Der Host, Peter Filzmaier Peter Filzmaier stammt aus Wien und ist der Politanalyst des Landes. Die Frequenz seiner Auftritte in den Nachrichtensendungen des ORF kann als Indikator für die Intensität einer politischen Krise dienen. Filzmaier formuliert dann im berühmten Schnellsprech präzise Einschätzungen zur Lage der Parteien und zum Urteil der Wähler. Der Politikwissenschaftler forscht und lehrt ansonsten an den Universitäten Graz und Krems, wo er Professuren für Politische Kommunikation sowie Politikforschung innehat. Und er ist Leiter des Instituts für Strategieanalysen (ISA) in Wien. Alles außer Politik ist der einzige Podcast, in dem er nicht über Politik spricht.